In letzter Zeit sind viele Versicherer dazu übergegangen, auch bei konkreter Abrechnung einzelne Positionen aus den Reparaturkostenrechnungen entweder überhaupt nicht zu übernehmen oder zumindest zu kürzen. Ein klassisches Beispiel für eine Kürzung der konkret nachgewiesenen Kosten sind die Verbringungskosten.
Manche Versicherer erstatten grds. pauschal nur 80 EUR bis 120 EUR, und zwar unabhängig davon, in welcher Höhe die Verbringungskosten in der Rechnung ausgewiesen sind.
Diese Praxis ist nicht hinzunehmen. Es gilt nämlich der Grundsatz, dass der Geschädigte die Kosten erstattet verlangen kann, die er vom Standpunkt eines verständigen wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens für zweckmäßig und notwendig halten durfte.
Der Geschädigte ist dabei nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm zumutbaren, den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. Unter Berücksichtigung des Ziels der Schadensrestitution – nämlich dem Geschädigten bei voller Haftung des Schädigers einen möglichst vollständigen Schadensausgleich zukommen lassen – ist allerdings Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten zu nehmen. Daher sind bei der Beurteilung, welcher Herstellungsaufwand erforderlich ist, insb. auch seine Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu berücksichtigen – sog. subjektbezogene Schadensbetrachtung. Zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Markts ist er nicht verpflichtet (vgl. BGH NJW 2017, 2403 ff.).
Bereits die Tatsache, dass die Verbringungskosten in einer Rechnung konkret ausgewiesen sind und insoweit konkret für den Geschädigten angefallen sind, indiziert grds. unabhängig von deren Höhe die Erforderlichkeit (vgl. AG Überlingen, Urt. v. 18.12.2017 – 1 C 197/17; AG Osnabrück, Urt. v. 13.12.2017 – 15 C 2007717 (11) ).
Dies gilt selbst dann, wenn die Verbringungskosten überteuert abgerechnet worden wären (vgl. AG Coburg v. 10.4.2017 – 15 C 4/17 sowie v. 13.7.2017 – 15 C 466/17). Erst recht gilt dies, wenn Verbringungskosten ortsüblich und in einer Reparaturrechnung aufgeführt sind (vgl. AG Aschaffenburg, Urt. v. 13.3.2017 – 130 C 437/16).
Bezüglich der in Rechnung gestellten Verbringungskosten trägt der Schädiger grds. das Werkstattrisiko (vgl. AG Coburg, v. 26.9.2017 – 12 C 560/17).
Darüber hinaus darf sich ein Geschädigter grds. im Hinblick auf von ihm zu beauftragende Reparaturarbeiten vollumfänglich auf ein ihm vorliegendes Sachverständigengutachten verlassen. Wird in Anlehnung an dieses Gutachten repariert, hat der Versicherer die Reparaturrechnung vollständig zu begleichen (vgl. AG Suhl, Urt. v. 14.9.2016 – 1 C 544/15).
Es liegt insoweit auch kein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht des Geschädigten vor. Will der Versicherer sich auf eine solche berufen, müsste er ggf. einen solchen Verstoß darlegen und beweisen (vgl. AG Detmold, Urt. v. 10.1.2018 – 6 C 242/17 sowie AG Überlingen a.a.O.). Dieser Darlegungs- und Beweislast wird der Versicherer regelmäßig nicht genügen können.
Zusammenfassend ist zu sagen, dass jedenfalls, wenn ein Gutachten vorliegt, das die Verbringungskosten als ortsüblich und erstattungswürdig ansieht, der Geschädigte auf das Gutachten vertrauen und eine entsprechende Reparatur in Auftrag geben darf.
Ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht ist auch bei über den im Gutachten ausgewiesenen Verbringungskosten und sogar bei überteuerten Verbringungskosten nicht gegeben. Gegebenenfalls besteht ein Anspruch des Versicherers, sich etwaige Regressansprüche gegenüber der Werkstatt abtreten zu lassen.