VVG § 81 Abs. 2
Leitsatz
Legt ein VN entflammbare Gegenstände auf einem – scheinbar abgeschalteten – Saunaofen ab und verlässt dann die Sauna, ohne sich über eine verlässliche Abschaltung zu vergewissern, handelt er unter Umständen (und so hier) grob fahrlässig (§ 81 Abs. 2 VVG). Auch wenn er wegen eines Termins weggerufen wird, kann (so hier) die Leistung des Hausratversicherers um 60 % zu kürzen sein.
OLG Hamm, Beschl. v. 15.1.2016 – 20 U 219/15
Sachverhalt
Die Kl. macht Ansprüche aus ihrer im Jahre 1999 abgeschlossenen Hausratversicherung wegen eines Brandschadens geltend. Im Keller des versicherten Objekts befand sich eine Sauna, die an einem außen angebrachtem Kasten über einen Lichtschalter für das Saunainnere, einen An-/Ausdruckschalter für den Ofen im Inneren der Sauna sowie über einen Temperaturschalter für diesen Ofen verfügte. Die Sauna wies eine separate Stromzufuhr mit eigener Sicherung im zentralen Sicherungskasten auf. Die Sauna hatte die Kl. seit mindestens dem Jahre 2006 nicht mehr benutzt. Sie hatte zu diesem Zweck, den An-/Ausschalter der Sauna und den Temperaturschalter ausgeschaltet sowie zudem die Sicherung der Sauna im zentralen Sicherungskasten herausgenommen. Im Winter des Jahres 2011 ließ die Kl. Umbauarbeiten in ihrem Haus durchführen. Jedenfalls in diesem Zusammenhang lagerte sie Gegenstände in der Sauna.
Am 5.12.2011 suchte die Kl. nach einer in der Sauna hinterlegten Vase. Nachdem die Kl. den Sicherungskasten geöffnet hatte, stellte sie fest, dass die Sicherung der Sauna im Sicherungskasten aus ihr unbekannten Gründen nicht mehr ausgeschaltet war. Die Kl. ging zur Sauna, drückte den Lichtschalter, veränderte aber nach ihrer Erinnerung weder den An-/Ausschalter noch den Temperaturschalter. Da die Kl. die Vase nicht sofort fand, räumte sie in der Sauna einige Gegenstände um, in der Absicht die Vase unter diesen Gegenständen zu finden. Hierbei legte sie dann auch Gegenstände auf den Saunaofen. Noch während sie nach der Vase suchte, rief von oben aus dem Erdgeschoss die Tochter der Kl., weil diese ihrer Tochter versprochen hatte, die Tochter zum Leichtathletiktraining zu fahren. Die Kl. suchte dann eilig nach der Vase, die sie schließlich auch fand. Da sie ihrer Tochter versprochen hatte, diese pünktlich zum Training zu bringen, befand sich die Kl. in ziemlichem Zeitdruck und unter Stress. Die Kl. beeilte sich deshalb, nachdem sie die Vase gefunden hatte, verließ die Sauna, schaltete das Licht in der Sauna aus und lief eilig nach oben, um ihre Tochter zum Leichtathletik zu bringen. Gegen 18.20 Uhr wurde ein Brand festgestellt, dessen Ausgangspunkt der Saunaofen war. Von dem Schaden ersetzte die Bekl. 40 %.
2 Aus den Gründen:
" … 1. Ein Anspruch in Höhe der Hauptforderung aus § 1 VVG i.V.m. dem Versicherungsvertrag scheitert wegen grober Fahrlässigkeit der Kl. in voller Höhe an § 81 Abs. 2 VVG."
a) Die Kl. handelte grob fahrlässig, in dem sie nach mindestens fünfjähriger Nichtnutzung der Sauna, nachdem sie erkannt hatte, dass die Stromzufuhr zur Sauna nicht mehr durch die Sicherung im zentralen Sicherungskasten unterbrochen war, erstmals Gegenstände auf den Saunaofen legte und diese auf dem Saunaofen beließ, als sie die Sauna verließ, ohne dass sie anschließend überprüfte, ob der An-/Ausschalter der Sauna und der Temperaturschalter weiterhin ausgeschaltet waren, und ohne dass sie anschließend die Stromzufuhr zur Sauna mittels der Sicherung im zentralen Sicherungskasten erneut unterbrach.
Grobe Fahrlässigkeit setzt einen objektiv schweren und subjektiv nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraus. Diese Sorgfalt muss in ungewöhnlich hohem Maße verletzt und es muss dasjenige unbeachtet geblieben sein, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Ein objektiv grober Pflichtenverstoß rechtfertigt hierbei für sich allein noch nicht den Schluss auf ein entsprechend gesteigertes persönliches Verschulden, nur weil ein solches häufig damit einhergeht. Vielmehr erscheint ein solcher Vorwurf nur dann als gerechtfertigt, wenn eine auch subjektiv schlechthin unentschuldbare Pflichtverletzung vorliegt, die das in § 276 Abs. 2 BGB bestimmte Maß erheblich überschreitet. Hiernach ist es in aller Regel erforderlich, nicht nur zur objektiven Schwere der Pflichtwidrigkeit, sondern auch zur subjektiven (personalen) Seite konkrete Feststellungen zu treffen. Den Beweis für diesen Verschuldensmaßstab hat im Rahmen des § 81 Abs. 2 VVG der VR zu führen (vgl. m.w.N. BGH VersR 2011, 916).
An diesen Grundsätzen gemessen ist ein grob fahrlässiges Verhalten der Kl. hier allein aufgrund ihres Vortrages …
i. Es lag objektiv zunächst eine grob sorgfaltswidriges Handeln sowie dann, den Schwerpunkt des Vorwurfs bildend, ein grob sorgfaltswidriges Unterlassen der Kl. vor. Dies setzt eine gesteigerte, sich jedem aufdrängende Erkennbarkeit und Vermeidbarkeit der gesetzten Gefahr voraus. …
(1) Es war objektiv für jedermann erkennbar, dass das Ablegen von Gegenständen und das Belassen derselben auf dem Saunaof...