“ … . Auf die Sachrüge hin prüft das Revisionsgericht nicht nur, ob das materielle Recht rechtsfehlerfrei auf den Urteilssachverhalt angewendet worden ist, sondern darüber hinaus von Amts wegen auch, ob Prozessvoraussetzungen gegeben sind oder Prozesshindernisse entgegenstehen. Zu dieser Prüfung zählt auch die Frage, ob eine vor dem BG erklärte Rechtsmittelbeschränkung nach § 318 StPO wirksam ist (OLG München, Beschl. v. 10.8.2011 – 4 StRR 127/11). Denn die Wirksamkeit der Rechtsmittelbeschränkung ist eine Frage der Teilrechtskraft. Gerade bei Beschränkungen der Berufung auf das Strafmaß umfasst diese Prüfung auch, ob der vom AG festgestellte Sachverhalt auch in Hinsicht auf die Rechtsfolgen tragfähig ist oder insoweit Lücken aufweist (OLG München, Beschl. v. 19.8.2010 – 4 StRR 118/10, S. 3 f.).
Das LG ist vorliegend davon ausgegangen, dass die Staatsanwaltschaft das erstinstanzliche Urt. wirksam nur in Hinsicht auf das Strafmaß angefochten habe; im Übrigen, was die Feststellungen zur Schuld anbelangt, sei das Urt. des ersten Rechtszugs in Rechtskraft erwachsen. Das ist von Rechts wegen zu beanstanden.
Insb. zu den Verkehrsdelikten nach §§ 316 StGB, 21 StVG hat der Senat in st. Rspr., an der festzuhalten ist, erkannt, dass der Tatrichter sich nicht auf Feststellungen beschränken darf, die nur die reine tatbestandsmäßige Schuldform betreffen. Vielmehr ist der Tatrichter wegen der Bedeutung für die Rechtsfolgen gehalten, Feststellungen auch zur Motivation der Tat, den konkreten Verkehrsverhältnissen bei Tatbegehung, insb. zu möglichen Gefährdungen anderer Straßenverkehrsteilnehmer, und zum Anlass der Tat zu treffen. Beschränkt sich das Erstgericht auf die Feststellungen allein zur Schuldform und unterlässt es die weiteren Feststellungen, ist eine Beschränkung des Rechtsmittels nach § 318 StPO unwirksam und der Berufungsrichter gehalten, den Sachverhalt unter Beachtung der revisionsrechtlichen Vorgaben vollumfänglich festzustellen. (OLG München, Beschl. v. 4.4.2012 – 4 StRR 046/12, S. 4 f.; Beschl. v. 18.2.2008 – 4 StRR 207/07 = OLG München StraFO 2008, 210; Beschl. v. 10.8.2011 – 4 StRR 127/11; Beschl. v. 19.8.2010 – 4 StRR 118/10, S. 4).
Die vom AG getroffenen ( … ) Feststellungen betreffen nur die reine Schuldform. Das Urt. des ersten Rechtszugs teilt nichts zur gefahrenen Fahrstrecke, zum Anlass der Fahrt und zu den zur Tatzeit herrschenden Verkehrsumständen, damit zur Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer, mit. Mithin war das Urt. lückenhaft und einer Beschränkung der Berufung nach § 318 StPO nicht zugänglich. Das hat die Berufungskammer verkannt.
Der Fall, dass das Revisionsgericht ausnahmsweise von der Aufhebung des Urt. absehen kann, wenn das LG trotz des Irrtums über die Wirksamkeit der Berufungsbeschränkung die vollständigen Feststellungen selbst nachgeholt hat (Hanack, in LR-StPO 25. Aufl. § 337 Rn 55), liegt nicht vor. Denn das Berufungsurteil teilt dem Revisionsgericht nichts mit, was über die Feststellungen des AG hinausgeht.
Auf diesem Rechtsfehler beruht das angegriffene Urt. (§ 337 Abs. 1 StPO) und ist daher gem. § 353 Abs. 1 StPO i.V.m. § 349 Abs. 4 StPO samt den ihm zugrunde liegenden Feststellungen (§ 353 Abs. 2 StPO) aufzuheben. Das Verfahren war gem. § 353 Abs. 2 StPO an eine andere Strafkammer des LG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zurückzuverweisen. … “
Mitgeteilt von RiOLG Dr. Philipp Stoll, München