"Die statthafte (§ 79 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und 2 OWiG) und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde der Betr. hat auf die Sachrüge – zumindest vorläufig – insoweit Erfolg, als der Rechtsfolgenausspruch des angefochtenen Urt. keinen Bestand hat; im Übrigen ist die Rechtsbeschwerde aber unbegründet."
1. Der Schuldspruch weist keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Betr. auf (§ 349 Abs. 2 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 S. 1 OWiG). …
2. Indes hält die Rechtsfolgenentscheidung rechtlicher Überprüfung nicht stand, weil sich die Feststellungen des AG zur Vorahndungslage der Betr. gem. §§ 71 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 267 Abs. 3 S. 1 StPO als lückenhaft und widersprüchlich erweisen und die auf die Annahme eines Wiederholungsfalles i.S.v. Nr. 242.1 BKat gestützte Sanktionsentscheidung nicht tragen (vgl. Göhler/Seitz, OWiG, 16. Aufl., § 71 Rn 40).
a) Im Ansatz zutreffend geht das AG davon aus, dass ein fahrlässiger Verstoß gem. § 24a Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 StVG nach §§ 24a Abs. 4, 25 Abs. 1 S. 2 StVG i.V.m. §§ 1 Abs. 1 und 2, 3 Abs. 1, 4 Abs. 3 BKatV i.V.m. Nr. 242.1 BKat im Wiederholungsfall, also bei Eintragung bereits einer Entscheidung nach § 24a StVG, § 316 StGB oder § 315c Abs. 1 Nr. 1a StGB im FaER, im Regelfall mit einer Geldbuße von 1.000 EUR sowie einem Fahrverbot von 3 Monaten zu ahnden ist. Dabei knüpft die Annahme eines Wiederholungsfalles an eine zum Tatzeitpunkt im FaER eingetragene einschlägige Vorahndung an. Dies ergibt sich letztlich aus der übergeordneten Erwägung, dass eine Sanktionsverschärfung regelmäßig dann geboten ist, wenn der in der ganz überwiegenden Anzahl von Fällen nur fahrlässig handelnde Betr. im Zeitpunkt der neuerlichen Zuwiderhandlung für ihn formell verbindliche, nämlich rechtskräftige Vorwarnungen und die sich hieran anschließenden Ahndungsmaßnahmen missachtet hat. Insoweit hat der Verordnungsgeber einen bestimmten Regelfall herausgenommen und rechtlich verselbstständigt; er hat damit aber nicht zum Ausdruck gebracht, dass die Annahme eines (sanktionserhöhenden) Wiederholungsfalles stets die Eintragung der Vorahndung im FaER und damit deren Rechtskraft voraussetzt. Ohnehin sind die Regelsätze der BKatV nur Zumessungsrichtlinien, die den Tatrichter nicht von eigenen Zumessungserwägungen, insb. nicht von einer Einzelfallprüfung in Bezug auf die Berechtigung des Katalogsatzes im konkreten Fall entbinden (vgl. Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Aufl., § 24 StVG Rn 64). Sanktionserhöhend kann sich vielmehr im Einzelfall auch auswirken, dass dem Betr. vor der neuerlichen Tat das Unrecht der einschlägigen früheren Tat auf andere Weise vor Augen geführt wurde, etwa dadurch, dass der Betr. durch die Zustellung eines Bußgeldbescheides positive Kenntnis von der Verfolgung der früheren – wenn auch nur fahrlässig begangenen – Tat erlangt hatte und die hierfür erforderlichen zusätzlichen tatrichterlichen Feststellungen den Schluss zulassen, der Betr. habe sich über den vorausgegangenen Warnappell hinweggesetzt (zur Parallelproblematik bei der Annahme eines beharrlichen Pflichtenverstoßes vgl. zuletzt OLG Bamberg, Beschl. v. 16.3.2015 – 3 Ss OWi 236/15, DAR 2015, 392 unter Hinweis auf BayObLG NStZ-RR 1996; OLG Hamm NZV 2000, 53; Burhoff/Deutscher, Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 4. Aufl., Rn 1595; Hentschel/König/Dauer, § 25 StVG Rn 15).
b) Nach Maßgabe dieser Grundsätze tragen die bisherigen Feststellungen des AG die Annahme eines Wiederholungsfalls und die hierauf gestützte Sanktionsentscheidung nicht. Ob zum Zeitpunkt der verfahrensgegenständlichen Tat vom 3.12.2014 eine einschlägige Vorahndung im FaER eingetragen war, ist den Feststellungen des AG schon nicht hinreichend sicher zu entnehmen, da sich aus der im Urt. in Bezug genommenen Auskunft aus dem FaER als Datum der Rechtskraft der Vorahndung der 1.4.2015 ergibt, während im Urt. selbst der 1.4.2014 angegeben ist, was jedoch im Hinblick auf den zugehörigen Tatzeitpunkt am 13.3.2014 auf ein Schreibversehen hindeuten dürfte. Wäre danach die Vorahndung erst am 1.4.2015 rechtskräftig geworden, so hätten zum Zeitpunkt der verfahrensgegenständlichen Tat keine Eintragungen im FaER vorgelegen. Ob die verhängten Rechtsfolgen gleichwohl Bestand haben können, hängt damit von der Frage ab, ob zum Zeitpunkt der verfahrensgegenständlichen Tat der der Vorahndung zugrundeliegende Bußgeldbescheid bereits erlassen und der Betr. auch bekannt war. Insoweit lässt das angefochtene Urt., das schon nicht den Zeitpunkt des Erlasses des Bußgeldbescheides mitteilt, die erforderlichen Feststellungen vermissen. … “
Mitgeteilt von RiOLG Dr. Georg Gieg, Bamberg
zfs 8/2016, S. 469 - 470