Ein Schuldanerkenntnis an der Unfallstelle kann folgende Bedeutungen haben:
- Ein konstitutives Anerkenntnis, mit dem eine selbstständige abstrakte Verpflichtung neben Ansprüchen aus einem Unfall, etwa nach §§ 7 ff. StVG, begründet werden soll (§ 781 BGB). Hierfür ist die Schriftform erforderlich (§ 781 S. 1 BGB). Da diese Gestaltungsmöglichkeit den Unfallpartnern im Allgemeinen unbekannt ist, kann sie im Regelfall nicht angenommen werden.
Mit dem deklaratorischen Schuldanerkenntnis soll – formfrei – eine streitige oder ungewisse Verpflichtung festgelegt werden (BGH NJW 1995, 850).
Seine wesentliche Wirkung ist der Ausschluss von Einwendungen zu Grund und Höhe der Ansprüche.
- Ein rein tatsächliches – nicht rechtsgeschäftliches – Anerkenntnis dessen Wirkung als "Zeugnis gegen sich selbst" zu umschreiben ist: Es verbessert die Beweislage des durch das Schuldanerkenntnis Begünstigten und kann den Beweiswert einer Beweislastumkehr erreichen (vgl. KG zfs 2005, 378; OLG Saarbrücken NJW 2011, 1820; OLG Koblenz VRS 105, 405; vgl. auch Eggert, in Ludovisy/Eggert/Burhoff "Praxis des Straßenverkehrsrechts" 6. Aufl. § 2 Rn 527).
Voraussetzung des deklaratorischen Schuldanerkenntnisses ist neben der gewollten Beilegung vorangegangener Auseinandersetzungen über Grund und Höhe etwaiger Ansprüche aus dem Unfallereignis ein rechtsgeschäftlicher Verpflichtungswille.
Umschreibt der Erklärende nur einzelne Teile eines Anspruchstatbestands wie "Ich habe die Vorfahrt genommen" oder "Ich bin allein schuld", fehlt ihm ein Verpflichtungswille (vgl. Eggert, a.a.O. Rn 528). Solche Erklärungen werden häufig zur Beruhigung des Unfallgegners abgegeben, um eine Hinzuziehung der Polizei zu verhindern. Ihnen fehlt ein Rechtsfolgewille, da eine Festlegung eines Anspruchs nicht bezweckt ist (vgl. BGH NJW 1982, 996; BGH NJW 1994, 799). Ohne Wirkung sind solche Erklärungen jedoch nicht, da sie als Zeugnis gegen sich selbst bei der Beweiswürdigung Schlüsse auf den Unfallhergang erlauben (vgl. BGH WM 1974, 410). So gesehen wird meist ein tatsächliches nicht rechtsgeschäftliches Anerkenntnis vorliegen, dessen Bedeutung in der Beweiswürdigung zum Tragen kommt. Überschätzen sollte man den Beweiswert am Unfallort abgegebener mündlicher Erklärungen aber nicht (vgl. OLG Saarbrücken NJW 2011, 1820 [1821]; OLG Düsseldorf NJW 2008, 3366). Aufregung und eine bedrohliche Situation könne gegen die Richtigkeit des Anerkannten sprechen.
RiOLG a.D. Heinz Diehl
zfs 7/2018, S. 379 - 382