[7] II. "… An Rspr., die der beabsichtigten Entscheidung des 2. Strafsenats im Verfahren 2 StR 137/14 entgegenstehen könnte, hält der 3. Strafsenat nicht fest. Schon nach den aus der bisherigen Rspr. des BGH abzuleitenden Maßstäben für die Bemessung von Schmerzensgeld sähe der 3. Strafsenat nunmehr keinen Anlass mehr, in der beschriebenen Fallgestaltung die Höhe der zugebilligten Entschädigung wegen Darlegungsmängeln zu beanstanden und deshalb die Verurteilung des Angeklagten zur Zahlung von Schmerzensgeld aufzuheben."
[8] 1. Nach dem Beschluss des Großen Senats für Zivilsachen vom 6.7.1955 – GSZ 1/55 (BGHZ 18, 149) “können’ bei der Bemessung einer billigen Entschädigung in Geld alle Umstände des Falles berücksichtigt werden, darunter auch der Grad des Verschuldens des Verpflichteten und die wirtschaftlichen Verhältnisse beider Teile.
[9] a) Mit dieser Fassung seiner Antwort auf die Vorlagefrage wollte der Große Senat für Zivilsachen “zum Ausdruck zu bringen, dass nicht alle erwähnten Umstände in jedem Einzelfall berücksichtigt werden müssen, sondern nur nach dessen Lage berücksichtigt werden können.’ In erster Linie sei für die Bemessung des Schmerzensgeldes die Höhe und das Maß der Lebensbeeinträchtigung zu berücksichtigen; hierauf liege das Schwergewicht. Daneben könnten aber auch alle Umstände berücksichtigt werden, die dem einzelnen Schadensfall sein “besonderes Gepräge’ geben. Was die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schädigers betreffe, sei aber zu beachten, dass besonders verwerfliches Verhalten wie rücksichtsloser Leichtsinn oder gar Vorsatz den Gedanken, diesen vor wirtschaftlicher Not zu bewahren, “weitgehend zurückdrängen’ könnten. Was demgegenüber die wirtschaftlichen Verhältnisse des Verletzten anbelangt, betont die Entscheidung deren weitgehende Ambivalenz in Abhängigkeit von den Umständen des Einzelfalles. So könnten deutliche Ungleichheiten der Vermögensverhältnisse beider Parteien einerseits je nach Lage des Falles dazu führen, von den bestehenden Ermessensmöglichkeiten zugunsten oder zu Lasten des Schädigers in höherem oder in geringerem Maße Gebrauch zu machen. Andererseits erscheine es nicht ausgeschlossen, dass im Einzelfall “der gewohnte höhere Lebensstandard des Verletzten’ auch einmal zu einer Erhöhung des Schmerzensgeldes führen könne.
[10] b) Daraus wird deutlich, dass der Große Senat für Zivilsachen den wirtschaftlichen Verhältnissen von Schädiger und Geschädigtem im Wesentlichen nur die Funktion eines Korrektivs für besonders gelagerte Fälle beigemessen hat. Soweit die zivilrechtliche Literatur an der Berücksichtigungsfähigkeit der wirtschaftlichen Verhältnisse festhält, vertritt sie dementsprechend ebenfalls die Auffassung, dass diese nur ausnahmsweise für den Anspruch von Belang sind (vgl. Schiemann, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2005, § 253 Rn 42). Dieses Regel-Ausnahme-Verhältnis kann bei der Beurteilung der tatrichterlichen Darlegungspflichten nicht außer Betracht bleiben.
[11] 2. Nichts anderes ergibt sich aus der langjährigen st. Rspr. der Strafsenate des BGH …
[12] So hat der 1. Strafsenat (Urt. v. 7.2.1995 – 1 StR 668/94, NJW 1995, 1438) den Tatrichter lediglich zur Erörterung “ganz ungewöhnlicher’ wirtschaftlicher Verhältnisse von Schädiger oder Geschädigtem verpflichtet angesehen. Zwar könnten die wirtschaftlichen Verhältnisse der Beteiligten die Zumessung des Schmerzensgelds beeinflussen. Dies bedeute jedoch nicht, dass diese Verhältnisse und ihr Einfluss auf die Bemessung in jedem Fall ausdrücklich erörtert werden müssten. Das Schwergewicht liege nach dem Beschluss des Großen Senats für Zivilsachen einerseits auf dem Maß der Lebensbeeinträchtigung, andererseits auf dem Grad des Verschuldens. Rücksichtsloser Leichtsinn oder gar Vorsatz könnten den Gedanken weitgehend zurückdrängen, den Schädiger vor wirtschaftlicher Not zu bewahren. Ebenso hat der 3. Strafsenat (Beschl. v. 5.1.1999 – 3 StR 602/98, NJW 1999, 1123, 1124) einen Verstoß gegen tatrichterliche Erörterungspflichten bei der Bemessung des Schmerzensgelds mit der Begründung verneint, es seien keine Anhaltspunkte für “außergewöhnliche’ wirtschaftliche Verhältnisse ersichtlich, die maßgeblichen Einfluss auf die Bestimmung des Schmerzensgeldes hätten gewinnen können.
[13] Dementsprechend haben die Strafsenate auch aufhebende Entscheidungen in erster Linie darauf gestützt, dass sich die Erörterung der wirtschaftlichen Verhältnisse nach Sachlage (Beschl. v. 30.4.1993 – 3 StR 169/93), nach den Feststellungen (Beschl. v. 9.6.1993 – 2 StR 232/93, BGHR StPO § 403 Anspruch 4) oder nach den Umständen (Beschl. v. 26.8.1998 – 2 StR 151/98, BGHR StPO § 403 Anspruch 6) aufdrängte.
[14] 3. Soweit ersichtlich erstmals der anfragende Senat hat in der Folge – ohne dass dem die Qualität einer Entscheidung i.S.d. § 132 Abs. 2 GVG zukäme – die Auffassung vertreten, es sei “regelmäßig erforderlich’, auch die wirtschaftlichen Verhältnisse “der Tatbeteiligten’ zu berücksichtigen (Beschl. v. 7.7.2010 – 2 StR 100/10, NStZ-RR 2010, 344). D...