"Der Kl. steht gegen die Bekl. kein Schadensersatzanspruch nach §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 S. 1 StVG, § 823 Abs. 1 BGB, § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG zu."
Wird ein Schaden durch mehrere Kfz verursacht und sind die beteiligten Fahrzeughalter einem Dritten kraft Gesetzes zum Ersatz des Schadens verpflichtet, so hängt im Verhältnis der Fahrzeughalter zueinander die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insb. davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist (§ 17 Abs. 1 StVG). Wenn der Schaden einem der beteiligten Fahrzeughalter entstanden ist, gilt Abs. 1 auch für die Haftung der Fahrzeughalter untereinander (§ 17 Abs. 2 StVG). Die Abwägung ist aufgrund aller festgestellten, d.h. unstreitigen, zugestandenen oder nach § 286 ZPO bewiesenen Umstände des Einzelfalls vorzunehmen, wenn sie sich auf den Unfall ausgewirkt haben; in erster Linie ist hierbei das Maß der Verursachung von Belang, in dem die Beteiligten zur Schadensentstehung beigetragen haben; das beiderseitige Verschulden ist nur ein Faktor der Abwägung (BGH NZV 2010, 293, 294 m.w.N.).
1. Darauf, ob der Unfall für den Bekl., wofür dieser beweisbelastet wäre, ein unabwendbares Ereignis gem. § 17 Abs. 3 StVG war, kommt es nicht an, weil, wie vom LG richtig angenommen, im Rahmen der Gesamtabwägung die verbleibende Betriebsgefahr des VW P gänzlich hinter dem durch das Verschulden des Zeugen H erhöhten Verursachungsbeitrags des Sattelzugs zurücktritt.
2. Das LG ist dabei zu Recht von einem Verstoß des Zeugen H gegen die Warteplicht bei Vorrecht des Gegenverkehrs gem. Verkehrszeichen 208 ausgegangen.
a) Ein solcher Verstoß, der für die Kollision auch ursächlich wurde, lag bereits vor, als der Sattelzugführer in die Engstelle einfuhr.
aa) Dabei ist der Erstrichter von dem zutreffenden Ansatz ausgegangen, dass das Verbot der Durchfahrt bei Gegenverkehr gem. Verkehrszeichen 208 den Verkehrsteilnehmer zum Unterlassen des Befahrens einer Engstelle verpflichtet, wenn nicht gewiss ist, dass der Gegenverkehr nicht behindert wird (vgl. BayObLG VRS 25, 365, 366). Diese Wartepflicht gilt unabhängig davon, wer die Engstelle zuerst erreicht, und ist auch dann zu beachten, wenn sich der Bevorrechtigte der Engstelle mit unzulässig hoher Geschwindigkeit nähert, sofern er bei Einfahrt des Wartepflichtigen auf dem übersehbaren Teil der vor ihm liegenden Fahrbahn erkennbar war (vgl. BayObLG VRS 26, 315, 316 f.).
bb) Nach den anhand des eingeholten Sachverständigengutachtens getroffenen Feststellungen des LG, die insoweit von der Kl. im Berufungsverfahren nicht mehr angegriffen werden, war der entgegenkommende VW P, auch unter Zugrundelegung der Variationsbreite der unfallanalytisch in Betracht kommenden Kollisions- (24 bis 69 km/h für den VW P und 28 bis 45 km/h für den Sattelzug) und Annäherungsgeschwindigkeiten (64 bis 109 km/h für den VW P) zweifelsfrei erkennbar, als der Zeuge H in die Engstelle einfuhr. Selbst wenn, was nicht feststeht, indes bei der Feststellung eines Verkehrsverstoßes des Zeugen H zu dessen Gunsten zugrunde zu legen ist, sich der VW P im Gegenverkehr mit bis zu 109 km/h der Engstelle genähert haben sollte, wäre dieser für den Zeugen H nach den Ausführungen des Sachverständigen ca. 40 Meter vor der Brücke – bei einer Sichtweite von bis zu 560 Meter, jedenfalls mehr als 230 Meter – zweifelfrei erkennbar gewesen, so dass er den Sattelzug auf seiner Fahrspur noch vor Erreichen des Brückenkopfes ohne Behinderung des Gegenverkehrs zum Stehen hätte bringen können.
cc) Der Einwand der Berufungsführerin, beim Einfahren des Sattelzugs in die Engstelle sei die Prognose gerechtfertigt gewesen, dass der Sattelzug die Brücke bereits vollständig verlassen haben würde, bevor der entgegenkommende Pkw diese erreicht, wenn letzterer (wie der Sattelzug) eine Gesamtgeschwindigkeit von 50 km/h bis 60 km/h eingehalten hätte, ist in tatsächlicher wie rechtlicher Hinsicht unbehelflich, weil der Zeuge H die Annäherungsgeschwindigkeit des VW P hätte erkennen können, bei fehlender Erkennbarkeit hätte warten müssen und dabei auf die Einhaltung einer niedrigeren Geschwindigkeit des Gegenverkehrs, auch nicht vertrauen durfte. Denn abgesehen davon, dass die an der konkreten Stelle grds. schwierige Einschätzung der Geschwindigkeit eines direkt auf den Betrachter zukommenden Fahrzeugs nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen aufgrund der erhöhten Position des Sattelzugführers etwas erleichtert war, hätte der Zeuge H in die Engstelle nicht einfahren dürfen, solange er die Geschwindigkeit des erkennbaren Gegenverkehrs nicht sicher beurteilen konnte, weil ihm als Wartepflichtigen die Einfahrt – wie oben ausgeführt – nur gestattet ist, wenn gewiss ist, dass der Gegenverkehr nicht behindert wird. Dabei durfte er entgegen dem Berufungsvorbringen nicht darauf vertrauen, der Gegenverkehr werde seinerseits bei Annäherung an die Engstelle eine Geschwindigkeit von ca. 50 bis 60 km/h einhalten. A...