" … Die Kl. kann von der Bekl. Zahlung von 19.323 EUR nebst Zinsen verlangen. Die weitergehende Klage auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten ist allerdings nicht gerechtfertigt."
Die Parteien haben sich – wie schon das LG angenommen hat – auf eine Rückabwicklung des Kaufvertrags aus dem Jahre 2005 geeinigt. Die Bekl. hat ausdrücklich im Verlaufe des Rechtsstreites erklärt, der Rücktritt solle akzeptiert werden, der Streit betreffe nur die Höhe der Nutzungsentschädigung.
So hat es der Senat im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 8.5.2013 dargelegt und die Parteien sind dem nicht entgegen getreten.
Da die Parteien bei ihrer Einigung keine Verständigung darüber haben herbeiführen können, wie die Nutzungsvorteile für die Kl. zu berechnen und in welcher Höhe sie anzurechnen sein sollen, ist diese Regelungslücke durch Rückgriff auf das dispositive Recht und die hiernach anzuwendenden Grundsätze zu schließen.
Hiernach gilt:
Bei der Berechnung der Gebrauchsvorteile ist i.d.R. davon auszugehen, dass der Wert einer Sache durch die Dauer ihrer Nutzbarkeit bis zum Eintritt der Gebrauchsuntauglichkeit bestimmt wird. Maßgeblich ist mithin der “Wertverzehr‘. Ausgangspunkt der Berechnung ist der im Kaufpreis verkörperte objektive Wert der Sache. Praktisch gehandhabt wird das bei Kfz im Regelfall mit der anerkannten Formel für die zeitanteilige lineare Wertminderung, die das LG angewandt hat (Gebrauchtkaufpreis x zurückgelegte Kilometer : erwartbare Restlaufleistung).
Diese Bestimmung der Gebrauchsvorteile nach dem linearen Wertschwund versagt allerdings, wenn die herauszugebende Sache durch Nutzung keinen messbaren Wertverlust erleidet, namentlich bei Grundstücken. Seit 2006 ist die Rspr. des BGH dazu im Rahmen der Bemessung von Vorteilsausgleichung bei Schadenersatzansprüchen uneinheitlich (BGH NJW 2006, 53 ermittelt die Nutzungsvorteile zeitanteilig linear, BGH, NJW 2006, 1582 nach dem objektiven Mietwert/üblichen Mietzins; vgl. insgesamt MüKo/Gaier, 6. Aufl. 2012, § 346 BGB, Anm. 26 ff. m.N.)
Andererseits bildet der Kaufpreis nach § 346 Abs. 2 S. 2 BGB die Obergrenze der Nutzungsvergütung; mehr als den Kaufpreis war der Käufer nicht bereit für die Kaufsache und die aus ihr zu ziehenden Gebrauchsvorteile zu zahlen, mehr kann der Verkäufer als Gegenleistung nicht erwarten. Berechnet man hingegen die Gebrauchsvorteile anhand des Mietpreises, der für die Nutzung einer entsprechenden Sache durchschnittlich gezahlt wird, würde nicht der zwischen den Parteien abgeschlossene Kauf- oder Werkvertrag, sondern fiktiv ein Miet- oder Pachtvertrag rückabgewickelt und damit unterstellt, der Käufer oder Besteller sei bereit gewesen, für die Nutzung der Sache den – wegen des Gewinnanteils und der Vorhaltekosten des Vermieters oft deutlich höheren – Miet- oder Pachtzins zu zahlen. Das liefe dem Ziel zuwider, über die Rückabwicklung des Vertrags lediglich den Zustand wiederherzustellen, der vor dem Leistungsaustausch bestand. (vgl. insoweit Staudinger/Kaiser, Neubearbeitung 2012, § 346 BGB, Anm. 257)
Mithin ist grds. die auch vom LG angewandte lineare Berechnungsmethode zur Ermittlung der Höhe der Nutzungsentschädigung heranzuziehen. Allerdings muss der Wert des Kfz die Obergrenze für den Ersatz von Nutzungsvorteilen darstellen. Denn wenn der auf die voraussichtliche Gesamtlaufleistung umgelegte Kaufpreis den Wert des Fahrzeugs repräsentiert, kann der Nutzungsausgleich nicht höher als der “verbliebene Zeitwert‘ des Kfz sein (vgl. Reinking/Eggert, Der Autokauf, 12. Aufl., Anm. 1165 m.N. und Reinking, in: Anm. zu OLG Koblenz MJW 2009, 151, 155 unter Hinweis auf OLG Hamm MDR 1982, 580, das entschieden hat, die bei der Rückabwicklung eines Kaufvertrags über einen Pkw anzurechnende Nutzungsvergütung werde durch den Wertverlust begrenzt, den das FZ während der Nutzungsdauer erleide; vgl. auch OLG Düsseldorf, Urt. v. 7.6.2004 – 1 U 11/04, zit. n. juris).
Demnach kann die Kl. aufgrund der vereinbarten Rückabwicklung von der Bekl. den Kaufpreis abzüglich von Nutzungsvorteilen maximal bis zur “Kappungsgrenze‘ des verbliebenen Zeitwerts erhalten.
Hier betrug der Zeitwert des Kfz bei Rückgabe an die Bekl. nach dem von den Parteien nicht angegriffenen und überzeugenden Gutachten des Sachverständigen L 19.525 EUR, so dass der zuletzt gestellte Klageantrag, der darunterliegt, insoweit gerechtfertigt ist.
Der Zinsanspruch rechtfertigt sich aus dem Gesichtspunkt des Verzuges §§ 286, 288 Abs. 2 BGB.
Nicht gerechtfertigt ist der Antrag auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten, denn die Voraussetzungen des als Anspruchsgrundlage allein in Betracht kommenden Verzuges liegen nicht vor. Ausweislich der Rechnung der Prozessbevollmächtigten der Kl. vom 7.7.2011 hat die Kl. sie bereits am 20.6.2011 beauftragt, ohne sie zuvor in Verzug zu setzen (Leistungszeit 20.6.2011 bis 7.7.2011).“
Mitgeteilt von RiOLG Peter von Wnuck-Lipinski, OLG Düsseldorf