Ich habe Zweifel, ob das OLG Nürnberg die von ihm herangezogene Rspr. des BGH hier richtig angewandt hat.
I. Prozessbezogenheit
Die vom OLG verneinten Voraussetzungen der Prozessbezogenheit des Privatgutachtens haben hier m.E. vorgelegen. Für die Annahme der Prozessbezogenheit spricht einmal ein sachlicher Zusammenhang zwischen Gutachten und Rechtsstreit, der hier gegeben war. Zum anderen erfordert dies zusätzlich im Regelfall noch einen engen zeitlichen Zusammenhang. Ein solcher zeitlicher Zusammenhang liegt nach der Rspr. des BGH zweifellos dann vor, wenn der Kl. das dem Rechtsstreit zugrunde liegende Privatgutachten zwar vor Zustellung der Klage in Auftrag gegeben hat, das Gutachten jedoch erst nach Zustellung der Klage erstellt worden ist (so der Fall des BGH BRAGOreport 2003, 96 [Hansens] = JurBüro 2003, 309 = AGS 2003, 178). Gerade dieser Fall hatte hier aber vorgelegen.
Für die Beklagtenseite, insb. für die Kfz-Haftpflichtversicherung, ist die Prozessbezogenheit im Regelfall im Übrigen dann anzunehmen, wenn der an der Rechtmäßigkeit des Schadensersatzbegehrens zweifelnde Kfz-Haftpflichtversicherer das Privatgutachten zu einem Zeitpunkt in Auftrag gegeben hat, zu dem die Klage bereits angedroht war (BGH BRAGOreport 2003, 96 [Hansens] = AGS 2003, 178).
II. Erstattungsfähigkeit
Für die Beurteilung der Erstattungsfähigkeit der Kosten eines Privatgutachtens kommt es darauf an, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftig denkende Partei die die Kosten auslösende Maßnahme ex ante als sachdienlich ansehen durfte (BGH RVGreport 2012, 229 [Hansens] = zfs 2012, 285 mit Anm. Hansens = JurBüro 2012, 310; BGH RVGreport 2013, 236 [Ders.] = zfs 2013, 346 mit Anm. Hansens).
1. Fälle der Sachdienlichkeit
Die Einholung eines Privatgutachtens wird dann als sachdienlich anzusehen sein, wenn die Partei infolge fehlender Sachkenntnis ohne die Einholung des Privatgutachtens nicht zu einem sachgerechten Vortrag in der Lage war (BGH BRAGOreport 2003, 96 [Ders.]; BGH RVGreport 2006, 315 [Ders.] = AGS 2006, 461; BAG RVGreport 2008, 63 [Ders.] = NZA 2008, 71). Umgekehrt gehören hierzu auch die Fälle, in denen die Partei ohne Einholung eines Privatgutachtens ein ihr nachteiliges Sachverständigengutachten nicht zu erschüttern vermag (BGH RVGreport 2012, 229 [Ders.]). Daneben können bei der Beurteilung der Erstattungsfähigkeit der Kosten eines Privatgutachtens weitere Gesichtspunkte eine Rolle spielen. So können die voraussichtliche Eignung des Privatgutachtens zur Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung und deren Erfolgsaussichten, insb. unter Berücksichtigung vorhandener Anknüpfungstatsachen, dazu gehören. Ein weiterer Gesichtspunkt kann die Möglichkeit darstellen, den Prozesserfolg mit anderen Darlegungs- und Beweismitteln zu fördern. Dabei ist zu beachten, dass die Partei grds. die zur vollen Wahrnehmung ihrer Belange erforderlichen Schritte ergreifen darf (BGH RVGreport 2006, 315 [Hansens] = AGS 2006, 461; BGH RVGreport 2009, 274 [Ders.] = zfs 2009, 465 mit Anm. Hansens = AGS 2009, 313).
2. Kein Einfluss auf die gerichtliche Entscheidung
Demgegenüber setzt die Erstattungsfähigkeit von Privatgutachtenkosten nicht zusätzlich voraus, dass das Privatgutachten im Rahmen einer ex-post-Betrachtung tatsächlich die Entscheidung des Gerichts beeinflusst hat (BGH RVGreport 2012, 229 [Ders.] = zfs 2012, 285 mit Anm. Hansens).
3. Keine Einführung in den Rechtsstreit
Da für die Beurteilung der Notwendigkeit von Privatgutachtenkosten auf den Zeitpunkt abzustellen ist, in dem die die Kosten auslösende Maßnahme veranlasst wurde (BGH RVGreport 2009, 274 [Hansens] = zfs 2009, 465 mit Anm. Hansens = AGS 2009, 313), kann die Erstattungsfähigkeit weder von dem Ergebnis der Begutachtung noch von deren Überzeugungskraft abhängig gemacht werden. Für die Erstattungsfähigkeit kommt es deshalb nicht darauf an, dass die Partei den Inhalt des Privatgutachtens durch entsprechenden Vortrag in den Rechtsstreit einführt oder das Gutachten selbst im Laufe des Rechtsstreits vorlegt (BGH RVGreport 2013, 236 [Ders.] = zfs 2013, 346 mit Anm. Hansens).
Die Vorlage des Privatgutachtens ist dann allenfalls im Kostenfestsetzungsverfahren erforderlich, um den Anfall und die Höhe der Privatgutachtenkosten darlegen und glaubhaft machen zu können (§ 104 Abs. 2 ZPO). Nach Auffassung des BGH a.a.O. soll es schon genügen, wenn die Partei die Rechnung des Gutachters einreicht und die Entstehung der Kosten anwaltlich versichert, was ich allerdings für problematisch halte. Denn ohne Kenntnis des Gutachtens haben die Kostenfestsetzungsinstanzen keinerlei Grundlagen für die Prüfung, ob das Gutachten überhaupt sachbezogen war und ob der von dem Sachverständigen berechnete Zeitaufwand für die Erstellung des Privatgutachtens angemessen war.
4. Umstände des Einzelfalls
Ob die wegen der Prozessbezogenheit des Privatgutachtens zu den Kosten des Rechtsstreits gehörenden Privatgutachtenkosten notwendig waren, beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalls, die das OLG Nürnberg zusätzlich gewü...