" … Gem. § 411 Abs. 2 ZPO kann das Gericht gegen den Sachverständigen ein Ordnungsgeld festsetzen, wenn der Sachverständige die gem. § 411 Abs. 1 ZPO gesetzte Frist zur Vorlage des Gutachtens versäumt hat. § 411 Abs. 2 S. 3 ZPO verlangt, dass das Ordnungsgeld vorher unter Setzung einer Nachfrist angedroht wurde. Dies soll erst nach Rückfrage beim Sachverständigen erfolgen, verbunden mit dem Hinweis auf die Haftung für Schäden bei Verfahrensverzögerung. Für Schäden durch eine leichtfertige, Nachteile für die Prozessbeteiligten billigend in Kauf nehmende Gutachtensverzögerung haftet der Sachverständige unter Umständen neben dem das Beschleunigungsgebot verletzende Gericht (Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl. 2014, § 411 Rn 6 und 7; § 402 Rn 10; BGH, Urt. v. 4.11.2010 – III ZR 32/10, NJW 2011, 1072 Rn 22). Der Sachverständigenbeweis ist häufige Ursache für eine überlange Verfahrensdauer. Der Richter ist daher gehalten, auf eine zügige Gutachtenserstellung hinzuwirken (EGMR, Urt. v. 21.10.2010 – 43155/08, NJW 2011, 1055). Unvertretbare Nachsicht mit dem Sachverständigen kann Amtshaftungsansprüche begründen (Zöller/Greger, a.a.O., § 411 Rn 6; BGH, Urt. v. 4.11.2010 – III ZR 32/10, NJW 2011, 1072 Rn 22). Bei zunehmender Verfahrensdauer verdichtet sich die Pflicht des Gerichts, sich nachhaltig um eine Förderung und Beendigung des Verfahrens zu bemühen (OLG Schleswig, Urt. v. 2.2.2012 – 11 U 144/10, BeckRS 2012, 19670; OLG Celle, Urt. v. 23.6.2011 – 16 U 130/10, NJW-Spezial 2012, 250; OLG Schleswig, Urt. v. 2.2.2012 – 11 U 144/10, BeckRS 2012, 19670; Bamberger/Roth-Reinert, in: BeckOK BGB, 29. Edition 1.11.2013, § 839 Rn 98; Stein/Itzel/Schwall, Rn 634–636). Der Zeitfaktor ist aber auch bei langer Verfahrensdauer nicht der allein entscheidende Maßstab (BGH, Urt. v. 10.7.2003 – III ZR 155/02, NJW 2003, 3052 = BGHZ 155, 306; Urt. v. 4.11.2010 – III ZR 32/10, MDR 2011, 32 = WM 2011, 323–328 = BauR 2011, 544 ff. = VersR 2011, 494–498 = NJW 2011, 1072–1076; OLG Schleswig, Urt. v. 2.2.2012 – 11 U 144/10, BeckRS 2012, 19670; OLG Celle, Urt. v. 23.6.2011 – 16 U 130/10, NJW-Spezial 2012, 250; Stein/Itzel/Schwall, Praxishandbuch des Amts- und Staatshaftungsrechts, 2. Aufl. 2012, Rn 634–636). Der Zeitfaktor ist aber auch bei langer Verfahrensdauer nicht der allein entscheidende Maßstab (BGH, Urt. v. 3.7.2003 – III ZR 326/02, BGHZ 155, 306 = NJW 2003, 3052; BGH, Urt. v. 4.11.2010, a.a.O.). Der Amtshaftungsanspruch bleibt von der neu geschaffenen Entschädigungsgrundlage des § 198 GVG wegen überlanger Verfahrensdauer von Gerichtsverfahren unberührt. Zwischen beiden Anspruchsgrundlagen besteht Anspruchskonkurrenz (Bambergerger/Roth-Reinert, in: BeckOK, a.a.O., Rn 122a; Ossenbühl, DVBl 2012, 857, 859)."
Entgegen der Auffassung des LG in seinem Nichtabhilfebeschluss hat der Beschwerdeführer in seinem Schreiben v. 12.11.2013 ausreichend dargelegt, dass er unverschuldet das Gutachten zu spät an das LG vorgelegt hat. Der Beschwerdeführer hat die Fristversäumung im Schreiben v. 12.11.2013 nicht nur mit gesundheitlichen Gründen begründet, sondern auch dargelegt, dass zum Zeitpunkt des Beschl. v. 5.11.2013 das Gutachten bereits vor dem 4.11.2013 fertig gestellt und geschrieben worden sei. Das Gutachten sei am 6.11.2013 bei Gericht eingegangen. Das LG hat in seinem Nichtabhilfebeschluss selbst ausgeführt, dass aufgrund der Erkrankung des Sachverständigen nicht ausgeschlossen werden könne, dass Rückstände aufgelaufen seien und er deshalb gehindert gewesen sei, das Gutachten innerhalb der Nachfrist vorzulegen. Dies rechtfertigt nicht nur eine Herabsetzung des Ordnungsgeldes, sondern genügt als ausreichende Entschuldigung, um den Ordnungsgeldbeschluss des LG in Gestalt des Nichtabhilfebeschlusses aufzuheben.
Der Umstand, dass der Gutachter die ursprüngliche Frist bereits um 2 Monate überschritten hat, als ihm eine Nachfrist von nochmals 4 Wochen gesetzt worden ist, die nochmals um 1 ½ Wochen verlängert wurde und bereits in seinem Verlängerungsantrag von krankheitsbedingten Rückständen sowie Urlaub die Rede gewesen ist, genügt nicht allein als Grund für die Aufrechterhaltung des Ordnungsgeldbeschlusses, auch wenn die Formulierung des Schreibens mit dem LG durchaus darauf schließen lässt, dass die Erkrankung vorüber gewesen ist und der Sachverständige im Begriff war, die gelaufenen Rückstände abzuarbeiten. Unerheblich ist, dass der Sachverständige über das Ausmaß der Rückstände nichts mitgeteilt hat. Auch kommt es nicht darauf an, ob sich aus dem Schreiben des Beschwerdeführers v. 12.11.2013 nicht ergibt, dass er erneut erkrankt wäre.
Der angegriffene Beschl. in Gestalt des teilweisen Abhilfe- bzw. Nichtabhilfeschlusses v. 16.12.2013 war aus den dargelegten Gründen aufzuheben. … “
Mitgeteilt von RiOLG Dr. Patrik Reinert, Koblenz
zfs 5/2014, S. 271 - 273