Der Splittingtarif gilt für zusammenveranlagte Ehegatten (§ 32a Abs. 5 EStG) sowie Lebenspartner und Lebenspartnerschaften (§ 32a Abs. 5 i.V.m. § 2 Abs. 8 EStG).
Nach § 32a Abs. 5 EStG bestimmt sich die aufgrund des Splittingtarifs zu zahlende Einkommensteuer wie folgt:
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Das zu versteuernde (Familien-)Einkommen wird zunächst halbiert, |
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für die Hälfte des zu versteuernden Einkommens wird dann die tarifliche Einkommensteuer nach dem Grundtarif errechnet und |
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dieser Betrag sodann wieder verdoppelt. |
Damit kann der Splittingtarif gegenüber dem Grundtarif günstiger sein, muss es aber nicht. Sind die Einkünfte der Ehegatten bzw. Lebenspartner gleich hoch, ergeben sich keine Unterschiede. Günstiger ist der Splittingtarif aber, wenn der eine mehr Einkünfte als der andere erzielt.
Nach Ansicht des BGH kann eine erwerbstätige Ehefrau, die zusammen mit ihrem ein höheres Einkommen erzielenden Ehemann die gemeinsame Steuerveranlagung gewählt hat, vom Schädiger, der neben dem entsprechenden Nettoverdienst die Steuer zu ersetzen hat, nur den Einkommensteuerbetrag ersetzt verlangen, der sich ergäbe, wenn sie allein zur Steuer veranlagt würde. Die Klägerin könne – so der BGH – die Vorteile, die in Wahrheit nur für das Einkommen des höher verdienenden Ehemanns bestehen, gegenüber dem zum Schadensersatz verpflichteten Beklagten nicht ins Feld führen. Nur die Steuer sei zu ersetzen, die auf das Einkommen der Klägerin, genauer gesagt auf ihre Ausfallentschädigung entfällt. Sie könne also nur den Steuerbetrag ersetzt verlangen, der sich ergäbe, wenn sie allein steuerlich veranlagt würde.
Dies ist auch steuerrechtlich konsequent, denn die Ehefrau im Urteilsfall ist darüber hinaus nicht belastet: Sie ist zwar – wegen der Zusammenveranlagung – mit ihrem Ehemann Gesamtschuldnerin i.S.d. § 44 Abs. 1 AO für die für beide Eheleute festzusetzende Einkommensteuer. Sie kann aber unschwer über eine Aufteilung der Gesamtschuld nach §§ 268 ff. AO erreichen so gestellt zu werden, als würde sie einzeln veranlagt.
Geht es um eine Nettobetrachtung – dem Grunde nach steht ein zu ersetzender Betrag ohne Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer fest und es ist noch die hierauf entfallende Steuer zu berechnen – dürfte nur auf die Grundtabelle abgestellt werden können. Anderes wäre einkommensteuerrechtlich weitgehend unschlüssig, wenn man folgendes Beispiel betrachtet:
Zusammenveranlagte Eheleute: Der Ehemann erzielt Einkünfte i.H.v. insgesamt 100.000 EUR, davon sind die Hälfte Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit und die andere Hälfte Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Die Ehefrau erzielt keine Einkünfte.
Nach der Splittingtabelle beträgt die Einkommensteuer 25.646 EUR. Das sind zweimal die Werte der Grundtabelle (jeweils 12.823 EUR) auf die Hälfte des zu versteuernden Einkommens. Würde man nunmehr für den Ersatz des Erwerbsschadens (50.000 EUR Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit) die Splittingtabelle anwenden, entfiele auf diese Hälfte an Einkommensteuer nur ein Betrag i.H.v. 8.164 EUR. Der Geschädigte erhielte also 4.659 EUR (= 12.823 EUR – 8.164 EUR) weniger, als er an Einkommensteuer zu zahlen hat.
Auf den Splittingtarif abzustellen, wäre erst recht unschlüssig, wenn auch der andere Einkünfte erzielt. Bemessungsgrundlage für diesen Tarif ist das gemeinsam zu versteuernde Einkommen i.S.d. § 32a Abs. 5 und Abs. 1 S. 1 EStG. Damit fließen in die Berechnung sämtliche von den Ehegatten bzw. Lebenspartnern erzielten Einkünfte ein – also auch solche, die mit Einkünften aus Erwerbsschadensersatz bei Personenschäden in gar keinem Zusammenhang zu stehen brauchen, wie etwa eben Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Dafür, Effekte aus diesen Einkünften über den Splittingtarif mittelbar dem Schädiger zugutekommen zu lassen, besteht kein sachlich gerechtfertigter Grund. In diesem Zusammenhang etwa nur auf eine bestimmte Einkunftsart (wie Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit) abzustellen, wäre eben mit der Systematik des Splittingtarifs nicht vereinbar.
Denkbar ist noch die idealtypische Fallkonstellation, dass nur ein Ehegatte bzw. Lebenspartner Einkünfte erzielt, genau diese Einkünfte zu ersetzen sind, es im Übrigen aber an weiteren Einkünften fehlt. Dafür, nur diese Situation anders zu behandeln, besteht ebenfalls kein sachlich gerechtfertigter Grund. Wenn das Ehegattensplitting – so das BVerfG – die "Erwerbs- und Verbrauchsgemeinschaft der intakten Durchschnittsehe" berücksichtigt und hierbei die "Abbildung gegenseitiger Unterhaltspflichten" oder darüber hinausgehende "Einkommensverteilung" Effekte sein können, gilt dies gleichermaßen unabhängig davon, wie sich Einkünfte zusammensetzen, was meist ohnehin nur zufällig ist.