Im Folgenden werden noch einige ausgewählte Entscheidungen rund um den Fahrzeugführerbegriff genannt.
Das OLG Frankfurt hatte einen Fall zu entscheiden, bei dem das Fahrzeug ohne Willen des auf dem Fahrersitz Sitzenden nach vorne fuhr. Das Gericht führt aus:
"Wer ohne seinen Willen bewirkt, dass sein Fahrzeug in Bewegung gerät (hier durch Betätigung des Anlassers bei eingelegtem Gang), "führt" das Fahrzeug nicht."
Hier hatte die Person auf dem Fahrersitz sitzend den Schlüssel im Zündschloss gedreht, ein Gang war eingelegt, aber die Kupplung wurde nicht getreten. Das Fahrzeug machte einen "Sprung" nach vorn und beschädigte ein anderes Fahrzeug. Für das Gericht hat auf jeden Fall die subjektive Komponente des Führenwollens nicht vorgelegen; ob es sich um ein In-Bewegung-Setzen handelte, ließ das Gericht offen.
So sah es auch das OLG Düsseldorf. Das Gericht stellte fest:
"Der Begriff des "Führens" in § 315c Abs. 1 Nr. 1a StGB setzt einen auf einem Willensakt beruhenden Bewegungsvorgang voraus, so dass insoweit fahrlässiges Handeln nicht nach § 315c Abs. 3 Nr. 2 StGB unter Strafe gestellt ist. Demnach ist – mangels Strafbarkeit des Versuchs – nicht zu belangen, wer im Zustand alkoholbedingter Fahruntüchtigkeit zuvor willentlich den Motor anlässt, den Bewegungsvorgang aber nicht willentlich auslöst (Bewegung des Fahrzeugs durch Starten des Motors, wobei übersehen wird, dass der Gang eingelegt ist)."
Viele Jahre zuvor musste sich das OLG Celle mit dem Thema befassen, als jemand das Fahrzeug für einen anderen startete und es sich versehentlich in Bewegung setzte. Die Richter halten fest:
"Wer nur den Motor anlässt und danach den Führersitz einem anderen überlassen will, "führt" das Fahrzeug nicht."
Wenn es um das Rollen der Räder geht, war für das OLG Brandenburg von Bedeutung, ob das Fahrzeug den Ort "wechselte". Hier steckte das Fahrzeug im Morast fest und kam nicht richtig von der Stelle. Die Richter sagen:
"Der vergebliche Versuch, ein im Waldboden feststeckendes Fahrzeug freizubekommen, stellt kein Führen eines Kraftfahrzeuges i.S.d. §§ 316, 315c StGB, § 24a StVG dar. Das gilt selbst im Fall minimaler Fortbewegung, sofern das Fahrzeug im Ergebnis nicht von seinem Standort fortbewegt wird."
So sieht es auch das OLG Karlsruhe.
Wenn es nicht um die "volle" Verantwortung geht, erscheint eine ältere Entscheidung des OLG Koblenz von Interesse. Das Gericht führt aus:
"Wird ein Pkw durch einen Menschen lediglich geschoben, so ist derjenige, der die Lenkung und Bremse des Fahrzeuges bedient, zwar Führer eines Fahrzeuges, nicht aber eines Kraftfahrzeuges. In diesem Falle kommt es für die Frage der alkoholbedingten Fahruntüchtigkeit nicht allein auf den Grenzwert von 1,3 Promille (heute 1,1 Promille) an, sondern es sind zusätzliche Beweisanzeichen erforderlich. Erhält der geschobene Pkw durch den Schiebevorgang dagegen einen solchen Schwung, dass er selbstständig einige Meter weiterrollt, wobei er vom Täter gelenkt wird, so liegt ein Führen eines Kraftfahrzeuges vor."
Wie sieht es nun aus, wenn die Arbeit geteilt wird? Wenn jemand ins Lenkrad greift? Dazu führt das OLG Köln aus:
"Wer in trunkenheitsbedingt fahrlässiger Verkennung der Verkehrssituation und in einem derart zustande kommenden Putativnotstand als Beifahrer dem Kraftfahrzeugführer ins Steuer greift und einen Unfall herbeiführt, macht sich zwar nicht der fahrlässigen Verkehrsgefährdung (§ 315c Abs. 1 Nr. 1a und Abs. 3 StGB) und auch nicht des fahrlässigen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr (§ 315b Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 5 StGB) schuldig, wohl aber einer Ordnungswidrigkeit nach § 1 StVO, § 2 Abs. 1 StVZO (im Anschluss an OLG Hamm NJW 69, 1975)."
Wichtig ist hierbei, wenn man die gesamte Begründung liest, dass es nur um das kurze Ins-Lenkrad-Greifen ging. Lenkt jemand über eine längere Strecke und jemand anderes übernimmt die weiteren Fahrzeugfunktionen, kann dieser sehr wohl zum (Mit-)Führer des Fahrzeugs werden.
Interessant in diesem Zusammenhang könnten auch Entscheidungen dazu sein, wie es mit dem Führerbegriff der Person aussieht, sobald das Fahrzeug abgestellt ist. Ist die Person, die das Fahrzeug abstellt, noch Führer des Fahrzeugs, wenn sich dieses danach selbstständig in Bewegung setzt, sofern die Person es gegen Wegrollen nicht ausreichend gesichert hat? Dazu der BGH:
"Unterlässt es ein Kraftfahrer, der sein Fahrzeug auf abschüssiger Straße abstellt, infolge alkoholbedingter Fahruntüchtigkeit, Maßnahmen gegen das Abrollen des Fahrzeugs zu treffen, so kann er schon dadurch eine Gemeingefahr i.S.d. § 315a Abs. 1 Nr. 2 StGB herbeiführen. Entgegen der Meinung des OLG Stuttgart (NJW 60, 1484) ist der Senat der Ansicht, dass auch noch die vom Fahrzeugführer nach dem Anhalten zu treffenden Maßnahmen, zu denen er beim Verlassen des Fahrzeugs nach § 20 StVO verpflichtet ist, zum "Führen" eines Fahrzeugs gehören."
Das OLG Stuttgart hatte zuvor gesagt, § 315a Abs. 1 Nr. 2 StGB setze voraus, dass die Gemeingefahr nicht nur durch das Führen...