VVG §§ 43 ff.; AKB 2.6.1.
Leitsatz
Der freiwillige Abschluss einer Differenzkaskoversicherung (GAP-Deckung) führt in einem Fall, in dem der Leasingvertrag für den Fall der Entwendung oder des Totalschadens einen Verzicht auf die Erstattung des Unterschieds zwischen dem Ablösewert und dem Wiederbeschaffungswert enthält, nicht zu einem Anspruch des Leasinggebers auf Auszahlung der Differenzkaskoentschädigung.
(Leitsatz der Schriftleitung)
OLG Bamberg Urt. v. 13.12.2012 – 1 U 85/12
Sachverhalt
Die Kl., Rechtsnachfolgerin der A Leasing GmbH, begehrt von der Bekl. aus abgetretenem Recht Leistungen aus 13 Kaskoversicherungsverträgen. Jene 13 von der Kl. im Einzelnen bezeichneten VN hatten ihre Fahrzeuge bei der A Leasing GmbH geleast und bei der Bekl. kaskoversichert. Die Fahrzeuge wurden entwendet oder erlitten einen Totalschaden. Die Bekl. regulierte sämtliche Schadensfälle innerhalb von drei Monaten nach dem jeweiligen Schadenstag bis zur Höhe des jeweiligen Wiederbeschaffungswertes.
Die Leasingverträge enthalten unter "Leasing-Extra bei Totalschaden oder Diebstahl" folgenden Passus:
"Der Leasinggeber verzichtet im Falle eines Diebstahls oder einer von ihm ausgesprochenen Kündigung wegen Totalschadens auf die Differenz zwischen Ablösewert und Wiederbeschaffungswert, wenn die Versicherungsleistung binnen 3 Monaten ab Schadenstag bei ihm eingeht. Anderenfalls verbleibt es bei der Fälligkeit des Ablösewertes gem. Abs. X Ziff. 6 i.V.m. Abs. XV der AGB. Erfolgt die Auszahlung der Versicherungsleistung noch zu einem späteren Zeitpunkt, erstattet der Leasinggeber die Differenz zwischen Ablösewert und Wiederbeschaffungswert an den Leasingnehmer zurück. Das gilt nicht, wenn für das Fahrzeug Kasko-Versicherungsschutz mit einer Neupreisregelung besteht."
Die Differenz zwischen Ablösewert und Wiederbeschaffungswert beträgt in den 13 Fällen insgesamt 43.434,66 EUR.
Sämtliche mit der Bekl. abgeschlossene Kaskoversicherungsverträge beinhalteten unter A.2.6.1 der AKB der Bekl. eine sog. GAP-Deckung (Differenzkasko bei geleastem Pkw).
Das LG C hat der auf den "Differenzkaskobetrug" gerichteten Klage im Wesentlichen stattgegeben.
2 Aus den Gründen:
"… In der Sache erweist sich jedoch allein das Rechtsmittel der Bekl. als begründet, so dass auf ihren Antrag hin das angefochtene Endurteil abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen war …
2. Gegenstand der Fahrzeugversicherung (Kaskoversicherung) ist das Eigentümerinteresse an der Erhaltung des versicherten Fahrzeugs (vgl. BGHZ 30, 40; BGH VersR 1988, 949; BGH VersR 1994, 85). Daneben kann bei einer entsprechenden Vereinbarung, die durch Auslegung unter Berücksichtigung der erkennbaren Interessen des VN ermittelt werden muss, auch das Sachersatzinteresse Dritter versichert sein (BGH VersR 2008, 634). Gedeckt ist – falls nicht anders vereinbart – der unmittelbar am Fahrzeug entstehende Schaden, also nicht ein eventueller Sachfolgeschaden.
a. Die Kl. war als Leasinggeberin Eigentümerin der streitgegenständlichen Fahrzeuge. Bei den von ihren Leasingnehmern verpflichtend abzuschließenden Kaskoversicherungen handelt es sich deshalb um sog. Fremdversicherungen i.S.v. §§ 43 ff. VVG (§§ 74 ff. VVG a.F.). Damit sollte das Risiko der Kl. als Eigentümerin der Fahrzeuge abgedeckt werden, wenn auch das eigene Sacherhaltungsinteresse aller 13 Leasingnehmer mitversichert ist. Gleichwohl ist der auszugleichende Sachschaden in sämtlichen 13 Fällen der Leasinggeberin als Eigentümerin der entwendeten oder total beschädigten Fahrzeuge entstanden (vgl. BGH VersR 1993, 1223; OLG Köln RuS 2005, 459; OLG Hamm RuS 2012, 382; LG Köln Schaden-Praxis 2009, 26). Diesem Ergebnis steht auch nicht entgegen, dass das Sacherhaltungsinteresse der Leasing-/VN jeweils mitversichert ist, das darin besteht, dass sie nach dem Leasingvertrag für Untergang, Verlust und Beschädigung des Fahrzeuges haften, also der Leasinggeberin ggf. Schadensersatz schuldet. Wegen der Abdeckung des Risikos der Eigentümerin ist in der Kaskoversicherung deshalb auch für die Berechnung der Entschädigung auf die Leasinggeberin und nicht auf die Leasing- / VN abzustellen. Dem dient schließlich auch die regelmäßig – so auch vorliegend – vorgenommene Abtretung der Rechte aus den nicht von der Leasinggeberin als Eigentümerin, sondern geschäftsbedingungsgemäß von den Leasingnehmern abgeschlossenen Vollkaskoversicherungen (vgl. BGHZ 116, 278).
b. Das Interesse der Kl. als (Rechtsnachfolgerin der) Leasinggeberin lässt sich vorliegend anhand der Leasingverträge bestimmen, die sie mit ihren (13) Leasingnehmern abgeschlossen hat. Danach hat sie, wie sich Abschnitt X Ziff. 6, Abschnitt XV ihrer vertragsgegenständlichen AGB entnehmen lässt, im Falle des Totalschadens oder der Entwendung grds. Anspruch auf Ersatz des Ablösewertes. Allerdings hat die Kl. in den Leasingverträgen auf die sich in allen streitgegenständlichen Fällen ergebende Differenz zwischen Ablösewert und Wiederbeschaffungswert unter der Bedingung der Zahlung des Wiederbeschaffungswertes innerhalb von drei Monaten ausdrücklich verzichtet. D...