" … II. Revisionen der Angeklagten …"
[7] III. Revisionen der Staatsanwaltschaft
[8] Die Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft haben Erfolg.
[9] 1. Nach den Feststellungen haben sich die Angeklagten tateinheitlich auch des (gemeinschaftlichen) räuberischen Angriffs auf Kraftfahrer gem. § 316a Abs. 1 StGB schuldig gemacht.
[10] a) Nach der Grundsatzentscheidung des Senats vom 20. November 2003 (4 StR 150/03, BGHSt 49, 8) erfasst der Tatbestand des § 316a StGB als taugliches Tatopfer nur den Führer (oder den Mitfahrer) eines Kfz. Erforderlich ist, dass das Tatopfer diese Eigenschaft zum Tatzeitpunkt, d.h. bei Verüben des Angriffs, besitzt. Das Landgericht hat nicht verkannt, dass der Nebenkläger bei dem Angriff auf dem Parkplatz nicht mehr Führer des Lkw war. Zwar hielt sich das Tatopfer noch im Fahrzeug auf. Es war aber zu diesem Zeitpunkt nach den Feststellungen nicht mehr mit der Bewältigung von Betriebs- oder Verkehrsvorgängen befasst, damit nach der Rspr. des Senats nicht mehr Führer des Lkw und deshalb zu diesem Zeitpunkt kein taugliches Angriffsziel i.S.d. § 316a StGB (vgl. BGH, a.a.O.; NK-StGB/Herzog, 4. Aufl., § 316a Rn 16).
[11] b) Indem die Täter ihr Opfer zuvor durch die vorgetäuschte Polizeikontrolle zu diesem Halt zwangen, lag jedoch entgegen der Auffassung des Landgerichts die für die Tatbestandsmäßigkeit erforderliche zeitliche Verknüpfung zwischen dem Verüben des Angriffs und der Führereigenschaft des Angegriffenen vor (vgl. dazu auch BGH, Beschl. v. 28.6.2005 – 4 StR 299/04, BGHSt 50, 169, u. v. 25.9.2007 – 4 StR 338/07, BGHSt 52, 44).
[12] aa) Für die insoweit allein problematische Frage, ob die Angeklagten einen Angriff auf die Entschlussfreiheit des Nebenklägers als Führer des Lkw verübt haben, gilt nach der Rspr. des Senats das Folgende (vgl. insb. BGH, Urt. v. 20.11.2003 – 4 StR 150/03, BGHSt 49, 8; Beschl. v. 14.7.1987 – 4 StR 324/87, BGHR StGB § 316a Abs. 1 Angriff 1): Einen solchen Angriff verübt, wer in feindseliger Absicht auf dieses Rechtsgut einwirkt. Ausreichend, aber auch erforderlich ist eine gegen die Entschlussfreiheit gerichtete Handlung, sofern das Opfer jedenfalls deren objektiven Nötigungscharakter wahrnimmt; die feindliche Willensrichtung des Täters braucht das Opfer dagegen nicht erkannt zu haben. Ebenfalls nicht vorausgesetzt ist, dass der verübte Angriff sich bereits unmittelbar gegen das Eigentum bzw. das Vermögen des Opfers richtet.
[13] bb) Dadurch, dass der Angeklagte S. und die gesondert Verfolgten S. M. und H. in Absprache mit den weiteren Angeklagten Z. und M. M. den Nebenkläger veranlassten, mit seinem Lkw die Autobahn zu verlassen und den Rastplatz aufzusuchen, haben sie im vorbezeichneten Sinn einen tatbestandsmäßigen Angriff auf die Entschlussfreiheit des Führers eines Kfz verübt. Der Nebenkläger befand sich bereits zu diesem Zeitpunkt objektiv in einer Nötigungssituation.
[14] Zwar reicht es für das Merkmal des "Angriffs" nach der (neueren) Rspr. des BGH und der herrschenden Meinung in der Literatur nicht aus, wenn auf den Führer eines Kfz mit List eingewirkt wird, um ihn in eine Situation zu bringen, in der ein Raub durchgeführt werden soll. Dies ist etwa der Fall, wenn ein vermeintlicher Fahrgast beim Taxifahrer ein falsches Fahrtziel angibt (vgl. BGH, Urt. v. 20.11.2003 – 4 StR 150/03, BGHSt 49, 8); das Gleiche gilt für das Vortäuschen einer Autopanne (jedenfalls außerhalb des Anwendungsbereichs des § 323c StGB) sowie in den Anhalterfällen. Hiervon abzugrenzen sind aber Handlungen, welche auf den Führer eines Kfz eine objektiv nötigungsgleiche Wirkung haben (vgl. dazu im Einzelnen Fischer, StGB, 62. Aufl., § 316a Rn 6 f.; Lackner/Kühl, StGB, 28. Aufl., § 316a Rn 2; jew. m.w.N.). Es kommt hierfür nicht darauf an, ob diese Wirkung vorgetäuscht ist oder ob der objektiv Genötigte von einer Rechtswidrigkeit der Einwirkung ausgeht.
[15] Fälle einer – wie hier – vorgetäuschten Polizeikontrolle unterscheiden sich daher substantiell von bloßen Vortäuschungen allgemein motivierender Umstände der oben genannten Art; sie entsprechen vielmehr der Konstellation einer Straßensperre. Denn dem Kraftfahrzeugführer ist bei der Einwirkung durch das Haltezeichen eines Polizeibeamten kein Ermessen eingeräumt; er ist vielmehr bei Androhung von Geldbuße (§ 49 Abs. 3 Nr. 1 StVO) verpflichtet, Haltezeichen Folge zu leisten, wobei der Senat dahinstehen lässt, ob die Täter hier eine Weisung zur Regelung einer konkreten Verkehrssituation nach § 36 Abs. 1 StVO oder eine solche zur Durchführung einer allgemeinen Verkehrskontrolle nach § 36 Abs. 5 StVO vorgespiegelt haben (vgl. zur Abgrenzung OLG Köln VRS 67, 293; Janker, in: Burmann/Heß/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 23. Aufl., § 36 StVO Rn 3 f., 12). Der Nebenkläger sollte jedenfalls das Vorgehen der Täter im fließenden Verkehr als polizeiliche Weisung verstehen und hat dies auch so verstanden; das Tragen von Zivilkleidung steht der von den Angeklagten und ihren Tatgenossen angestrebten Vorgabe einer Polizeikontrolle nicht entgegen (Kudli...