FeV § 11 Abs. 8 § 13 S. 1 Nr. 2e; Vorbemerkung Nr. 3 S. 3 zur Anlage 4 FeV; VwGO § 80 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 4, Abs. 3, Abs. 5
Leitsatz
1. Der Umstand, dass die Behörde die Anordnung der Beibringung des medizinisch-psychologischen Gutachtens auf eine unrichtige Ermächtigungsgrundlage gestützt hat, hat zur Folge, dass sich die Behörde nicht darauf berufen kann, die Nichteignung der betroffenen Kraftfahrers stehe gem. § 11 Abs. 8 S. 1 FeV fest.
2. Die Prüfung der Punkte “Einsicht in die Alkoholproblematik‘ und “ausreichend gefestigte Abstinenzmotivation‘ sowie die Zukunftsprognose obliegen nach dem System der FeV dem psychologischen Teil der medizinisch-psychologischen Untersuchung und werden dort von einem Psychologen mit der in der Anlage 14 zur FeV genannten Qualifikation und Berufserfahrung (u.a. mindestens einjährige Praxis in der Begutachtung der Eignung von Kraftfahrern in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung) durchgeführt.
(Leitsätze der Schriftleitung)
VG Oldenburg, Beschl. v. 21.2.2013 – 7 B 1799/13 (rechtskräftig)
Sachverhalt
Die ASt. wendet sich gegen die Entziehung ihrer Fahrerlaubnis.
Mit Strafbefehl v. 23.7.2007 verurteilte das AG die ASt. wegen einer Trunkenheitsfahrt mit mindestens 2,11 ‰ BAK und entzog ihr die Fahrerlaubnis.
Am 11.9.2008 beantragte die ASt. die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis. Nachdem die Begutachtungsstelle für Fahreignung des TÜV Nord in ihrem medizinisch-psychologischen Gutachten zu dem Ergebnis kam, dass aufgrund der ausreichend stabilen Alkoholabstinenz trotz der zuvor diagnostizierten Alkoholabhängigkeit nicht zu erwarten sei, dass sie erneut ein Kfz unter Alkoholeinfluss im Straßenverkehr führen werde, erteilte der AG der ASt. am 8.4.2009 wieder eine Fahrerlaubnis.
Mit Schreiben v. 28.6.2012 teilte das Polizeikommissariat B dem AG mit, dass aus dortiger Sicht die Überprüfung der Fahreignung der ASt. erforderlich sei. Unter anderem sei die ASt. am 1.3.2011, am 7.2.2012 und am 19.6.2012 wegen massiver Alkoholisierung polizeilich in Erscheinung getreten. Bei dem jüngsten Vorfall am 19.6.2012 sei die ASt. mit einer gemessenen AAK von 3,00 ‰ in die K-Klinik zwangseingewiesen worden.
Der AG ordnete mit Schreiben v. 4.7.2012 an, dass die ASt. zur Überprüfung ihrer Kraftfahreignung ein fachärztliches Attest eines Facharztes für Neurologie und Psychiatrie mit verkehrsmedizinischer Qualifikation und suchtmedizinischer Kompetenz oder eines Facharztes für Rechtsmedizin beizubringen habe. Dieses Gutachten solle folgende Fragen beantworten:
"Lässt sich die aus aktenkundigen Tatsachen begründete Annahme einer Alkoholabhängigkeit bestätigen? Finden sich, wenn keine Alkoholabhängigkeit vorliegt, Anzeichen für einen Alkoholmissbrauch? Hat Frau S ggf. die Alkoholabhängigkeit überwunden, liegt also eine stabile Abstinenz vor, ggf. seit wann?"
Mit Schreiben v. 16.7.2012 wandte sich die P-B-Klinik – Fachklinik für Abhängigkeitserkrankungen – in B an den AG und teilte mit, die ASt. befinde sich seit dem 27.6.2012 in stationärer Behandlung. Der leitende Abteilungsarzt Dr. G sei Facharzt für Innere Medizin sowie für Psychiatrie und Psychotherapie mit verkehrsmedizinischer Qualifikation und suchtmedizinischer Kompetenz und verfüge daher über die erforderlichen Qualifikationen für die Erstellung des geforderten ärztlichen Gutachtens. Er werde das geforderte Gutachten gegen Ende der stationären Behandlung der ASt. erstellen.
Am 15.10.2012 ging bei dem AG das Gutachten des Dr. G v. 8.10.2012 ein. Dieses Gutachten kam zu folgendem Ergebnis:
"Zusammenfassend ist das Vorliegen einer Alkoholabhängigkeit gutachterlich also zu bejahen, wobei entsprechend der Vorbemerkung zu Anlage 4 eine vom Regelfall abweichende Kompensationsmöglichkeit durch besondere Verhaltenssteuerungen und -umstellungen besteht und somit gutachterlich ein Fortbestehen der Fahrerlaubnis unter der Auflage, sich in den kommenden 12 Monaten unangekündigten laborchemischen Abstinenzkontrollen zu unterziehen, empfohlen wird, zumal sich aus den dargestellten Befunden und Verlaufsbeobachtungen die zuverlässige Abstinenzfähigkeit der Probandin unter kontrollierten Bedingungen gezeigt hat und zumal laut Führerscheinakte die aktuell relevanten polizeilichen Auffälligkeiten nicht mehr im Zusammenhang mit einer alkoholisierten Straßenverkehrsteilnahme standen."
Am 31.10.2012 sprach die ASt. mit ihrem Ehemann bei der Führerscheinstelle des AG vor. Bei dieser Vorsprache erklärte der Ehemann der ASt., er habe "große Bedenken ( … ), dass Frau S nun wieder trinkt, weil sie sich Sorgen um ihren Führerschein mache usw. Er habe auch Angst, dass sie wieder rückfällig wird, wenn ihr die Fahrerlaubnis entzogen wird. Dann würde sie wieder zu Hause sitzen und grübeln. Früher sei das auch alles so angefangen. Er wisse nicht, was man in der Therapie gemacht habe, für ihn sei keine Besserung eingetreten. Frau S käme nach wie vor schwer mit schwierigen Situationen klar."
Mit Schreiben vom 21.11.2012 ordnete der AG an, dass die ASt. bis zum 11.1.2013 gem. §§ 46, 13 Nr. 1e (gemeint wohl: ...