Der Beschluss des OLG Celle, dem in der Sache zuzustimmen ist, befasst sich mit einer Problematik, die praktisch in jedem Zivilprozess vorkommen kann. Gleichwohl herrscht bei Anwälten, aber auch bei Gerichten wie hier auch beim LG Hannover Unsicherheit über die Rechtsfolgen einer Vorschussleistung auf gerichtliche Auslagen.

Begriff des Vorschusses

Zunächst wird in der Praxis häufig der Begriff des Vorschusses verkannt. Das GKG regelt im Zivilprozess Vorschüsse lediglich für Auslagen (§ 17 GKG). Gleichwohl wird von Gerichten immer wieder ausgeführt, auch bei der gerichtlichen Verfahrensgebühr handele es sich um einen "Vorschuss". Das ist unzutreffend, weil die gerichtliche Verfahrensgebühr, etwa die 3,0-Verfahrensgebühr nach Nr. 1210 GKG KV, mit Eingang der Klageschrift anfällt und gleichzeitig fällig wird (s. § 6 Abs. 1 Nr. 1 GKG). Folglich gelten auch die Regelungen betreffend die Vorschusspflicht und ihre Fortdauer für die gerichtliche Verfahrensgebühr nicht. Der im Rechtsstreit obsiegende Kl., der die gerichtliche Verfahrensgebühr gezahlt hat, kann diese grds. von der Staatskasse nicht zurückverlangen. Vielmehr gehört die Verfahrensgebühr zu den Kosten des Rechtsstreits, die er aufgrund der zu seinen Gunsten ergangenen Kostenentscheidung gegen den unterlegenen Kl. im Kostenfestsetzungsverfahren geltend machen kann. Dabei trägt der Kl. natürlich auch das Risiko, den Kostenerstattungsanspruch gegen den Bekl. nicht durchsetzen zu können.

Etwas anders gilt nach § 31 Abs. 3 GKG nur dann, wenn dem Entscheidungsschuldner Prozesskostenhilfe gewährt worden ist. In diesem Fall hat die Staatskasse dem Antragssteller die von ihm gezahlten Gerichtskosten zurückzuzahlen. Damit wird verhindert, dass der bedürftige Bekl. über den Umweg der sonst gegen ihn möglichen Kostenfestsetzung doch für Gerichtskosten in Anspruch genommen wird. Eine weitere Ausnahme gilt unter den in § 31 Abs. 4 GKG aufgeführten Voraussetzungen, wenn der bedürftige Bekl. die Kosten durch Vergleich übernommen hat (s. Thür. OLG RVGreport 2018, 35 [Hansens] für die vergleichbare Vorschrift des § 26 Abs. 4 FamGKG).

Kostenschuldner

Zahlungspflichtiger und alleiniger Kostenschuldner des Auslagenbetrags ist zunächst derjenige, der die mit den Auslagen verbundene Handlung beantragt hat (§ 17 Abs. 1 S. 1 GKG). Geht es um Auslagen für eine Beweisaufnahme, ist somit derjenige zahlungspflichtig, der den entsprechenden Beweis angetreten hat.

Mit der Kostenentscheidung des LG Hannover, das hier dem Bekl. die Kosten des Rechtsstreits auferlegt hat, ist weiterer Kostenschuldner gem. § 29 Nr. 1 GKG der Bekl. geworden. Damit hafteten für die Auslagen gem. § 31 Abs. 1 GKG Kl. und Bekl. als Gesamtschuldner. Für die Staatskasse hatte dies im Fall des OLG Celle keine besondere Bedeutung, weil der Kl. ja die Vorschüsse gezahlt hatte. Praktische Bedeutung hätte diese Unterscheidung dann gehabt, wenn der Kl. die angeforderten Vorschüsse insgesamt oder zum Teil nicht gezahlt hätte, das Prozessgericht jedoch die entsprechenden Handlungen gleichwohl durchgeführt hätte. In diesem Fall wäre dann der Auslagenbetrag nach Erlass der Kostenentscheidung allein gegen den Bekl. angesetzt worden.

Nicht verbrauchter Vorschussbetrag

Das LG Hannover hatte hier mit 365.824 EUR und 103.109 EUR recht hohe Vorschüsse angefordert. Diese Vorschüsse waren hier – Gegenteiliges ergibt sich jedenfalls nicht aus den Beschlussgründen des OLG – vollständig verbraucht worden. Der gezahlte und verbrauchte Vorschuss ist dann auf die Kosten des Bekl. verrechnet worden, sodass die Staatskasse den Auslagenbetrag im Umfang des gezahlten Vorschusses nicht mehr von dem Bekl. fordert. Dem Kl. steht gegen die Staatskasse kein Rückzahlungsanspruch zu. Ihm bleibt lediglich die Möglichkeit, wegen des gezahlten Auslagenbetrags im Kostenfestsetzungsverfahren gegen den Bekl. einen Vollstreckungstitel zu erwirken. Die an die Staatskasse gezahlten Auslagen gehören nämlich gem. § 91 Abs. 1 ZPO zu den notwendigen Kosten des Rechtsstreits, die der Bekl. aufgrund der landgerichtlichen Kostenentscheidung zu tragen hat. Dabei trägt der Kl. das Risiko, dass er den Kostenerstattungsanspruch gegen den Bekl. nicht durchsetzen kann.

Wäre der gezahlte Vorschuss nicht verbraucht worden, weil die Auslagen geringer gewesen sind als erwartet, so wäre ein etwaiger Überschuss auf andere fällige Gebühren und Auslagen desselben Verfahrens verrechnet worden, für die der Kl. nach Maßgabe der § 22 ff. GKG haftete. Dabei kommt auch eine instanzübergreifende Verrechnung auf die Kosten des Berufungsverfahrens in Betracht.

Ist eine derartige Verrechnung ausgeschlossen, so ist der Überschuss an den Zahlungspflichtigen – hier an den Kl. – zurückzuzahlen (NK-GK/Volpert a.a.O., § 17 GKG Rn 22). In diesem Fall käme eine Verrechnung auf Gerichtskosten, für die nur der Bekl. gem. § 29 Nr. 1 GKG haftet, allenfalls bei zuvor erklärtem Einverständnis des Kl. hierzu in Betracht (NK-GK/Volpert a.a.O. Rn 23). Ein solcher Fall hat hier nicht vorgelegen.

VorsRiLG a.D. Hein...

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