StVG § 7 Abs. 1
Leitsatz
Gerät ein ca. sieben Stunden zuvor zum Parken abgestelltes Fahrzeug durch Selbstentzündung in Brand, sind hierdurch verursachte Schäden nicht mehr dem Betrieb dieses Fahrzeugs zuzurechnen.
LG Köln, Urt. v. 5.10.2017 – 2 O 272/16
Sachverhalt
Der Kl. hatte einen angeblich in seinem Eigentum stehenden Pkw Maserati mit einem Überführungskennzeichen in einer Tiefgarage abgestellt und monatelang nur gelegentlich bewegt.
Der Schwiegersohn des Kl. parkte am 24.12. des Unfalljahrs einen bei der Bekl. haftpflichtversicherten Bus in der Tiefgarage neben dem Maserati. Beide Fahrzeuge befanden sich in einer Parkbox mit zwei Stellplätzen, die nach hinten sowie zu beiden Seiten von Betonwänden umgeben sind. Die Fahrzeugfronten wiesen in Richtung Fahrweg. Einer Videoaufzeichnung aus der Tiefgarage läßt sich am Tage des Abstellens gegen 23:49 Uhr ein erstes leichtes Flackern im Bereich des Busses entnehmen. Um 23:53 Uhr war eine deutliche Rauchentwicklung aus der Motorhaube erkennbar. Kurz danach treten Flammen über dem rechten Scheinwerfer des Busses hervor. Die kurz danach auftretende starke Rauchentwicklung ließ keine Entwicklung der Flammen mehr erkennen. Nach Abbruch der Videoaufzeichnung am 25.12. gegen 00:01 Uhr brannte der Maserati infolge Übergreifen des Brands aus.
Das LG ging in bewusster Abweichung von der Auffassung des BGH in der Entscheidung vom 21.1.2104 (VI ZR 253/13; zfs 2014, 267) davon aus, dass der Brand des Maserati nicht dem Betrieb des haftpflichtversicherten Busses zuzurechnen sei.
2 Aus den Gründen:
" … Die Klage ist unbegründet. (…)"
Solche Ansprüche könnten sich allein aus § 7 Abs. 1 StVG ergeben. Sie setzen voraus, dass der Brand des Maserati “bei dem Betrieb eines Kfz' entstanden ist, hier also bei dem Betrieb des VW-Busses.
Nach st. Rspr. des BGH ist das Merkmal “bei dem Betrieb' weit auszulegen. Es ist nicht nötig, dass das Kfz im Moment der Schadensverursachung fährt, sondern es reicht ein naher örtlicher und zeitlicher Kausalzusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kfz, z.B. die Selbstentzündung infolge vorausgegangener Fahrt (BGH, Urt. v. 27.11.2007 – VI ZR 210/06, r+s 2008, 212 Rn 12). Allein der Umstand, dass Kfz wegen der mitgeführten Betriebsstoffe oder der verwendeten Materialien leicht brennen, genügt hingegen nicht (BGH a.a.O.).
Es kann dahinstehen, ob der VW-Bus ohne Verursachung durch Personen oder andere Geräte in Brand geriet, wie der Kl. behauptet. Wenn eine Selbstentzündung vorläge, dann hätte sie sich sieben oder acht Stunden nach dem Abstellen des Kfz ereignet. Es fehlt am nahen zeitlichen Zusammenhang mit seinem Betrieb. Nach Ablauf dieser Zeit war keine Betriebseinrichtung des Kfz mehr tätig und der Motor nicht mehr warm. Nachwirkungen der letzten Fahrt gab es nicht mehr.
Allerdings hat der BGH seine Rspr. in jüngerer Zeit geändert. Seinem Urteil vom 21.1.2014 (VI ZR 253/13, r+s 2014, 194) lag ein Fall zugrunde, in dem ein Kfz mehr als 24 Stunden nach dem Abstellen durch Selbstentzündung in Brand geraten war. Nach den Gründen der Entscheidung soll es rechtlich keinen Unterschied machen, ob ein Brand – unabhängig vom Fahrbetrieb selbst – vor, während oder nach einer Fahrt auftritt: Die Haftung des § 7 Abs. 1 StVG soll nicht auf Schadensfolgen begrenzt sein, die durch den Fahrbetrieb selbst und seine Nachwirkungen verursacht worden sind.
Diese Entscheidung, die sich als Abgrenzung zum Urteil des BGH vom 27.11.2007 versteht, setzt sich in Widerspruch zu diesem. Sie verzichtet auf das Merkmal “naher zeitlicher Zusammenhang mit einem Betriebsvorgang' und versteht den Begriff “bei dem Betrieb' als “durch den Betrieb oder eine Betriebseinrichtung'. Damit sind die Grenzen der Auslegung überschritten. Das Wort “bei' hat einen anderen Sinngehalt als das Wort “durch'. “Bei' erfordert einen nahen zeitlichen – und örtlichen – Zusammenhang mit dem Betriebsvorgang.
Soweit der BGH sein Urteil vom 21.1.2014 damit begründet, andernfalls liefe die Haftung aus § 7 Abs. 1 StVG leer, wenn “unabhängig von einem Betriebsvorgang allein ein technischer Defekt einer Betriebseinrichtung' einen Schaden verursacht, vermag dies nicht zu überzeugen. Die Norm läuft bei bloßen technischen Defekten von Betriebseinrichtungen nicht leer, sondern sie erfasst sie nicht. Sofern man darin eine Haftungslücke sieht, kann diese nicht im Wege der Auslegung geschlossen werden, sondern für durch Änderung des Gesetzes. Ein praktisches Bedürfnis hierfür kann das Gericht allerdings nicht erkennen. Spontane Selbstentzündungen von – seit längerem – abgestellten Kfz sind sehr selten. Wenn ein abgestelltes Fahrzeug in Brand gerät, liegt in den meisten Fällen Brandstiftung vor. … “
3 Anmerkung:
Vgl. BGH, Urt. v. 21.1.2014 – VI ZR 253/13, zfs 2014, 257.
1. Die zutreffende Einordnung der Fälle übergreifender Brände von Kfz setzt die Abgrenzung der sehr unterschiedlichen Situationen übergreifender Brände voraus. Aus der Haftung nach § 7 StVG können die Fälle der Brandstiftung des versicherten Fahrzeugs durch Dritte un...