Die Entscheidung des OLG Dresden ist eine der ersten obergerichtlichen Entscheidungen, die sich theoretisch von dem (lediglich unter Verteidigern und Sachverständigen als bahnbrechend eingeschätzten) Urteil des AG Meißen (Urt. v. 29.5.2015 – 13 OWi 703 Js 21114/14, juris) hätten beeinflussen lassen können. Dies war aber nicht der Fall. Im Gegenteil wird die bisherige obergerichtliche Rspr. aufrechterhalten, so dass insbesondere die bloße Unkenntnis über die Messwertbildung nicht zu einer von Amts wegen vorzunehmenden sachverständigen Überprüfung führen kann. Wenn der Verteidiger konkrete Angriffspunkte generieren will, muss er dies schon im Vorverfahren, notfalls über § 62 OWiG zu erreichen suchen.

Inzwischen (nach der Entscheidung des AG Landstuhl DAR 2016, 39) hat die Firma eso GmbH ein neues Auswerteprogramm zur Verfügung gestellt, das dem Sachverständigen Zugriff auf die Rohmessdaten ermöglicht. Diese kann er dann extrahieren und die Signalverläufe prüfen. Die Messwertbildung ist immer noch nicht prüfbar, und angesichts derzeit bekannter Versuche, das Messgerät ES 3.0 zu kopieren, wäre die Geschäftsgrundlage der Firma bei Offenlegung des Messalgorithmus wohl rasch zunichte gemacht.

Ob die obergerichtliche Rspr. in dieser Weise aufrechterhalten werden kann, wenn die ersten Messgeräte nach der neuen Konformitätsbewertung gemäß dem MessEG auf dem Prüfstand stehen, wird sich erst noch zeigen. Denn falls die Rspr. zum standardisierten Messverfahren für solche Neugeräte nicht mehr haltbar wäre, müsste eigentlich auch die Messwertbildung sachverständig überprüfbar sein.

RiAG Dr. Benjamin Krenberger

zfs 5/2016, S. 292 - 294

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