VVG § 178; AUB 1.3 1.5 2.1.1.1 5.2
Leitsatz
1. Die ärztliche Feststellung der unfallbedingten Invalidität muss den "Unfall" nicht explizit als solchen bezeichnen und nicht den diesem zugrunde liegenden Lebenssachverhalt angeben.
2. Ist in Versicherungsbedingungen für die Unfallversicherung der Ertrinkungstod einem Unfall gleichgestellt, so besteht damit nicht auch für solche Ereignisse Versicherungsschutz, welche sich als "Beinahe-Ertrinken" darstellen.
3. Ist in Versicherungsbedingungen für die Unfallversicherung eine "tauchtypische Gesundheitsschädigung" versichert, so muss das Schadensereignis nicht gleichzeitig die allgemeinen Voraussetzungen eines "Unfalls" erfüllen.
4. Erleidet der Versicherte bei einem Tauchgang eine Hirnblutung, so begründet dies nicht den Anscheinsbeweis einer "tauchtypischen Gesundheitsschädigung" i.S.d. Versicherungsbedingungen.
OLG Jena, Urt. v. 31.8.2017 – 4 U 820/15
Sachverhalt
Der Kl. nimmt die Bekl. aus einer bei ihr unterhaltenen Unfallversicherung in Anspruch.
Zwischen den Parteien besteht ein Vertrag über eine private Unfallversicherung. Diesem liegen die "(B-AUB 2008)" zugrunde. Sie lauten u.a.:
"1.5 Wir bieten Versicherungsschutz für"
– unfreiwillige tauchtypische Gesundheitsschädigungen, wie z.B. Caissonkrankheit oder Trommelfellverletzungen, und
– den unfreiwilligen Ertrinkungs- bzw. Erstickungstod unter Wasser;
2.1.1 Voraussetzungen für die Leistung:
2.1.1.1 (…) Die Invalidität ist
– innerhalb von 15 Monaten nach dem Unfall von einem Arzt schriftlich festgestellt und von Ihnen bei uns geltend gemacht worden.
5.2. Ausgeschlossen sind außerdem folgende Beeinträchtigungen:
5.2.1 Schäden an Bandscheiben sowie Blutungen aus inneren Organen und Gehirnblutungen. Versicherungsschutz besteht jedoch, wenn ein unter diesen Vertrag fallendes Unfallereignis nach Ziff. 1.3 die überwiegende Ursache war.“
Am 20.3.2009 gegen 10 Uhr verlor der zum damaligen Zeitpunkt 56-jährige Kl. in X während eines Tauchgangs in einer Tiefe zwischen zwölf und 15 m das Bewusstsein und wäre fast ertrunken. Unstreitig hatte er zuvor dem mit tauchenden Zeugen Z signalisiert, dass sein Luftvorrat zu Neige geht. Der weitere Verlauf des Tauchgangs ist zwischen den Parteien streitig. Der Kl. wurde unmittelbar nach dem Vorfall im örtlichen K-Krankenhaus versorgt und dort bis zum 2.4.2009 behandelt. Laut dortigem Arztbericht erlitt der Kl. einen zerebrovaskulären Schlaganfall, ein hämorrhagisches Zentralganglion, rechtsseitige Hämatome und ein Beinahe-Ertrinken mit Aspirationspneumonie. Vom 7.4.2009 bis 24.4.2009 befand sich der Kl. zur stationären Behandlung im Klinikum U. Laut dortigem vorläufigen Arztbrief vom 24.4.2009 besteht beim Kl. ein langjähriger Hypertonus, seine Blutzuckerwerte stellten sich zudem als grenzwertig hyperglykämisch dar. In der durchgeführten MR-Tomographie ergab sich eine Stammganglienblutung ohne Hinweis auf Gefäßanomalien, sodass zusammenfassend bei loco typico von einer hypertensiven Blutung auszugehen sei. Wegen des weiteren Inhalts des Arztbriefs wird auf Bl. 86 ff. d.A. verwiesen.
2 Aus den Gründen:
" … Das LG hat im Ergebnis zu Recht Leistungsansprüche aus der streitgegenständlichen Unfallversicherung verneint."
1. Die geltend gemachten Ansprüche scheitern vorliegend allerdings nicht bereits daran, dass die unfallbedingte Invalidität nicht binnen 15 Monaten seit dem behaupteten Schadenstag von einem Arzt schriftlich festgestellt worden wäre. Der ärztliche Bericht des Facharztes für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. med. N vom 12.8.2009 enthält eine nach Ziff. 2.1.1.1 HM-AUB 2008 geforderte Invaliditätsfeststellung.
Unschädlich hierbei ist, dass der Arzt die Ursache des “mit hoher Wahrscheinlichkeit' prognostizierten Dauerschadens nicht explizit als “Unfall' bezeichnet hat. Die Unfallbedingtheit des Dauerschadens ist nämlich durch die in dem ärztlichen Bericht vorgenommene Zuordnung als “Folgen einer Stammganglienblutung re. v. 20.3.2009' in ausreichendem Maße individualisiert und konkretisiert worden.
Gemessen am Zweck der fristgebundenen ärztlichen Feststellung genügt es, wenn diese Feststellung die Ursachen, auf denen der Dauerschaden beruht, so umreißt, dass der VR bei seiner Leistungsprüfung den medizinischen Bereich erkennen kann, auf den sich die Prüfung seiner Leistungsverpflichtung erstrecken muss und vor der späteren Geltendmachung völlig anderer Gebrechen oder Invaliditätsursachen geschützt wird (BGH zfs 2015, 450).
Diese Voraussetzungen werden durch die ärztliche Feststellung vom 12.8.2009 gewahrt. Die angegebene Ursache “Stammganglienblutung re. v. 20.3.2009' ist sowohl in deren medizinischer Ausprägung als auch in zeitlicher Hinsicht so konkret bezeichnet, dass einerseits deren medizinischer Inhalt und andererseits der ihr zugrunde liegende Lebenssachverhalt jeweils eindeutig von etwaig in Betracht kommenden anderen Ursachen abgegrenzt werden können. Unschädlich ist, dass diese Ursache nicht selbst explizit als “Unfall' bezeichnet und der ihr zugrunde liegende Lebenssachverhalt nicht angegeben ist. Eine derarti...