Das OLG Stuttgart bestätigte, dass im Antrag auf Entscheidung im schriftlichen Verfahren zugleich ein Entbindungsantrag i.S.d. § 73 OWiG gesehen werden kann. Dennoch muss der Verteidiger – insbesondere auf Nachfrage des Gerichts – auch klarstellen, dass er für den Fall, dass das Gericht nicht nach § 72 OWiG vorzugehen gewillt ist, die Entbindung tatsächlich begehrt und die Gründe hierfür anführen.
Eine ebenfalls den Entbindungsantrag betreffende Entscheidung hat das KG Berlin zur Vertretungsvollmacht getroffen: Die Erteilung der umfassenden Vertretungsvollmacht bedarf keiner besonderen Form und kann auch mündlich erfolgen. Wenn der Betroffene seinen Verteidiger im Bußgeldverfahren umfassend bevollmächtigt, schließt diese Erklärung die Ermächtigung des Verteidigers ein, die Vollmachtsurkunde im Namen des Betroffenen zu unterschreiben. Dass der Betroffene die schriftliche Vollmacht nicht selbst unterzeichnet hat, ist unschädlich.
Das OLG Bamberg musste mehrfach die Selbstverständlichkeit in Erinnerung rufen, dass die Entscheidung über den Entbindungsantrag nicht in das Ermessen des Gerichts gestellt ist. Das Gericht muss dem Antrag entsprechen, wenn nicht die Aufklärungspflicht die Anwesenheit des Betroffenen unverzichtbar macht. Selbst eine Verpflichtung des Betroffenen zur Erteilung der für die Frage der Verhältnismäßigkeit der Verhängung eines Fahrverbotes erforderlichen Auskünfte besteht nicht. Das OLG Stuttgart ergänzte diese Thematik um die Nuance, dass der Antrag des Betroffenen nicht wegen der rein theoretischen Möglichkeit eines falschen Geständnisses abgelehnt werden kann, solange konkrete Anhaltspunkte für ein falsches Geständnis fehlen.
Das OLG Dresden befasste sich mit einem Folgeproblem des bereits entbundenen Betroffenen, nämlich das sich dieser eines Anwalts seines Vertrauens bedienen darf. Eine Versagung rechtlichen Gehörs kann darin liegen, dass der Tatrichter den rechtzeitig eingegangenen Verlegungsantrag des Verteidigers schon nicht zur Kenntnis genommen hat. Dies ist insofern interessant, als dass bereits entschieden wurde, dass die Ablehnung eines auf die Verhinderung des Verteidigers gestützten Terminsverlegungsantrags als solche den Schutzbereich des Art. 103 Abs. 1 GG gerade nicht berührt, so dass ein Verwerfungsurteil in diesem Fall "nur" verfahrensfehlerhaft wäre.
Wiederum das OLG Dresden entschied zu einem Sonderfall der Rechtsbeschwerdebegründung: Bescheidet das Gericht den vom Betroffenen rechtzeitig vor der Hauptverhandlung gestellten Entbindungsantrag nicht und befasst es sich auch im Verwerfungsurteil in keiner Weise mit dem Antrag, so liegt darin eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör. Auf den in der Rechtsbeschwerdebegründung fehlenden Vortrag, was der Betroffene im Falle seiner Anhörung zur Sache ausgeführt hätte, kommt es in diesem Fall nicht an; das Ersturteil ist wegen des Verfahrensfehlers aufzuheben.