" … Das LG hat die Klage mit Recht abgewiesen. Die Pfändung des Kl. ging ins Leere, weil der Deckungsanspruch nicht besteht."
In der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung hat der VR den VN bzw. den Mitversicherten von Schadensersatzansprüchen freizustellen, wenn durch den Gebrauch des Fahrzeugs Sachen beschädigt werden. Dass ein solcher Versicherungsfall vorliegt, ist aufgrund des Trennungsprinzips im Deckungsprozess anzunehmen, wenn ein entsprechender Schadensfall im Prozess über den Haftpflichtanspruch mit Bindungswirkung für den Haftpflichtversicherer festgestellt wird.
Hier steht aufgrund des rechtskräftigen Versäumnisurteils zwar fest, dass der Stv dem Kl. Schadensersatz zu leisten hat, weil er mit dem Fahrzeug, für das die Versicherung besteht, das Fahrzeug des Kl. beschädigt hat. Dieser Inhalt des Versäumnisurteils ergibt sich aus dem Tenor des Urteils und der ihm zugrunde liegenden Klageschrift. Das Ergebnis des Haftpflichtprozesses ist für den Haftpflichtversicherer, die Bekl., aber nicht bindend.
Zwar besteht die sog. Voraussetzungsidentität hinsichtlich der Voraussetzungen des Haftpflicht- und des Deckungsanspruchs, also hinsichtlich der Tatsache, dass der Stv am 28.5.2011 das Kfz des Kl. beschädigt hat und daraus die im Versäumnisurteil ausgesprochenen Schäden entstanden sind. Unter diesem Gesichtspunkt sind die Feststellungen des Haftpflichtprozesses für den Deckungsprozess im Allgemeinen (BGH VersR 2007, 641) und auch, soweit es sich um ein Versäumnisurteil handelt (BGH VersR 2003, 635), bindend.
Die Bindungswirkung entfällt aber, weil der Kl. und der Stv den Unfall arglistig vorgetäuscht haben, um eine Leistung der Bekl. zu erlangen.
Aufgrund des in erster Instanz eingeholten Gutachtens des Sachverständigen K ist bewiesen, dass der Schaden an dem Fahrzeug des Kl. nicht, wie der Kl. im Haftpflicht- und Deckungsprozess und der Stv gegenüber der Bekl. in dem übersandten Fragebogen behauptet haben, durch einen streifenden Anstoß beim Rückwärtsfahren verursacht worden sein kann. (wird ausgeführt)
Daraus, dass die Schäden nicht durch das behauptete Ereignis hervorgerufen worden sein können, ergibt sich zugleich die Arglist des Kl. Da der Stv sicher gewusst hat, dass der von ihm dargelegte Sachverhalt, also ein Streifunfall beim Ein- oder Ausparken, nicht zutrifft, ist für eine solche falsche Selbstbezichtigung kein anderer Grund denkbar als der, dem Kl. Ausgleich für einen aus anderer Ursache eingetretenen Schaden zu verschaffen. Das hat auch der Kl. nach den Umständen gewusst, weil der Stv ihm einen Vorteil verschaffen wollte und es nach der Lebenserfahrung auszuschließen ist, dass dies nicht auf einer gemeinsamen Absprache beruht.
Den Einwand, dass der Geschädigte und der VN bzw. der Versicherte hinsichtlich des schädigenden Ereignisses eine arglistigen Täuschung verübt haben, kann der VR, jedenfalls wenn er sich am Haftpflichtprozess nicht beteiligt hat, auch nach dessen rechtskräftigem Abschluss noch im Deckungsprozess erheben. Dies wird durch die Bindungswirkung nicht ausgeschlossen.
Grundsätzlich ist im Haftpflichtprozess zu entscheiden, ob und in welcher Höhe der VN, dem Dritten gegenüber haftet, und wird im Deckungsprozess geklärt, ob der VR dafür eintrittspflichtig ist (st. Rspr. des BGH, vgl. VersR 2007, 461; BGHZ 117, 345, 350; BGHZ 119, 276, 278). Notwendige Ergänzung dieses Trennungsprinzips ist die Bindungswirkung des rechtskräftigen Haftpflichturteils für den nachfolgenden Deckungsrechtsstreit. Sie bedeutet, dass das Ergebnis des vorangegangenen Haftpflichtprozesses für die Deckungsfrage verbindlich ist. Damit wird verhindert, dass die im Haftpflichtprozess getroffene Entscheidung und die zugrundeliegenden Feststellungen im Deckungsprozess erneut überprüft werden können (BGHZ 117, 345, 350; BGHZ 119, 276, 278 f.). Die Bindungswirkung folgt nicht aus der Rechtskraft des Haftpflichturteils, da der VR am Haftpflichtprozess nicht als Prozesspartei beteiligt ist, sondern aus dem Leistungsversprechen, das der Haftpflichtversicherer dem VN im Versicherungsvertrag gegeben hat. Dieser Vertrag verpflichtet den VR schlechthin zu der Hauptleistung, den Versicherten von den gegen ihn erhobenen Haftpflichtansprüchen Dritter und deren Folgen auf welche Weise auch immer freizuhalten. Der VR erhält dafür die Gegenleistung in Form des Versicherungsbeitrags. Der durch die üblichen Sanktionen des Versicherungsvertragsrechts gesicherte redliche Umgang des VN mit den vereinbarten Obliegenheiten schützt den VR auch angemessen in seinem Verhältnis zum VN (BGHZ 119, 276, 280 f).
Die Bindungswirkung gilt aber nicht uneingeschränkt.
Einschränkend wird angenommen, dass die Interessen des VR durch die Möglichkeit, Obliegenheiten zu vereinbaren und bei deren Verletzung Leistungsfreiheit zu beanspruchen, nicht in jedem Fall ausreichend geschützt sind und dass deshalb die Bindungswirkung mindestens davon abhängen soll, dass der VR die Möglichkeit gehabt hat, den Haftpflichtprozess für den VN zu führen (OLG Frankfurt, Urt. v. ...