"… 1. Dem dem Betr. mit Bußgeldbescheid des Polizeipräsidenten in Berlin v. 1.3.2012 gemachten Vorwurf, die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 25 km/h überschritten zu haben, lag eine Geschwindigkeitsmessung mit dem Überwachungsgerät PoliScan Speed zugrunde, bei dem es sich um ein standardisiertes Messverfahren handelt (vgl. Senat, Beschl. v. 30.6.2010 – 3 Ws (B) 213/10 – juris Rn 9). Nachdem der Verteidiger des Betr. gegen den Bußgeldbescheid Einspruch eingelegt hatte, beraumte das AG Hauptverhandlungstermin auf den 5.7.2012 an. Mit am selben Tage bei Gericht eingegangenem Schriftsatz v. 12.6.2012 beantragte der Verteidiger des Betr. Akteneinsicht und erklärte, diese erstrecke sich ausdrücklich auch auf die Bedienungsanleitung zum Messgerät, da zur Überprüfung, ob das Gerät ordnungsgemäß bei der Messung eingestellt, insb., ob es entsprechend der von dem Hersteller vorgegebenen Weise auch verwendet und justiert worden sei, eine Prüfung der Vorgabewerte durch den Hersteller in der Bedienungsanleitung unerlässlich sei. Mit Faxschreiben v. 21.6.2012 forderte das AG vom Polizeipräsidenten in Berlin unter anderem die Bedienungsanleitung an, die am 27.6.2012 bei Gericht einging und als Beistück zu den Akten genommen wurde. Der Bedienungsanleitung war ein Vorblatt beigefügt, das die Überschrift “Achtung, Urheberrecht' enthielt sowie den Vermerk “Wurde nur für dienstliche Zwecke zur Verfügung gestellt'. Im Hauptverhandlungstermin v. 5.7.2012 beantragte der Verteidiger des Betr. zunächst, den nicht erschienenen Betr. von der Pflicht zum persönlichen Erscheinen zu entbinden. Diesem Antrag gab das Gericht statt. Ferner beantragte er, die Hauptverhandlung gem. §§ 265 Abs. 4, 228 Abs. 1 StPO i.V.m. § 46 OWiG auszusetzen und Akteneinsicht insb. in die Bedienungsanleitung des Messgeräts zu gewähren. Zur Begründung führte er an, er habe bereits mit Schriftsatz v. 12.6.2012 Akteneinsicht insb. im Hinblick auf die Bedienungsanleitung des Messgeräts beantragt. Eine derartige Akteneinsicht sei ihm nicht gewährt worden. Für eine ordnungsgemäße Verteidigung in der Hauptverhandlung sei die Einsichtnahme in die Bedienungsanleitung und die Besprechung mit dem Betr. zwingend notwendig. Da eine solche Vorbereitung nicht mehr möglich sei, sei wie beantragt zu entscheiden. Das Gericht lehnte den Antrag auf Aussetzung der Hauptverhandlung mit der Begründung ab, eine Akteneinsicht in die Bedienungsanleitung des Messgeräts sei zur Sachaufklärung nicht erforderlich. Es handele sich vorliegend um ein standardisiertes Messverfahren mit einem geeichten Gerät. Außerdem bestünden Bedenken gegen eine Aushändigung der Bedienungsanleitung, da es sich um ein urheberrechtlich geschütztes Werk handele und es vom Polizeipräsidenten in Berlin nur für dienstliche Zwecke zur Verfügung gestellt worden sei."
2. Dem Verteidiger des Betr. war Akteneinsicht auch in die Bedienungsanleitung des Messgeräts zu gewähren. Das Akteneinsichtsrecht ergibt sich aus § 46 Abs. 1 OWiG, § 147 StPO und umfasst auch Schriftstücke und Unterlagen, die für den Betr. als belastend oder entlastend von Bedeutung sein könnten. Dies ergibt sich aus dem Grundsatz der Aktenvollständigkeit und dient der Wahrung des rechtlichen Gehörs des Betr. Nur das Einsichtsrecht des Verteidigers in die Bedienungsanleitung eines Geschwindigkeitsmessgeräts ermöglicht es ihm und dem Betr., die Polizeibeamten, die die Messung vorgenommen haben, als Zeugen zu der ordnungsgemäßen Durchführung der Messung zu befragen und die ordnungsgemäße Bedienung des Gerätes nachzuvollziehen und zu überprüfen. Daher ist die Bedienungsanleitung, falls sie sich nicht bereits ohnehin bei den Akten befindet, in Original oder Kopie auf ein entsprechendes Akteneinsichtsgesuch des Verteidigers zu den Akten zu nehmen, damit dieser sie im Rahmen der ihm zu gewährenden Akteneinsicht einsehen kann (vgl. zu Anträgen auf Einsicht in die Gerichtsakte: LG Ellwangen DAR 2011, 418; LG Lübeck DAR 2011, 713; OLG Naumburg DAR 2013, 37; Cierniak, zfs 2012, 664; zu Anträgen auf Einsicht in die Akte der Verwaltungsbehörde: LG Dessau, Beschl. v. 24.5.2011 – 6 Qs 101/11 – juris; LG Frankfurt/Oder, Beschl. v. 23.7.2012 – 23 Qs 54/12 – juris; AG Kleve, Beschl. v. 3.8.2008 – 11 OWi 164/08 – juris; AG Schwelm, Beschl. v. 13.4.2010 – 64 OWi 18/10 (b) – juris; AG Ellwangen NZV 2011, 363; AG Oberhausen, Beschl. v. 20.12.2010 – 26 OWi 845/10 – juris; AG Bremervörde, Beschl. v. 6.9.2011 – 11 OWi 91/11 – juris; AG Karlsruhe, Beschl. v. 22.9.2011 – 1 OWi 127/11 – burhoff online; AG Gießen, Beschl. v. 23.9.2011 – 5602 OWi 56/11 – burhoff online; AG Düsseldorf, Beschl. v. 18.10.2011 – 312 OWi 306/11 (b) – burhoff online; AG Heidelberg, Beschl. v. 31.10.2011 – 3 OWi 510 Js 22198/11 – juris, zfs 2012, 172; AG Stuttgart, Beschl. v. 29.12.2011 – 16 OWi 3433/11 – juris; AG Hildesheim ZD 2012, 239; AG St. Wendel, Beschl. v. 1.2.2012 – 1 OWi 65 Js 1290/11 (167/11) – juris; AG Lüdinghausen DAR 2012, 156; AG Bamberg, Beschl. v. 4.7.2012 – 14 OWi 2311 Js 134...