SGG § 73a § 172 Abs. 1; ZPO § 127; RVG § 54
Leitsatz
Hebt das Prozessgericht die im Wege der Prozesskostenhilfe erfolgte Beiordnung des Rechtsanwalts auf, fehlt einer Beschwerde des Rechtsanwalts hiergegen das Rechtsschutzbedürfnis, wenn der Anwalt im Beschwerdeverfahren die Feststellung begehrt, die Aufhebung sei nicht auf sein Verschulden zurückzuführen.
(Leitsatz der Schriftleitung)
LSG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 17.12.2015 – L 29 AS 1252/15 B PKH
Sachverhalt
Das SG Berlin hatte den Kl. für den anhängigen Rechtsstreit durch Beschl. v. 5.6.2013 Prozesskostenhilfe (PKH) bewilligt und ihnen Rechtsanwalt X beigeordnet. Mit Schreiben vom 4.3.2015 beantragte die Betreuerin der Kl., nunmehr sie als Anwältin im Wege der PKH beizuordnen. Hieraufhin hat das SG die Betreuerin darauf hingewiesen, die Entpflichtung eines beigeordneten Rechtsanwalts sei zwar jederzeit auch ohne wichtigen Grund möglich. Ein Anspruch auf Beiordnung eines anderen Rechtsanwalts dürfte jedoch nur bestehen, wenn der Staatskasse dadurch keine höheren Kosten entstünden oder eine Mandatskündigung aus triftigem Grund erfolge. Hieraufhin erklärte die Betreuerin, sie habe mehrfach vergeblich Rechtsanwalt X zur Information aufgefordert. Rechtsanwalt X habe außerdem in dem gerichtlichen Verfahren nicht ausreichend mitgewirkt. Deshalb habe sie dem Anwalt das Mandant gekündigt.
Durch Beschl. v. 7.4.2015 hat das SG Berlin antragsgemäß die Beiordnung des Rechtsanwalts X mit Wirkung zum 11.3.2015 aufgehoben und den Kl. für das Verfahren ab diesem Zeitpunkt PKH unter Beiordnung der Betreuerin als Rechtsanwältin bewilligt. Dies hat das SG damit begründet, jeder Beteiligte könne jederzeit auch ohne wichtigen Grund die Entbindung eines beigeordneten Rechtsanwalts verlangen. Ein Anspruch auf Beiordnung eines anderen Rechtsanwalts bestehe deshalb, weil die Mandatskündigung nach der Schilderung der Kl. aus triftigem Grunde erfolgt sei.
Gegen diesen Beschl. hat Rechtsanwalt X in eigenem Namen sofortige Beschwerde mit dem Ziel der Klarstellung eingelegt, die angegriffene Entscheidung enthalte keine Feststellung eines Verschuldens i.S.v. § 54 RVG. Der Beschl. sei nämlich insoweit missverständlich, als die Formulierung, die Mandatskündigung sei gem. der Schilderung der Kl. aus triftigem Grunde erfolgt, auch als Feststellung eines Verschuldens gem. § 54 RVG verstanden werden könne. In diesem Fall werde er – Rechtsanwalt X – vortragen, dass eine Mandatskündigung nicht erfolgt sei und dass ein Verschulden nicht vorliege.
Das LSG Berlin-Brandenburg hat die Beschwerde als unzulässig verworfen.
2 Aus den Gründen:
"Die Beschwerde ist unzulässig. Gem. § 73a Abs. 1 S. 1 SGG gelten die Vorschriften der ZPO über die Prozesskostenhilfe mit Ausnahme des ZPO entsprechend. Gem. § 127 Abs. 1 ZPO entscheidet über die Prozesskostenhilfe das jeweilige Gericht des Rechtszuges. Gegen diese Entscheidungen des Sozialgerichts findet grds. die Beschwerde an das Landessozialgericht statt, soweit nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist (§ 172 Abs. 1 SGG)."
Es kann dahinstehen, ob eine Beschwerde eines Rechtsanwalts im eigenen Namen gegen die Aufhebung einer Beiordnung grds. als statthaft angesehen werden kann. Hieran bestehen Zweifel, weil mit der Ablehnung der Beiordnung grds. ein prozessuales Recht der Partei betroffen ist (vergleiche LAG München, Beschl. v. 3.8.2010 – 3 Ta 313/10, juris; siehe auch Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller, SGG, 11. Aufl. 2014, § 73a Rn 12b, m.w.N.) und daher auch ggf. eine Aufhebung der Beiordnung in deren Rechtskreis eingreift.
Außerdem kann dahinstehen, ob – wie von den Kl. behauptet – die Kündigung des Mandatsverhältnisses erfolgt ist und hierfür ein Verschulden des Beschwerdeführers einen triftigen Grund begründet hat.
Selbst wenn davon ausgegangen würde, dass ein Rechtsanwalt durch die Aufhebung seiner Beiordnung beschwert und damit auch selbst beschwerdebefugt wäre, so führt dies vorliegend nicht zur Zulässigkeit der hiesigen Beschwerde. Denn der Beschwerdeführer wendet sich nicht gegen die Aufhebungsentscheidung, so dass ein diesbezügliches Rechtsschutzbedürfnis nicht erkennbar ist
Nach den Ausführungen des Beschwerdeführers geht es ihm vielmehr darum, im Beschwerdeverfahren feststellen zu lassen, dass diese Aufhebung nicht auf sein Verschulden zurückzuführen ist, weil dies im Verfahren über die Vergütungsfestsetzung erheblich werden könnte. Hierfür ist ein Rechtsschutzbedürfnis im hiesigen Beschwerdeverfahren jedoch ebenfalls nicht erkennbar. Zwar trifft es wohl zu, dass ein schuldhaftes Verhalten eines Rechtsanwalts nach § 54 RVG zum Verlust von Vergütungsansprüchen führen kann. Ob ein schuldhaftes Verhalten des Beschwerdeführers vorliegt und welche Vergütungsansprüche hieraus resultieren ist jedoch, wie der Beschwerdeführer selbst ausführt, ggf. Gegenstand des Vergütungsverfahrens und deshalb dort zu klären.“
3 Anmerkung:
Die Ausführungen des LSG Berlin-Brandenburg sind auch für den in ZPO-Verfahren tätigen Rechtsanwalt maßgebend, weil in Verfahren vor den Sozialgerichten die Vorschriften der ZPO über die ...