" … Die zulässige Berufung des Bekl. hat in der Sache Erfolg. Das angefochtene stattgebende Urteil ist abzuändern, weil die Klage im vollen Umfang abzuweisen ist. Die Kl. hat keinen Anspruch auf Schadensersatz gem. §§ 823, 828, 249 BGB, 25 Abs. 3 StVO. Den Beweis für die einen solchen Anspruch begründende unerlaubte Handlung durch den Bekl. muss der Kl. als Anspruchsteller führen, was ihm nicht gelungen ist. Im Einzelnen:"
1. Eine unerlaubte Handlung des Bekl. durch einen haftungsbegründenden Verstoß gegen § 25 Abs. 3 StVO läge nur dann vor, wenn dieser unter Missachtung einer für ihn “Rot’ zeigenden Ampel die Straße überquert hätte, was von ihm bestritten wird. Die Beweislast hierfür liegt beim Kl. Das AG hat es nach durchgeführter Beweisaufnahme als erwiesen angesehen, dass der Bekl., ohne auf die Lichtzeichenanlage zu achten, die Straße überquert hat, was letztlich zu dem Schaden beim Kl. geführt hat. Dies ist nicht frei von Rechtsfehlern, denn zu Recht rügt der Bekl. mit der Berufung, dass die Aussagen der Polizeibeamten hierzu vom AG nicht hätten verwertet werden dürfen, weil diese bei Vernehmung des Bekl. am Unfallort gegen ihre Belehrungspflicht verstoßen haben.
Zum Zeitpunkt der Unfallaufnahme waren die Polizeibeamten verpflichtet, den Bekl. zu belehren, weil sie ihn als Unfallversursacher und damit auch als Beschuldigten einer Ordnungswidrigkeit vernommen haben, §§ 46 OWiG, 136 StPO. Dabei war bei dem minderjährigen Bekl. zusätzlich eine Belehrung erforderlich, dass er berechtigt ist, vor einer Aussage zur Sache seine Eltern zu kontaktieren, § 67 JGG. Diese gesetzliche Regelung beruht auf der kriminologisch gesicherten Erkenntnis, dass jugendliche Beschuldigte gegenüber Erwachsenen eine deutlich höhere “Geständnisfreudigkeit’ aufweisen, also in geringerem Umfang in der Lage sind, auch bei ansonsten korrekter Belehrung über das Schweigerecht von ihrer Aussagefreiheit dahingehend Gebrauch zu machen, auf Angaben zur Sache möglicherweise zu verzichten. Das Recht auf Konsultation der Erziehungsberechtigten bzw. gesetzlichen Vertreter, welches in § 67 Abs. 1 und 2 JGG seinen Niederschlag findet, trägt zumindest auch und insb. diesem Umstand Rechnung und steht deshalb in unmittelbarem Zusammenhang mit der Entschließungsfreiheit des jugendlichen Beschuldigten in Bezug auf seine Rechte gem. §§ 136, 163 a StPO (LG Saarbrücken, Urt. v. 31.7.2009 – 3 Ns 20 Js 26/08 (32/09), 3 Ns 32/09, Rn 22, juris)
Aus den Angaben der Polizeibeamten im Rahmen ihrer Vernehmung vor dem AG ergibt sich jedoch, dass diese den Bekl. tatsächlich nicht über sein Konsultationsrecht belehrt haben.
Im hier zu entscheidenden Fall führt das bestehende Beweiserhebungsverbot (keine Vernehmung zur Sache ohne ordnungsgemäße Belehrung) auch zu einem Beweisverwertungsverbot im Zivilprozess mit der Folge, dass das AG die Vernehmung der Polizeibeamten als Zeugen für seine Überzeugungsbildung nicht hätte verwerten dürfen.
Nach der Rspr. des BGH ist die strafprozessuale Belehrung des Beschuldigten (wegen § 46 OWiG auch jene nach dem Recht der Ordnungswidrigkeiten) zwar nicht darauf gerichtet, diesen auch vor einer zivilrechtlichen Verfolgung zu schützen. Vielmehr soll sie den Beschuldigten allein davor bewahren, aktiv zu seiner strafrechtlichen Verfolgung beitragen zu müssen. Daher kann das Beweisverwertungsverbot des Strafprozesses jedenfalls nicht ohne weiteres auf den Zivilprozess übertragen werden. Entscheidend ist aber eine Interessen- und Güterabwägung im Einzelfall (BGH, Urt. v. 10.12.2002 – VI ZR 378/01), wobei hier nach Auffassung der Kammer den Interessen des Bekl. ausnahmsweise der Vorrang einzuräumen ist. Die Kammer verkennt dabei nicht das überaus beachtliche Interesse des Kl. an der Wahrheitsfindung durch das erkennende Gericht, welchem nach den oben aufgezeigten Maßstäben des BGH im Zivilprozess jedenfalls grds. auch der Vorrang gebührt. Die Kammer hat auch berücksichtigt, dass dem Kl. an dem Umstand, dass hier ein Beweisverwertungsverbot im Raume steht, kein Verschulden trifft. So kann im Gegenteil das Verhalten des Kl. im Rahmen der Unfallaufnahme unter keinem Gesichtspunkt beanstandet werden. Dennoch sprechen hier die folgenden Erwägungen aus Sicht der Kammer allein für ein Beweisverwertungsverbot:
Maßgeblich ist insoweit, dass der Bekl. zum Zeitpunkt seiner Vernehmung minderjährig war. So betraf insb. auch die die Kammer leitende Entscheidung des BGH (BGH a.a.O.) gerade keine Konstellation, in der ein Minderjähriger beteiligt gewesen wäre. Dieser Umstand verdient aber nach Auffassung der Kammer – in Übereinstimmung mit dem Vorbringen der Berufung – im Rahmen der hier erforderlichen Abwägung eine besondere Beachtung. Wegweisend für den Zivilprozess ist § 455 ZPO, wonach eine parteiverantwortliche Vernehmung von Minderjährigen bis zum vollendeten 16. Lebensjahr zu unterbleiben hat, und an ihrer Stelle ausschließlich die gesetzlichen Vertreter zu vernehmen sind. Das spricht dafür, dass auch im Zivilprozess eine “verantwortliche’ Aussage Min...