ARB 2002 § 23
Leitsatz
1. Der in § 23 (1) ARB 2002 zugesagte Rechtsschutz für Selbstständige für den privaten Bereich umfasst einen Rechtsstreit, den der VN über Mängel an einer Photovoltaikanlage gegen den Ersteller der Anlage führt, wenn es sich bei der Anschaffung und dem Betrieb der Anlage um eine Maßnahme der privaten Vermögensverwaltung des VN handelt. Die Annahme einer solchen Maßnahme ist auch dann möglich, wenn der VN im Rahmen seines Handelsgewerbes Kunden bei Investitionen in Photovoltaikanlagen umfassend betreut.
2. Die Errichtung einer Photovoltaikanlage auf dem zu diesem Zweck angepachteten Dach einer in fremdem Eigentum stehenden Scheune fällt nicht unter den sog. Baurisikoausschluss in § 3 Abs. 1d ARB 2002.
OLG Nürnberg, Urt. v. 21.1.2013 – 8 U 1537/12
Sachverhalt
Die Kl. verlangt Deckung aus einer bei der Bekl. unterhaltenen Rechtsschutzversicherung für Selbstständige für den privaten Bereich. Sie betreibt ein im Handelsregister eingetragenes Unternehmen, das Consultingleistungen für Investitionen in Photovoltaikanlagen anbietet. Bei der Fa. E erwarb sie – im eigenen Namen und unter Abrechnung über ein privates Konto – eine Photovoltaikanlage, behandelte die Einnahmen aus ihr allerdings als gewerblich. Wegen behaupteter Mängel der installierten Module nimmt sie die Fa. E auf Gewährleistung in Anspruch und begehrt dafür Deckung.
2 Aus den Gründen:
"… Auch nach der Rechtsauffassung des Senats handelt es sich bei der Auseinandersetzung zwischen der Kl. und der E GmbH, für welche die Kl. von der Bekl. Deckung begehrt, um die Wahrnehmung rechtlicher Interessen für den privaten Bereich. Die Angelegenheit wurzelt nicht im beruflichen Bereich in Ausübung einer nichtselbstständigen Tätigkeit. Die Kl. hat deshalb Anspruch auf Vertragsrechtsschutz gem. §§ 23 Abs. 1 und 3 i.V.m. § 2d der X ARB 2002. …
Die Kl. ist beruflich selbstständig. Sie hat gegen die Bekl. einen vertraglichen Anspruch auf Privat-Rechtsschutz für Selbstständige. Der Umfang des Versicherungsschutzes ist in § 23 X ARB 2002 festgelegt. § 23 Abs. 1 X ARB 2002 beschreibt das versicherte Risiko. Es handelt sich also entgegen der Auffassung des Erstgerichts nicht um einen Risikoausschluss. Das verhilft der Berufung aber nicht zum Erfolg, weil die Angelegenheit, für welche die Kl. Deckung beansprucht, von der Risikobeschreibung umfasst wird.
Ausgangspunkt der rechtlichen Würdigung ist der Wortlaut des § 23 Abs. 1 X ARB 2002. Die darin verwendeten Begriffe “a) für den privaten Bereich, b) für den beruflichen Bereich in Ausübung einer nichtselbstständigen Tätigkeit‘ werden in den Versicherungsbedingungen nicht näher umschrieben. Da sie keinen fest umrissenen Sinn haben, ist der Umfang des gewährten Versicherungsschutzes durch Auslegung der Bestimmung zu ermitteln. Ausdrücklich versichert sind hiernach ohne Einschränkung der private Bereich, im beruflichen Bereich dagegen nur die Ausübung einer nichtselbstständigen Tätigkeit. Es ist deshalb zu prüfen, ob die Bekl. den Vertrag über den Kauf und die Montage der Photovoltaikanlage mit der E GmbH im privaten Bereich abgeschlossen hat, da eine berufliche Tätigkeit in Ausübung einer nichtselbstständigen Tätigkeit unstreitig nicht vorliegt.
Grds. gehört die Verwaltung eigenen Vermögens, auch wenn es beträchtlich ist, zum privaten Bereich. Sie ist keine Berufsausübung. Die Aufnahme von Fremdmitteln kann zur ordnungsgemäßen Vermögensverwaltung gehören und lässt deshalb nicht zwangsläufig auf ein Gewerbe oder eine freiberufliche Tätigkeit schließen. Dass die Verwaltung auf Dauer angelegt ist, versteht sich ebenso von selbst wie die Ausrichtung auf die Mehrung des Vermögens. Nicht einmal ein spekulativer Charakter der Geschäfte lässt den zwingenden Schluss zu, die Verwaltung des Vermögens und diese Geschäfte würden als Beruf betrieben. Dagegen ist der Umfang der für die Verwaltung notwendigen oder nützlichen Geschäfte das ausschlaggebende Kriterium für die Abgrenzung der privaten von der berufsmäßig betriebenen Vermögensverwaltung. Diese liegt erst dann vor, wenn der Umfang der Vermögensverwaltung einen planmäßigen Geschäftsbetrieb erfordert – wie etwa die Unterhaltung eines Büros oder einer Organisation zur Durchführung der Geschäfte (BGHZ 119, 252 = zfs 1993, 424).
Die eigene Vermögensverwaltung unter Verwendung von Eigenmitteln stellt sich deshalb nur dann als selbstständige Tätigkeit dar, wenn die Verwaltung des angelegten Vermögens einen so außergewöhnlichen Umfang annimmt, dass sie neben einer sonstigen beruflichen Tätigkeit nicht mehr ausgeübt werden kann, oder wenn die Vermögensverwaltung auf Erzielung von das sonstige Einkommen praktisch ersetzenden Einkünften ausgelegt ist (OLG Celle VersR 2008, 636; OLG Frankfurt zfs 2001, 561).
Anhand dieser Kriterien erweist sich der von der Kl. mit der E GmbH abgeschlossene Vertrag, in welchem die vor dem LG B anhängige Rechtsangelegenheit wurzelt, als zum privaten und nicht zum beruflichen Bereich gehörig.
Die Kl. hat in durchaus erheblichem Umfang neben dem Förderkredit Eigenmittel für den Erwerb und die...