" … betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom LG Gießen mit Entscheidung v. 21.9.2010 [1 Ns 603 Js 36155/08] …"
Da sich das LG Gießen insb. darüber im Unklaren ist, ob die deutschen Behörden den Führerschein, der Herrn Akyüz von den zuständigen tschechischen Behörden ausgestellt wurde, anerkennen müssen, weil ihm die Behörden der Bundesrepublik Deutschland nicht einen Führerschein entzogen haben, sondern ihm in diesem Mitgliedstaat lediglich die Erteilung einer Fahrerlaubnis versagt wurde, hat das LG Gießen beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:
Sind
a) Art. 1 Abs. 2 i.V.m. Art. 8 Abs. 4, 2 der Richtlinie 91/439
b) Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 11 Abs. 4 der Richtlinie 2006/126
dahin auszulegen,
1. dass sie es einem Mitgliedstaat (Aufnahmestaat) verwehren, es abzulehnen, die von einem anderen Mitgliedstaat (Ausstellerstaat) erteilte Fahrerlaubnis in seinem Hoheitsgebiet anzuerkennen, wenn dem Erwerb der Fahrerlaubnis im Ausstellerstaat eine Versagung einer Fahrerlaubnis im Aufnahmestaat vorausgegangen ist, weil die körperlichen und geistigen Anforderungen an das sichere Führen eines Kfz nicht erfüllt worden seien;
2. bejahendenfalls: dass sie es einem Mitgliedstaat (Aufnahmestaat) verwehren, es abzulehnen, die von einem anderen Mitgliedstaat (Ausstellerstaat) erteilte Fahrerlaubnis in seinem Hoheitsgebiet anzuerkennen, wenn dem Erwerb der Fahrerlaubnis im Ausstellerstaat eine Versagung einer Fahrerlaubnis im Aufnahmestaat vorausgegangen ist, weil die körperlichen und geistigen Anforderungen an das sichere Führen eines Kraftfahrzeugs nicht erfüllt worden seien und aufgrund von Angaben auf dem Führerschein, sonstigen vom Ausstellerstaat herrührenden unbestreitbaren Informationen oder aufgrund sonstiger unzweifelhafter Erkenntnisse, insb. etwaiger Angaben des Führerscheininhabers selbst oder weiterer sicherer Erkenntnisse des Aufnahmestaates, feststeht, dass ein Verstoß gegen die Wohnsitzregel des Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 91/439 bzw. Art. 7 Abs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2006/126 vorliegt
- soweit sonstige unzweifelhafte Erkenntnisse, insb. etwaige Angaben des Führerscheininhabers selbst oder weitere sichere Erkenntnisse des Aufnahmestaats nicht ausreichen: Rühren Informationen auch dann i.S.d. Rspr. des Gerichtshofs vom Ausstellerstaat her, wenn sie nicht unmittelbar, sondern nur mittelbar in Form einer auf solche Informationen gestützten Mitteilung Dritter, insb. der Botschaft des Aufnahmestaats im Ausstellerstaat, übermittelt wurden -;
3. dass sie es einem Mitgliedstaat (Aufnahmestaat) verwehren, es abzulehnen, die von einem anderen Mitgliedstaat (Ausstellerstaat) erteilte Fahrerlaubnis in seinem Hoheitsgebiet anzuerkennen, wenn zwar die formalen Voraussetzungen für den Erwerb eines Führerscheins im Ausstellerstaat gewahrt wurden, jedoch feststeht, dass der Aufenthalt allein dem Führerscheinerwerb und keinen weiteren vom Unionsrecht, insb. den Grundfreiheiten des AEUV und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union sowie der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, geschützten Zwecken dient (Führerscheintourismus)? … “