" … Gem. § 832 Abs. 1 S. 1 BGB ist derjenige, der kraft Gesetzes zur Führung der Aufsicht über eine Person verpflichtet ist, die wegen Minderjährigkeit oder wegen ihres geistigen oder körperlichen Zustands der Beaufsichtigung bedarf, zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den diese Person einem Dritten widerrechtlich zufügt."
Danach sind die Bekl., deren Aufsichtspflicht als Eltern ihrer zum Zeitpunkt des Schadenseintritts neunjährigen Tochter J aus §§ 1626, 1631 BGB folgt, zum Schadensersatz in dem geltend gemachten Umfang verpflichtet.
[8] Denn J hat dem Kl. widerrechtlich einen Schaden zugefügt, indem sie dessen Fahrzeug, durch eine tatbestandsmäßige und rechtswidrige Handlung i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB beschädigt hat.
[9] Der durch die Kollision von J mit dem Pkw des Kl. entstandene Schaden – d.h. die Verletzung seines Eigentums gem. § 823 Abs. 1 BGB – ist zwischen den Parteien unstreitig.
[10] Die Eigentumsverletzung erfolgte auch durch eine tatbestandsmäßige Handlung von J.
[11] Soweit die Berufung in diesem Zusammenhang rügt, das AG sei bei Verwertung der in dem vorausgegangenen Rechtsstreit 25 C 301/14 durchgeführten Zeugenvernehmung im Wege des Urkundenbeweises an das im Vorprozess gewonnene Beweisergebnis gebunden und demgemäß gehalten gewesen, zu dem gleichen Beweisergebnis zu gelangen – d.h. der Annahme einer lediglich reflexartigen Bewegung von J – trifft dies nicht zu. Vielmehr ist das AG auch bei Verwertung der in dem Vorprozess durchgeführten Zeugenvernehmungen hinsichtlich der Würdigung der Beweisergebnisse in dem vorliegenden Rechtsstreit frei. Dies folgt unmittelbar aus § 286 ZPO, wonach das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden hat, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. Eine Einschränkung dieses Grundsatzes der freien Beweiswürdigung in der von den Berufungsführern bezeichneten Weise kennt das Gesetz hingegen nicht.
[12] Darüber hinaus bestehen auch keinerlei konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Feststellungen des AG in dem angefochtenen Urteil unrichtig oder unvollständig sein könnten, sodass die Kammer gem. § 529 Abs. 1 ZPO an diese gebunden und demgemäß von einer tatbestandsmäßigen Handlung von J i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB auszugehen ist. Nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme – dies meint der Verwertung der Zeugenaussagen aus dem Vorprozess im Wege des Urkundenbeweises – ist es nicht zu beanstanden, dass das AG von einer willensgesteuerten Handlung von J ausgegangen ist. Denn danach hat J zunächst bemerkt, dass sie sich mit ihrer Hose in der Fahrradkette bzw. dem äußeren, vorderen Zahnkranz ihres Fahrrads verfangen hat, ehe sie sich dazu entschied, den Blick nach unten zu richten, wodurch sie letztlich den Lenker verriss und gegen den geparkten Pkw des Kl. geriet.
[13] Da im Rahmen des § 823 BGB die Rechtswidrigkeit der Rechtsgutverletzung durch die tatbestandsmäßige Handlung indiziert wird, erfolgte die Eigentumsverletzung durch J auch rechtswidrigerweise. Rechtsfertigungsgründe sind nämlich weder vorgetragen noch sonst wie ersichtlich.
[14] Die Haftung der Bekl. ist nicht nach § 832 Abs.1 S. 2 BGB ausgeschlossen.
[15] Danach tritt die Ersatzpflicht des Aufsichtspflichtigen für den vom Aufsichtsbedürftigen verursachten Schaden nicht ein, wenn er (d.h. der Aufsichtspflichtige) seiner Aufsichtspflicht genügt oder wenn der Schaden auch bei gehöriger Aufsichtsführung entstanden sein würde.
[16] Die Voraussetzungen dieses Entlastungstatbestands – hinsichtlich derer die Bekl. darlegungs- und beweisbelastet sind – liegen indes nicht vor.
[17] Vielmehr ist in Ansehung sämtlicher Umstände des zur Entscheidung vorliegenden Einzelfalls von einer Aufsichtspflichtverletzung der Bekl. auszugehen.
[18] Aufsicht bedeutet, den Aufsichtsbedürftigen zu beobachten und zu überwachen, zu belehren und aufzuklären, falls erforderlich bzgl. seines Verhaltens zu leiten und zu beeinflussen. Die insoweit gebotene Intensität der Aufsicht richtet sich einerseits nach der Person des Aufsichtsbedürftigen, seinen Kenntnissen und Fähigkeiten, andererseits nach dem Ausmaß der Gefahr, die von der konkreten Situation für Rechtsgüter Dritter ausgeht und somit nach den besonderen Gegebenheiten des konkreten Falls (Palandt/Sprau, BGB, 76. Aufl. 2017, § 832 Rn 9 m.w.N.). Bei Minderjährigen bestimmt sich das Maß der gebotenen Aufsicht nach Alter, Eigenart und Charakter des konkreten Kinds, dem örtlichen Umfeld, dem Ausmaß der drohenden Gefahren, der Voraussehbarkeit schädigenden Verhaltens sowie der Zumutbarkeit für den Aufsichtspflichtigen. Das heißt insgesamt danach, was verständige Eltern vernünftigerweise in der konkreten Situation an erforderlichen und zumutbaren Maßnahmen treffen müssen, um Schädigungen Dritter durch ihr Kind zu verhindern (Palandt/Sprau, § 832 Rn 10 m.w.N.).
[19] Zwar ist es danach – die von den Bekl. behauptete und vom Kl. bestrittene Geübthei...