"… II. Die Rechtsbeschwerde der StA ist gem. § 300 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG zugleich als Zulassungsantrag i.S.v. § 80 Abs. 3 OWiG anzusehen. Dieser Antrag ist – durch den Einzelrichter, § 80a Abs. 1 OWiG – gem. § 80 Abs. 2 Nr. 2 OWiG zur Fortbildung des sachlichen Rechts zuzulassen. Zwar hat sich die obergerichtliche Rspr. bereits mit der Einstufung des eingesetzten Messverfahrens LEIVTEC XV3 als standardisiertes Messverfahren befasst (vgl. KG, Beschl. v. 1.2.2017 – 3 Ws 12/17-122 Ss 3/17; KG, Beschl. v. 12.7.2017 – 3 Ws 166/17-162 Ss 95/17; OLG Celle, Beschl. v. 28.10.2013 – 322 SsRs 280/13). Soweit ersichtlich, ist aber die Frage, ob das Geschwindigkeitsüberwachungsgerät LEIVTEC XV3 alle Anforderungen auch der EMV-Prüfung (EMV = elektromagnetische Verträglichkeit) erfüllt oder die Bauartzulassung wegen fehlender Prüfung auf Magnetfeldresistenz ungültig ist bzw. dem verwendeten Messgerät die Qualifizierung als standardisiertes Messverfahren mit der Begründung abgesprochen werden kann, das Gerät sei nicht ausreichend auf Magnetfeldresistenz überprüft worden, bislang nicht Gegenstand obergerichtlicher Erörterung gewesen. Die Sache war daher dem Senat in der Besetzung mit drei Richtern zu übertragen."
III. Die nach ihrer Zulassung gem. § 79 Abs. 1 S. 2 OWiG statthafte Rechtsbeschwerde begegnet hinsichtlich ihrer Zulässigkeitsvoraussetzungen keinen Bedenken. Sie hat auch in der Sache (vorläufigen) Erfolg, indem sie gem. § 353 StPO, § 79 Abs. 3 S. 1 OWiG auf die sinngemäß erhobene Sachrüge zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das AG (§ 79 Abs. 6 OWiG) führt. Die von der StA in sachlich-rechtlicher Hinsicht beanstandete Beweiswürdigung des Tatgerichts hält einer materiell-rechtlichen Prüfung nicht stand. Das AG hat die Anforderungen an die Sachverhaltsaufklärung und den Umfang der Beweisaufnahme bei Verwendung des standardisierten Messverfahrens verkannt und seinem Urteil ein rechtlich fehlerhaftes Verständnis des Zweifelssatzes zugrunde gelegt. Die im angefochtenen Urteil dokumentierten Erkenntnisse aus der Hauptverhandlung bilden keine ausreichende Grundlage für die Annahme des AG, dass zugunsten des Betr. im Zweifel von einer Notwendigkeit der gesamten Prüfung des Geschwindigkeitsmessgerätes LEIVTEC XV3 auf Magnetfeldresistenz auszugehen ist und mangels Durchführung einer solchen keine ordnungsgemäße Zulassung durch die PTB (Physikalisch-Technische Bundesanstalt) vorliegt.
1. Die diesbezüglichen Feststellungen des AG lauten wie folgt:
Zitat
“Hinsichtlich der Vorgaben zur Resistenz gegen hochfrequente elektromagnetische Felder des Gehäuses (Ziff. 4-3) und der Leitungen (Ziff. 4-6) sowie Magnetfeldern mit energietechnischen Frequenzen (Ziff. 4-8) ist jedoch das Gerät nicht ausreichend auf Magnetfeldresistenz überprüft worden. Insb. bzgl. der Prüfungen zu Ziff. 4-8 ist das Gerät nur in der X-Achse geprüft worden, in Y- und Z-Achse wurde das Gerät jedoch nicht geprüft. Warum die Prüfung insoweit nur in Teilen erfolgt ist, ist nicht nachvollziehbar. Aus den Gutachten der hierzu beauftragten Firma M GmbH ergibt sich, dass diese Prüfung auf Vorgabe des Herstellers auf die X-Achse beschränkt wurde (S. 8 des EMV Gutachtens Anlage A4 des Gutachtens B, Anmerkung 2: “Auf Kundenwunsch nur in der X-Achse auf >115 A/m durchgeführt‘). Die PTB erklärte in ihrer Stellungnahme vom 3.11.2017 hierzu, dass Magnetfeldresistenzprüfungen nicht erforderlich gewesen seien, da das Gerät keine magnetfeldsensiblen Bauteile enthalte. Nachdem der Sachverständige Bt im Termin erläuterte, dass dies für ihn nicht nachvollziehbar sei und mit Sicherheit magnetfeldsensible Bauteile in dem Gerät verbaut seien, wurde im Hauptverhandlungstermin vom 8.12.2017 mit der PTB telefonisch Rücksprache genommen. Der durch den Sachbearbeiter S hinzugezogene Fachbereichsleiter für Geschwindigkeitsmessgeräte Dr. M erklärte diesbezüglich, dass er versichern könne, dass magnetfeldsensible Bauteile nicht verbaut seien. Er sei sich dessen sicher, da die Bauteile durch den Hersteller durch Offenlegung der kompletten Bauanleitung mitgeteilt worden seien. Auf Nachfrage, warum die Prüfung dann nur in dem Blick auf die X-Achse erfolgt sei, erklärte Dr. M, dass auch diese Prüfung nicht erforderlich gewesen wäre. Auf Nachfrage, wie es zu der Beschränkung der Prüfung auf die X-Achse gekommen sei, erklärte er, dies könne auf Seiten der PTB nicht mehr nachvollzogen werden, da der damalige Sachbearbeiter für Rückfragen nicht mehr zur Verfügung stehe. Der Sachverständige B bestätigte hierzu nochmals, dass es aus seiner sachverständigen Sicht nicht möglich sei, dass keine magnetfeldsensiblen Teile verbaut wären. In dem Gerät seien mit Sicherheit Platinen und ähnliche Geräteteile verbaut, die magnetfeldsensibel reagierten. Da der hinzugezogene Sachverständige B als renommierter und öffentlich vereidigter Sachverständiger für Geschwindigkeitsmesstechnik zu dem eindeutigen Ergebnis kam, dass diese Prüfungen bei dem vorliegenden Gerät erforde...