Der Einkommensteuertarif ist linear-progressiv – § 32a Abs. 1 EStG. Es gibt fünf Tarifzonen: Nullzone – Untere Progressionszone – Obere Progressionszone – Untere Proportionalzone – Obere Proportionalzone.
Dieser Einkommensteuertarif gilt – bei der Frage der Besteuerung von Erwerbsschadensersatz bei Personenschäden vor allem wesentlich – vorbehaltlich § 32b EStG (Progressionsvorbehalt), § 32d EStG (Gesonderter Steuertarif für Einkünfte aus Kapitalvermögen) und § 34 EStG (Außerordentliche Einkünfte).
Nach § 32d Abs. 1 S. 1 EStG (Gesonderter Steuertarif für Einkünfte aus Kapitalvermögen) beträgt die Einkommensteuer für Einkünfte aus Kapitalvermögen, die nicht unter § 20 Abs. 8 EStG fallen, 25 %. Das sind eben nur solche Einkünfte, die nicht den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb, aus selbstständiger Arbeit oder aus Vermietung und Verpachtung zuzurechnen sind. Sind sie diesen Einkünften zuzurechnen, gilt hier der allgemeine Einkommensteuertarif und nicht der abgeltende Steuersatz von 25 %; für sie gelten – abweichend von § 20 Abs. 6 EStG – auch die allgemeinen einkommensteuerrechtlichen Verlustverrechnungs- und Verlustausgleichsregeln und die allgemeinen einkommensteuerrechtlichen Regeln des Werbungskostenabzugs, konsequenterweise aber nicht die Regelungen des Sparer-Pauschbetrags (§ 20 Abs. 9 EStG).
§ 34 EStG (Außerordentliche Einkünfte) dient der Abmilderung der Progression. Dass zur Einkommensbesteuerung laufende und einmalige Einkünfte zusammengerechnet und grundsätzlich einem einheitlichen Steuersatz unterworfen werden, kann zu Härten führen, wenn laufend bezogene Einkünfte (z.B. aus nichtselbstständiger Arbeit) mit außerordentlichen, nicht regelmäßig erzielbaren Einkünften (z.B. Einkünfte oder Vergütungen für mehrere Jahre, die in einer Summe zufließen) in einem Veranlagungszeitraum zusammentreffen – und dadurch auch die laufenden Einkünfte von der durch die außerordentlichen Einkünfte ausgelösten Progressionswirkung erfasst und entsprechend höher besteuert werden, ohne dass eine nachhaltige Erhöhung der Leistungsfähigkeit eingetreten ist. Die Norm ermöglicht die Besteuerung mit einem ermäßigten Steuersatz. Entschädigungen i.S.d. § 24 Nr. 1 EStG kommen als außerordentliche Einkünfte in Betracht – § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG.
Die begünstigten Einkünfte sind außerordentlich, wenn sie tatsächlich in einem Veranlagungszeitraum zur Einkommensteuer heranzuziehen sind – mithin, wenn ein zusammengeballter Zufluss vorliegt, der geeignet ist, eine infolge der Progressionswirkung des Tarifs prozentual höhere steuerliche Belastung des gesamten Einkommens auszulösen – also eine Zusammenballung eben in einem Veranlagungszeitraum. Unschädlich ist es, wenn zu einer Hauptentschädigungsleistung eine in einem anderen Veranlagungszeitraum zufließende minimale Teilleistung hinzukommt, die betragsmäßig nur einen ergänzenden Zusatz zur Hauptleistung bildet. Ebenso unschädlich ist es, wenn als Ersatz für die wegen Unfalls entgangenen Einnahmen für jeweils mehrere unterschiedliche Zeiträume betreffend je eine Entschädigung vereinbart wird, wenn die Zahlungen der Summe der Entschädigungen nicht in einem Jahr erfolgen.
Die Abmilderung der Progression erfolgt durch die sog. Fünftelregelung – § 34 Abs. 1 S. 2–4 EStG, bei der Frage der Besteuerung von Erwerbsschadensersatz bei Personenschäden sind die Sätze 2 und 3 interessant:
"Die für die außerordentlichen Einkünfte anzusetzende Einkommensteuer beträgt das Fünffache des Unterschiedsbetrags zwischen der Einkommensteuer für das um diese Einkünfte verminderte zu versteuernde Einkommen (verbleibendes zu versteuerndes Einkommen) und der Einkommensteuer für das verbleibende zu versteuernde Einkommen zuzüglich eines Fünftels dieser Einkünfte. Ist das verbleibende zu versteuernde Einkommen negativ und das zu versteuernde Einkommen positiv, so beträgt die Einkommensteuer das Fünffache der auf ein Fünftel des zu versteuernden Einkommens entfallenden Einkommensteuer.“"
Zur Darstellung der Methodik folgende Beispiele:
Der Steuerpflichtige erhält in einem Veranlagungszeitraum außerordentliche Einkünfte i.H.v. 50.000 EUR (Beispiel 1), 100.000 EUR (Beispiel 2) oder 1.000.000 EUR (Beispiel 3). Ansonsten hat er keine Einkünfte. Die Grundtabelle soll anwendbar sein, hier aus 2013.
Beispiel 1:
zu versteuerndes Einkommen |
50.000,00 EUR |
|
./. außerordentliche Einkünfte |
50.000,00 EUR |
|
verbleibendes zu versteuerndes Einkommen |
0,00 EUR |
|
darauf entfallender Steuerbetrag |
|
0,00 EUR |
verbleibendes zu versteuerndes Einkommen |
0,00 EUR |
|
zzgl. 1/5 der außerordentlichen Einkünfte |
10.000,00 EUR |
|
|
10.000,00 EUR |
|
darauf entfallender Steuerbetrag |
294,00 EUR |
|
./. Steuerbetrag auf das verbleibende zu versteuernde Einkommen |
0,00 EUR |
|
Unterschiedsbetrag |
294,00 EUR |
|
Multipliziert mit Faktor 5 |
1.470,00 EUR |
1.470,00 EUR |
Einkommensteuer |
|
1.470,00 EUR |
zzgl. Solidaritätszuschlag |
|
80,85 EUR |
insgesamt |
|
1.550,85 EUR |
Vergleich – Einkommensteuer zzgl. Solidari... |