Auch wenn der Begriff "Smart-Repair" den Eindruck erweckt – neu ist diese Reparaturalternative nicht. Vielen ist diese nur unter einem anderen Begriff, nämlich dem sogenannten "Beulendoktor" bekannt. Sucht man nach einem Synonym für "smart" landet man bei Begriffen wie "schlau", aber auch bei Begriffen wie "geschäftstüchtig", "raffiniert" und "abgezockt". Smart-Repair mit dieser (wortgetreuen) Argumentation pauschal als neuen Versuch der Versicherungswirtschaft abzutun, den Geschädigten um den Ausgleich der berechtigten Reparaturkosten zu bringen, sollte aber nicht vorschnell unternommen werden.
Der Geschädigte hat Anspruch darauf, dass er die Reparaturkosten erhält, die es ihm ermöglichen, den unfallbedingt entstandenen Schaden an seinem Fahrzeug sach- und fachgerecht reparieren zu lassen. So denn die Bagatellgrenze überschritten ist, kann er sich hierzu – auf Kosten des Schädigers bzw. dessen Kfz-Haftpflichtversicherers – eines Sachverständigen bedienen. Dieser Sachverständige wird bei unvoreingenommener Herangehensweise bei der Schadensbegutachtung und Wahl des Reparaturweges auch die Smart-Repair in Betracht ziehen müssen und diese – so damit eine sach- und fachgerechte Reparatur ermöglicht werden kann – auch durchaus in die Reparaturkalkulation aufnehmen. So hat der Sachverständige – entsprechend der Empfehlung des Arbeitskreises VI. des 35. Deutschen Verkehrsgerichtstages 2015 – alle zur fachgerechten Reparatur anerkannten Reparaturverfahren zu berücksichtigen und von mehreren gleichwertigen Methoden zur vollständigen sach- und fachgerechten Wiederherstellung die wirtschaftlich sinnvollste zu dokumentieren.
Bei einer gleichwertigen Reparatur ist neben dem eigentlichen Reparaturergebnis aber auch zu berücksichtigen, dass Garantie- und Gewährleistungsansprüche des Geschädigten nicht beeinträchtigt werden dürfen. Gerade hier birgt das Thema Smart-Repair nicht unerhebliche Risiken. Ein Teil der Kfz-Hersteller verweigert nach durchgeführter Smart-Repair jegliche Garantieansprüche. Ein anderer Teil der Kfz-Hersteller macht exakte Vorgaben, wo und wie die Smart-Repair durchzuführen ist. Wird hiergegen verstoßen, sind Garantieansprüche ebenfalls hinfällig.
Das Thema Smart-Repair – den sogenannten "Beulendoktor" – gibt es schon lange. Dass allerdings dennoch sachverständigerseits in den seltensten Fällen ein entsprechender Reparaturweg kalkuliert wird, dürfte durchaus Gründe haben, und diese werden gewiss nicht in einer mangelnden Qualität der Sachverständigen liegen. In vielen Fällen – gerade bei umfangreicheren Schäden – dürfte die Smart-Repair schlichtweg nicht mehr ausreichend sein, um den oben genannten Anforderungen gerecht zu werden.
Auch wenn das Thema Smart-Repair immer weiter in den Fokus der Schadensregulierung rückt, dürfte dieser Weg sicherlich keine generelle Möglichkeit sein, die Reparaturkosten zu "drücken". Im Gegenteil: Würde nun bei jedem Schadensfall die Möglichkeit der Smart-Repair nach Vorlage eines Gutachtens geprüft, würde sich schnell eine weitere Überprüfungsindustrie etablieren, die im Ergebnis nicht zu einer nennenswerten Reduzierung der Aufwendungen pro Schadensfall führen würde. Zudem dürfte eine weitere Klagewelle – wie zur Thematik der Verweisungsmöglichkeit auf eine günstigere freie Fachwerkstatt im Rahmen der fiktiven Abrechnung – auf die Gerichte zukommen.
Die Smart-Repair wird sicher von Fall zu Fall ein vernünftiger und angemessener Weg der Schadensbehebung sein, überwiegend aber wohl eher der Behebung kleinerer Schäden vorbehalten sein. Nur weil sich die Smart-Repair neu anhört, gehört ihr nicht automatisch die Zukunft der Schadensregulierung. Vorschnell sollte man auf diesen Zug nicht aufspringen. Dass der sogenannte "Beulendoktor" erst jetzt ein Thema wird, dürfte durchaus Gründe haben, die nicht einfach mit dem technischen Fortschritt begründet werden können. Ein Schelm, der Böses dabei denkt …
Autor: Stefan Herbers
RA Stefan Herbers, FA für Verkehrsrecht, FA für Arbeitsrecht, Oldenburg
zfs 7/2015, S. 361