" … . I. … . Die gem. § 464 Abs. 3 StPO i.V.m. § 311 Abs. 2 StPO zulässige sofortige Beschwerde der ASt. ist weitgehend begründet."
1. Zu Recht hat die Strafkammer gem. § 414 Abs. 1 StPO die Kostenentscheidung auf § 465 StPO gestützt und mit Blick auf die Kosten des psychiatrischen Gutachtens der Oberärztin Dr. E. M. § 465 Abs. 2 StPO geprüft. Jedoch kann die Beschuldigte gem. § 465 Abs. 2 S. 1 StPO nicht mit den Kosten und Auslagen des psychiatrischen Gutachtens der Oberärztin Dr. E. M. in Gänze belastet werden.
In seiner Begründung misst das LG nach Auffassung des Senats dem Umstand zu wenig Gewicht bei, dass es in seinem Urt. gegen die Beschuldigte gerade keine Maßregel nach den §§ 63 und 64 StGB angeordnet hat und die Erstattung des psychiatrischen Gutachtens in weiten Teilen gerade für die Beantwortung in diesem Zusammenhang zu klärender Fragen von Bedeutung war.
a) Wäre von der Strafkammer nicht aus anderen Gründen eine Maßregel nach § 69 Abs. 2 Nr. 1 StGB anzuordnen gewesen, hätte sie den Sicherungsantrag gem. § 414 Abs. 2 S. 4 StPO ablehnen und die Kosten gem. § 414 Abs. 1 StPO i.V.m. § 467 Abs. 1 StPO insgesamt der Staatskasse auferlegen müssen.
b) Da § 414 StPO eine Teilablehnung von Sicherungsanträgen nicht vorsieht, erfolgt im Sicherungsverfahren die abschließende Entscheidung durch Urt. grds. einheitlich, d.h. entweder durch Verhängung einer oder mehrerer (vgl. §§ 71, 72 StGB) Sicherungsmaßregeln oder durch Ablehnung des Sicherungsantrags. Eine Teilablehnung erfolgt hingegen nicht (vgl. Fischer, in: Karlsruher Kommentar zur StPO 6. Aufl. § 414 Rn 17).
c) Dies bedeutet allerdings nicht, dass auch die Kostenentscheidung zwingend “einheitlich’ ausfallen muss, denn § 465 Abs. 2 StPO lässt eine Kostenaufteilung ausdrücklich zu, indem er anordnet, dass entstandene Kosten teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen sind, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten, im Sicherungsverfahren den Beschuldigten (§ 414 Abs. 1 StPO), damit zu belasten.
Voraussetzung ist nach § 465 Abs. 2 S. 1 StPO, dass durch Untersuchungen zur Aufklärung bestimmter belastender oder entlastender Umstände besondere Auslagen entstanden und diese Untersuchungen zugunsten des Angeklagten ausgegangen sind. Namentlich ist von Unbilligkeit gem. § 465 Abs. 2 S. 2 StPO dann auszugehen, wenn der Angeklagte wegen einzelner abtrennbarer Teile einer Tat oder wegen einzelner von mehreren Gesetzesverletzungen nicht verurteilt wird und einzelne entstandene Kosten und Auslagen sich gerade auf solche abtrennbaren Teile oder Gesetzesverletzungen bezogen haben.
d) Die Möglichkeit einer Billigkeitsentscheidung nach § 465 Abs. 2 S. 2 StPO besteht somit vor allem in den Fällen des fiktiven Teilfreispruchs, d.h. bei der Nichtverurteilung wegen einzelner abtrennbarer Teile einer Tat oder wegen einzelner von mehreren Gesetzesverletzungen bei Tateinheit (Meyer-Goßner, StPO 54. Aufl. § 465 Rn 7 m.w.N.).
e) Nichts anderes kann dann aber gelten, wenn im Sicherungsverfahren, auf das gem. § 414 Abs. 1 StPO die Rechtsgedanken des § 465 Abs. 2 StPO in Anwendung zu bringen sind, einzelne von mehreren beantragten Sicherungsmaßregeln von Rechts wegen nicht verhängt werden können, denn diese Fallkonstellation unterscheidet sich nicht von der Nichtverurteilung wegen einzelner von mehreren Gesetzesverletzungen bei Tateinheit.
f) Vorliegend war die Erstattung des psychiatrischen Gutachtens der Oberärztin Dr. E. M. nur zu einem kleineren Teil für die Anordnung der Maßregel nach § 69 StGB von Belang. Das Gutachten diente gem. Verfügung der Staatsanwaltschaft v. 18.3.2011 vorrangig der Klärung, ob Schuldunfähigkeit nach § 20 StGB vorgelegen hat und ob aus medizinischer Sicht die Anordnung einer Maßregel nach den §§ 63 und 64 StGB gerechtfertigt wäre.
g) Die Kosten des Gutachtens wären der Staatskasse nach § 467 StPO sowohl im Falle eines Freispruchs nach Anklageerhebung als auch im Fall der Ablehnung eines Sicherungsantrages aufzuerlegen gewesen. Genauso wie im Fall von mehreren bei Tateinheit angeklagten Gesetzesverletzungen bei Nichtvorliegen einzelner Gesetzesverletzungen kein Teilfreispruch erfolgt, kommt § 467 StPO auch vorliegend wegen des Grundsatzes der einheitlichen Entscheidung nicht zur Anwendung, da das Gericht eine Maßregel nach § 69 StGB angeordnet und somit den Antrag der Staatsanwaltschaft nicht abgelehnt hat. In beiden Fallkonstellationen gelangt jedoch § 465 StPO mit seiner Billigkeitsregelung nach Abs. 2 S. 1 und 2 zur Anwendung.
h) Das Gutachten hat entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin durchaus Bedeutung für die Anordnung der Maßregel nach § 69 StGB, macht es doch Ausführungen zur Frage der Einsichtsfähigkeit in das verfahrensgegenständliche Anlassdelikt und arbeitet heraus, dass die Beschwerdeführerin bei ihrer Fahrt trotz Alkoholeinfluss noch einen gewissen Realitätsbezug besaß und sich ihrer Fahruntauglichkeit bewusst war, die Alkoholintoxikation daher nicht die Ursache für die festgestellte Schuldunfähigkeit zur Tatzeit war. Die Anordnung der...