ZPO § 381 § 402 § 411 Abs. 2
Leitsatz
1. Gem. § 411 Abs. 2 ZPO kann das Gericht gegen den Sachverständigen ein Ordnungsgeld festsetzen, wenn der Sachverständige die gem. § 411 Abs. 1 ZPO gesetzte Frist zur Vorlage des Gutachtens versäumt hat. § 411 Abs. 2 S. 3 ZPO verlangt, dass das Ordnungsgeld vorher unter Setzung einer Nachfrist angedroht wurde. Dies soll erst nach Rückfrage beim Sachverständigen erfolgen, verbunden mit dem Hinweis auf die Haftung für Schäden bei Verfahrensverzögerung. Für Schäden durch eine leichtfertige, Nachteile für die Prozessbeteiligten billigend in Kauf nehmende Gutachtensverzögerung haftet der Sachverständige unter Umständen neben dem das Beschleunigungsgebot verletzende Gericht (in Anknüpfung an BGH, Urt. v. 4.11.2010 – III ZR 32/10, NJW 2011, 1072 Rn 22).
2. Die Verhängung eines Ordnungsgeldes kommt nicht in Betracht, wenn der Sachverständige trotz mehrfach gewährter Nachfristsetzung sich für seine verspätete Vorlage des Gutachtens im Hinblick auf die Aufarbeitung von Rückständen ausreichend entschuldigt hat.
(Leitsätze des Einsenders)
OLG Koblenz, Beschl. v. 20.1.2014 – 3 W 695/13
Sachverhalt
Der Sachverständige und Beschwerdeführer legte das Gutachten nicht binnen 3 Monaten nach seiner im Bestellungsbeschluss gesetzten Frist vor. Sachstandsanfragen des Gerichts beantwortete er nicht. Das Gericht setzte ihm darauf hin eine Nachfrist zur Gutachtenerstattung und drohte ihm bei fruchtlosem Fristablauf ein Ordnungsgeld an. Nachdem der Sachverständige die Verlängerung der Nachfrist unter Hinweis auf Krankheit und Urlaub beantragte, wurde die Nachfrist entsprechend verlängert. Das Gutachten ging in der verlängerten Frist nicht ein. Das Gericht setzte daraufhin ein Ordnungsgeld von 500 EUR fest und setzte zugleich eine weitere Nachfrist zur Erstattung des Gutachtens bis zum 29.11.2013, verbunden mit der Androhung eines Ordnungsgeldes von bis zu 1.000 EUR für den Fall des fruchtlosen Fristablaufs. Am Tag nach diesem Beschluss ging das Gutachten bei Gericht ein. Der Sachverständige bat um die Aufhebung des Ordnungsgeldes, weil er aus gesundheitlichen Gründen die gesetzte Frist versäumt habe. Das LG verstand diese Eingabe als sofortige Beschwerde und setzte das verhängte Ordnungsgeld auf 300 EUR herab, im Übrigen half es der sofortigen Beschwerde nicht ab. Die Kl. hat keine Bedenken gegen die Aufhebung des Ordnungsgeldbeschlusses erhoben; der Bekl. hat der Aufhebung des Ordnungsgeldbeschlusses widersprochen.
Die sofortige Beschwerde führte zur Aufhebung des teilweisen Nichtabhilfebeschlusses.
2 Aus den Gründen:
" … Gem. § 411 Abs. 2 ZPO kann das Gericht gegen den Sachverständigen ein Ordnungsgeld festsetzen, wenn der Sachverständige die gem. § 411 Abs. 1 ZPO gesetzte Frist zur Vorlage des Gutachtens versäumt hat. § 411 Abs. 2 S. 3 ZPO verlangt, dass das Ordnungsgeld vorher unter Setzung einer Nachfrist angedroht wurde. Dies soll erst nach Rückfrage beim Sachverständigen erfolgen, verbunden mit dem Hinweis auf die Haftung für Schäden bei Verfahrensverzögerung. Für Schäden durch eine leichtfertige, Nachteile für die Prozessbeteiligten billigend in Kauf nehmende Gutachtensverzögerung haftet der Sachverständige unter Umständen neben dem das Beschleunigungsgebot verletzende Gericht (Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl. 2014, § 411 Rn 6 und 7; § 402 Rn 10; BGH, Urt. v. 4.11.2010 – III ZR 32/10, NJW 2011, 1072 Rn 22). Der Sachverständigenbeweis ist häufige Ursache für eine überlange Verfahrensdauer. Der Richter ist daher gehalten, auf eine zügige Gutachtenserstellung hinzuwirken (EGMR, Urt. v. 21.10.2010 – 43155/08, NJW 2011, 1055). Unvertretbare Nachsicht mit dem Sachverständigen kann Amtshaftungsansprüche begründen (Zöller/Greger, a.a.O., § 411 Rn 6; BGH, Urt. v. 4.11.2010 – III ZR 32/10, NJW 2011, 1072 Rn 22). Bei zunehmender Verfahrensdauer verdichtet sich die Pflicht des Gerichts, sich nachhaltig um eine Förderung und Beendigung des Verfahrens zu bemühen (OLG Schleswig, Urt. v. 2.2.2012 – 11 U 144/10, BeckRS 2012, 19670; OLG Celle, Urt. v. 23.6.2011 – 16 U 130/10, NJW-Spezial 2012, 250; OLG Schleswig, Urt. v. 2.2.2012 – 11 U 144/10, BeckRS 2012, 19670; Bamberger/Roth-Reinert, in: BeckOK BGB, 29. Edition 1.11.2013, § 839 Rn 98; Stein/Itzel/Schwall, Rn 634–636). Der Zeitfaktor ist aber auch bei langer Verfahrensdauer nicht der allein entscheidende Maßstab (BGH, Urt. v. 10.7.2003 – III ZR 155/02, NJW 2003, 3052 = BGHZ 155, 306; Urt. v. 4.11.2010 – III ZR 32/10, MDR 2011, 32 = WM 2011, 323–328 = BauR 2011, 544 ff. = VersR 2011, 494–498 = NJW 2011, 1072–1076; OLG Schleswig, Urt. v. 2.2.2012 – 11 U 144/10, BeckRS 2012, 19670; OLG Celle, Urt. v. 23.6.2011 – 16 U 130/10, NJW-Spezial 2012, 250; Stein/Itzel/Schwall, Praxishandbuch des Amts- und Staatshaftungsrechts, 2. Aufl. 2012, Rn 634–636). Der Zeitfaktor ist aber auch bei langer Verfahrensdauer nicht der allein entscheidende Maßstab (BGH, Urt. v. 3.7.2003 – III ZR 326/02, BGHZ 155, 306 = NJW 2003, 3052; BGH, Urt. v. 4.11.2010, a.a.O.). Der Amtshaftungsanspruch bleibt von der neu geschaffenen Entschäd...