Das als Hilfsmittel bei der Prüfung der in Versicherungsanträgen gemachten Angaben und bei der Aufklärung von Schadensfällen mit Manipulationsverdacht im Jahre 2011 grundlegend neu installierte Hinweis- und Informationssystem (Informa HIS) führt dazu, dass Versicherer wohl inzwischen jeden abgerechneten Vorschaden kennen.
Angesichts dieser Informationslage und den strengen Anforderungen an die Darlegungs- und Substantiierungslast des Geschädigten wird wohl in Zukunft der Vorschadensproblematik höchste Priorität einzuräumen sein.
Angesichts der Fülle an obergerichtlichen Entscheidungen und der vielen einzelnen Fallgruppen (unreparierte Vorschäden und angeblich reparierte Vorschäden außerhalb und innerhalb des Neuschadenbereichs) ist dem Geschädigten-Anwalt zu raten, bei der Mandatsannahme – insb. bei älteren Fahrzeugen – die Vorschadensfrage schon im Erstgespräch zu erörtern und zu dokumentieren, sich ggf. Kaufverträge und/oder Rechnungen vorlegen zu lassen.
Zu klären ist dabei nicht nur, ob dem Versicherer gegenüber bereits der Mandant die Frage nach Vorschäden beantwortet hat, sondern ob diese Problematik auch gegenüber dem Schadensgutachter offengelegt wurde. Bei fehlenden oder falschen Angaben muss der Geschädigten-Anwalt nicht nur den Sachverständigen unter Weiterleitung der Angaben zur Nachbesserung auffordern (am besten das Erstgutachten auch nicht vorlegen), sondern gegenüber dem Versicherer eine Korrekturanzeige, ggf. eine Neuberechnung des Schadens vornehmen.
Andernfalls kann dies zum einen dazu führen, dass die haftungsausfüllende Kausalität und die Bemessung des Fahrzeugschadens durch den Versicherer in Frage gestellt wird, zum anderen kann auch der Ersatz von Sachverständigenkosten mangels brauchbaren Gutachtens, aber auch Rechtsverfolgungskosten nicht oder nicht vollständig ausgeglichen werden.
Im Kern jedoch gelten weiterhin die nach wie vor gültigen Grundsätze des BGH, nämlich, dass eine Klage auf Schadenersatz aus einem Verkehrsunfall nicht allein mit der Begründung abgewiesen werden kann, dass der Geschädigte auch den Ersatz von Schäden verlangt, die nach Überzeugung des Gerichts nicht aus dem Unfallereignis herrühren (BGH DAR 90, 224 bzw. zfs 90, 258). Außerdem, dass für den Nachweis der haftungsausfüllenden Kausalität und der Bemessung des Schadens der Beweismaßstab des § 287 ZPO anzuwenden ist (BGH NJW 81, 1454), und dass der Unsicherheit, ob Vorschäden durch den streitgegenständlichen Unfall überdeckt worden sind, bei einer Schätzung nach § 287 ZPO sogar durch einen angemessenen Abschlag Rechnung getragen werden kann (BGH a.a.O.).