[35] "… A. III. 2. Bezüglich der nur vorsorglichen Revisionsangriffe gegen die vom BG zuerkannten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten weist der Senat auf Folgendes hin:"
[36] Die Revision hat keinen Erfolg mit ihrem Einwand, es bestehe allenfalls Anspruch auf Ersatz einer Gebühr gem. Nr. 2302 VV RVG, weil es sich bei dem vorgerichtlichen Schreiben des Klägervertreters v. 21.11.2008 um ein vorformuliertes Massenschreiben gehandelt habe. Bei dem Anspruchsschreiben handelt es sich offensichtlich nicht um ein solches “einfacher Art' (vgl. Jungbauer in Bischof, RVG, 5. Aufl., VV 2302 Rn 6; Hartmann, KostG, 42. Aufl., VV 2302 Rn 3 m.w.N.). Im Übrigen kommt es nicht nur auf die tatsächlich entfaltete Tätigkeit des Rechtsanwalts, sondern maßgeblich auf Art und Umfang des erteilten Mandats an (BGH NJW 1983, 2451, 2452 zu § 120 Abs. 1 BRAGO).
[37] Der Revision ist allerdings zuzugeben, dass das Anspruchsschreiben auch auf einem Mandat zur gerichtlichen Forderungsdurchsetzung beruhen könnte und in diesem Fall durch die Verfahrensgebühr gem. Nr. 3100 VV RVG abgegolten wäre (vgl. § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und Nr. 2 RVG; Mayer in Gerold/Schmidt, RVG, 20. Aufl., VV 2300, 2301 Rn 6; Onderka/Wahlen in Schneider/Wolf, AnwaltKommentar RVG, 6. Aufl., VV Vorb. 2.3 Rn 12 f. m.w.N.). Ob auch eine Verfahrensgebühr [Anm. der Schriftleitung: gemeint ist eine Geschäftsgebühr] nach Nr. 2300 VV RVG entstanden ist, hängt wiederum von Art und Umfang des vom Zedenten erteilten Mandats ab, wozu der Kl. bislang noch nicht ausreichend vorgetragen hat. Ein nur bedingt für den Fall des Scheiterns des vorgerichtlichen Mandats erteilter Prozessauftrag steht der Gebühr aus Nr. 2300 VV RVG, entgegen der Auffassung der Revision, allerdings nicht entgegen (BGH NJW 1968, 2334, 2335; OLG Celle JurBüro 2008, 319; OLG Hamm NJW-RR 2006, 242; Jungbauer in Bischof, RVG, 5. Aufl., Vorbem. 2.3 VV Rn 27; Schons in Hartung/Römermann/Schons, RVG, 2. Aufl., 2300 VV Rn 18; a.A. OLG München, WM 2010, 1622, 1623; Hartmann, KostG, 42. Aufl., VV 2300 Rn 3).
[38] Der Revision ist des Weiteren zuzugeben, dass ein Schädiger nach der st. Rspr. des BGH nur jene durch das Schadensereignis verursachten Rechtsanwaltskosten zu ersetzen hat, die aus der Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren (BGH zfs 2006, 448 = NJW 2006, 1065 Rn 5 = RVGreport 2006, 236 (Hansens) und NJW 2004, 444, 446, jeweils m.w.N.). Ist der Gläubiger [Anm. der Schriftleitung: gemeint ist der Schuldner] bekanntermaßen zahlungsunwillig und erscheint der Versuch einer außergerichtlichen Forderungsdurchsetzung auch nicht aus sonstigen Gründen erfolgversprechend, sind die dadurch verursachten Kosten nicht zweckmäßig (vgl. OLG Celle AGS 2008, 161 = JurBüro 2008, 319; OLG Hamm NJW-RR 2006, 242, 243; OLG München WM 2010, 1622, 1623). Insoweit kommt es allerdings auf die (Gesamt-)Umstände des Einzelfalls an, deren Würdigung dem Tatrichter obliegt (vgl. Senatsurteil WM 2012, 1337 Rn 70 = NJW 20012, 2437). …
[60] B. 3. Ohne Erfolg wendet sich die Anschlussrevision gegen die Beurteilung des BG, der Zedent habe Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe einer Geschäftsgebühr von nur 1,3 (Nr. 2300 VV RVG).
[61] Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt nach § 14 Abs. 1 S. 1 RVG die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände nach billigem Ermessen. Ist die Gebühr – wie hier – von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung gem. § 14 Abs. 1 S. 4 RVG nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (BGH NJW 2011, 2509, 2511 = RVGreport 2011, 303 (Hansens)). Im Falle der Unbilligkeit wird die Gebühr nach § 315 Abs. 3 S. 2 BGB vom Gericht durch Urteil bestimmt (Onderka in AnwaltKommentar RVG, 6. Aufl., § 14 Rn 78; Römermann in Hartung/Römermann/Schons, RVG, 2. Aufl., § 14 Rn 92). Eine solche Überprüfung und Bestimmung der Gebühr ist in erster Linie Sache des Tatrichters und deshalb revisionsrechtlich nur eingeschränkt dahingehend überprüfbar, ob das BG den Begriff der Billigkeit verkannt, die gesetzlichen Grenzen seines Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (BGH NJW 2011, 2509, 2511 f.; vgl. auch BGH NJW-RR 2007, 420 Rn 5 = RVGreport 2007, 21 (Hansens) = zfs 2007, 102; zu § 315 BGB vgl. BGH NJW 1996, 1054 = WM 1996, 445 f. und BGHZ 115, 311, 321). Solche Rechtsfehler zeigt die Anschlussrevision nicht auf.
[62] Die Gebühr ist durch eine Gesamtabwägung aller nach § 14 Abs. 1 S. 1 RVG maßgeblichen Umstände des Einzelfalls zu bestimmen (Hartmann, KostG, 42. Aufl., § 14 RVG Rn 18). Soweit das BG hierbei berücksichtigt, dass der Klägervertreter neben dem Zedenten eine Vielzahl von Anlegern in Parallelverfahren vertreten hat, begegnet das keinen revisionsrechtlichen Bedenken. Die Bekl. hat unbestritten vorgetragen, dass der Klägervertreter vorgerichtlich in den zahlreichen Parallelverfahren sämtlich (und ausschließlich) dasselbe standardi...