" … II. … 1. Art. 16 Hs. 2 BayStrWG enthält zum Themenkomplex Beseitigung von Verunreinigungen eine Regelung zur unmittelbaren Ausführung sowie zur Kostenerhebung durch einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch (nicht zur Ersatzvornahme). Sie ist insoweit eine Sonderregelung gegenüber Art. 7 Abs. 3 LStVG sowie – was die Kostenerhebung durch Leistungsbescheid anbelangt – gegenüber Art. 2 Abs. 1 S. 1 i.V.m. Art. 10 KG. Damit handelt es sich um eine Regelung des besonderen Sicherheitsrechts."
2. Für sicherheitsrechtliche Regelungen gelten mangels eigener Vorschriften im Bayerischen Straßen- und Wegegesetz ergänzend die Vorschriften über die Richtung sicherheitsrechtlicher Maßnahmen. Diese sind in Art. 9 LStVG enthalten. Mithin beurteilt sich die Frage, gegen wen die Maßnahmen zu richten sind, danach, wer Störer im Sinn des Sicherheitsrechts ist.
3. Wer Verursacher i.S.d. Art. 16 Hs. 2 BayStrWG und damit Störer ist, entscheidet sich entgegen der Ansicht der Bevollmächtigten der Kl. keinesfalls nach zivilrechtlichen Verschuldensmaßstäben wie Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit. Diese spielen nach h.M. keinerlei Rolle dafür, gegen wen aus sicherheitsrechtlicher Sicht vorzugehen ist (vgl. nur BayVGH, Beschl. v. 26.9.1995 – 21 B 95.1527 – BayVBl 1996, 437/438; Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern zum Vollzug des Polizeiaufgabengesetzes – VollzBek – v. 28.8.1978 MABl S. 629, Art. 8 PAG Rn 8.5). Wesentlich ist vielmehr, wer Verantwortlicher (Störer) i.S.d. Art. 9 LStVG ist. Diese Frage beurteilt sich wiederum danach, wer durch sein Verhalten, seinen Zustand oder den Zustand einer ihm gehörenden Sache eine Gefahr hervorgerufen hat (vgl. VollzBek, Art. 7 PAG Rn 7.3 und Art. 8 PAG Rn 8.4). Dabei genügt es, dass dem Verantwortlichen (Störer) eine unmittelbare Verursachung im Rahmen des Gemeingebrauchs an der Straße (Art. 14 BayStrWG) zugerechnet werden kann (Theorie der unmittelbaren Verursachung; vgl. HessVGH, Urt.v. 4.9.1985 – 5 UE 178/85 – DVBl 1986, 783 f.; Götz, NVwZ 1987, 858/862 f.).
4. Eine solche unmittelbare Verursachung ist hier zu bejahen. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Kl. mit ihrem Kfz an dem Verkehrsunfall beteiligt war. Insoweit ist der Verschmutzer der Fahrbahn mindestens Zustandsstörer nach Art. 9 Abs. 2 S. 1, 2 LStVG. Ob die Kl. dabei ein zivilrechtliches (straßenverkehrsrechtliches) Verschulden trifft, ist auch deshalb unerheblich, weil sich diese Frage in erster Linie nach relativ komplexen Regelungen beurteilt, die im Zweifel erst in einem aufwendigen Verfahren von den Zivilgerichten abschließend ausgelegt werden. Die daraus herrührenden Unsicherheiten dürfen nicht in das öffentlich-rechtliche Verfahren der unmittelbaren Ausführung und Kostenerstattung hineingetragen werden. Die Behörde braucht insbesondere keine Prognose über den Ausgang des Zivilrechtsstreits zwischen den Unfallbeteiligten anzustellen.
Zudem spielen insoweit auch Fragen der Effektivität der Gefahrenabwehr wie etwa der Leistungsfähigkeit des einzelnen Verantwortlichen (Störers) und der Verwaltungspraktikabilität eine Rolle (vgl. BayVGH, Beschl. v. 13.5.1986 – 20 CS 86.338 – NVwZ 1986, 942/944 ff.; Beschl. v. 26.9.1995 – 21 B 95.1527 – BayVBl 1996, 437/438; Götz, NVwZ 1986, 858/863 f.). Denn die Kostenlast für die Wiederherstellung einer sauberen, verkehrssicheren Straße gem. Art. 16 BayStrWG soll im Interesse der Funktionsfähigkeit des Straßenverkehrs nicht der Straßenbaulastträger (Art. 9 BayStrWG) in dem Sinn tragen müssen, dass er die Kosten vorschießt, um sie erst in komplexen, mit Prozessrisiken belasteten Verfahren wieder einzutreiben. Vielmehr entspricht es der sicherheitsrechtlichen Zweckrichtung des Art. 16 BayStrWG, dieses Risiko in dem Sinn auf den Nutzer (Verkehrsteilnehmer) zu verlagern, dass die Kostenerstattung in Bezug auf den Verantwortlichen (Störer) entsprechend vereinfacht wird. Dem Verantwortlichen verbleibt der Ausgleich im Wege des Rückgriffs nach § 426 BGB. Dies ist nicht unangemessen (Art. 8 LStVG). Im Übrigen entspricht diese Lösung auch grundsätzlich dem Leitbild des § 7 StVG.
5. Vorliegend ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass die Kl. an dem Verkehrsunfall beteiligt war. Außerdem entspricht dies dem polizeilichen Unfallbericht. Da ihr zivilrechtlicher Verschuldensanteil von der Straßenbaubehörde nicht zu klären ist, hat die Bekl. die Kl. zu Recht in Anspruch genommen. Es handelt sich um eine angemessene Risikozurechnung. Ermessensfehler sind insoweit nicht ersichtlich, zumal die Bekl. entsprechend dem Normzweck des Art. 16 BayStrWG gehandelt hat.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 124a Abs. 5 S. 4 VwGO). … “
Hinweis: Art. 16 BayStrWG (Verunreinigung) lautet:
"Wer eine Straße über das übliche Maß hinaus verunreinigt, hat die Verunreinigung ohne Aufforderung unverzüglich zu beseitigen; andernfalls kann der Träger der Straßenbaulast die Verunreinigung auf Kosten des Verursachers beseitigen." Ähnliche, teils wortlautgleiche Regelungen (vgl. z.B. § 1...