ZPO § 91; RVG § 19 Abs. 1 S. 2; VV RVG Nr. 3403

Leitsatz

Im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren ist die Einzeltätigkeit eines beim BGH nicht zugelassenen Rechtsanwalts grds. nicht erstattungsfähig, wenn auch ein beim BGH zugelassener Verfahrensbevollmächtigter bestellt wird.

BGH, Beschl. v. 10.7.2012 - VI ZB 7/12

1 Sachverhalt

Der Kl. hatte die Bekl. vor dem LG G auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Das LG hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Kl. hat das OLG F der Klage teilweise stattgegeben und die Revision gegen sein Urt. nicht zugelassen. Hiergegen haben die Bekl. Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Den erst- und zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten des Kl. ist der die Nichtzulassung begründende Schriftsatz der Bekl. am 29.7.2010 zugestellt worden. Mit Schriftsatz v. 5.8.2010 haben beim BGH zugelassene Rechtsanwälte die Vertretung des Kl. angezeigt und beantragt, die Nichtzulassungsbeschwerde zurückzuweisen. Mit weiterem Schriftsatz haben sie den Zurückweisungsantrag begründet. Der BGH hat die Nichtzulassungsbeschwerde auf Kosten der Bekl. zurückgewiesen. In seinem Kostenfestsetzungsantrag hat der Kl. neben der Vergütung für die Tätigkeit der BGH-Anwälte auch eine 0,8 Verfahrensgebühr nach Nr. 3403 VV RVG nebst Postentgeltpauschale und Umsatzsteuer für die Tätigkeit seiner zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten nach Eingang der Nichtzulassungsbeschwerde i.H.v. 882,50 EUR geltend gemacht. Den Kostenfestsetzungsantrag hat der Kl. damit begründet, er habe seine Anwälte beauftragt, die Erfolgsaussichten der Nichtzulassungsbeschwerde und die weitere Vorgehensweise zu prüfen. Der Rechtspfleger des LG hat die Festsetzung der 0,8 Verfahrensgebühr abgelehnt. Auf die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde hat das OLG F, dessen Entscheidung in AGS 2012, 250 abgedr. ist, die Kosten gegen die beiden Bekl. jeweils zur Hälfte festgesetzt. Die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde der Bekl. hatte Erfolg.

2 Aus den Gründen:

[4] “ … II. 1. a) Voraussetzung für einen Erstattungsanspruch ist grds., dass der Auftraggeber im Innenverhältnis zur Zahlung der in Rechnung gestellten Kosten verpflichtet ist. Ist der Rechtsanwalt aufgrund eines Anwaltsvertrages für die Partei tätig geworden, richtet sich die nach den Vorschriften des RVG zu entrichtende Vergütung nach dem Inhalt des dem Rechtsanwalt erteilten Auftrags und dem Umfang der von ihm erbrachten Tätigkeit. Eine Verfahrensgebühr gem. RVG-VV Nr. 3403 kann der Auftraggeber schulden, wenn er dem Rechtsanwalt, der nicht zum Prozess- oder Verfahrensbevollmächtigten bestellt ist, einen Auftrag für sonstige Einzeltätigkeiten erteilt (vgl. Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG, 20. Aufl., VV 3403 Rn 9). Da die erst- und zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten des Kl. im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren nicht als Verfahrensbevollmächtigte beauftragt worden sind, können sie, sofern ihnen ein Auftrag für eine Einzeltätigkeit in diesem Verfahren erteilt worden ist, gegebenenfalls eine Vergütung gem. RVG-VV Nr. 3403 beanspruchen (vgl. BGH AGS 2006, 491 = RVGreport 2006,348 (Hansens); BGH zfs 2007, 457 = AGS 2007, 298 = RVGreport 2007, 269 (Hansens)). Diese Vergütungsvorschrift erfasst jede Tätigkeit in einem gerichtlichen Verfahren, es sei denn, es greifen andere Bestimmungen des Vergütungsverzeichnisses ein (Müller-Rabe, a.a.O., Rn 33). Es handelt sich um eine Auffangregelung für Einzeltätigkeiten (Teubel in Mayer/Kroiß, RVG, 5. Aufl., Nr. 3403 VV Rn 1; Hartmann, KostG, 42. Aufl., RVG, VV 3403 Rn 1).

[5] b) Nach RVG-VV Nr. 3403 können insb. die Anfertigung, die Einreichung und die Unterzeichnung von Schriftsätzen sowie die Wahrnehmung von Terminen zu vergüten sein (Müller-Rabe, a.a.O. Rn 33 ff.). Im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren kann eine Vergütung nach dieser Vorschrift anfallen, wenn ein beim BGH nicht zugelassener Rechtsanwalt mit einer Einzeltätigkeit beauftragt wird. Das kann etwa dann der Fall sein, wenn er den Auftrag erhält, “alles zu tun, um die Rücknahme der Nichtzulassungsbeschwerde sofort zu erreichen’ (vgl. BGH AGS 2006, 491), oder wenn er seinen Mandanten darüber berät, ob dieser sich der von Seiten des Rechtsbeschwerdegegners erklärten Erledigung der Hauptsache anschließen solle (vgl. BGH zfs 2007, 457). Für die bloße Entgegennahme der Nichtzulassungsbeschwerdeschrift und ihre Mitteilung an den Auftraggeber erhält der zweitinstanzliche Rechtsanwalt dagegen keine Vergütung nach RVG-VV Nr. 3403, denn diese Tätigkeiten gehören nach § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 9 RVG zum Berufungsverfahren und werden durch die dort anfallende Verfahrensgebühr gem. RVG-VV Nr. 3200 abgegolten. Gleiches gilt im Revisionsverfahren, wenn der Berufungsanwalt von dem gegnerischen Revisionsanwalt gebeten wird, mit der eigenen Bestellung eines Revisionsanwaltes abzuwarten und der Berufungsanwalt diese Bitte seinem Auftraggeber übermittelt (KG MDR 1979, 319) oder wenn der zweitinstanzliche Anwalt, dem die Revisionsschrift der Gegenseite zugestellt worden ist, prüft, ob das Rechtsmittel fristgerecht eingelegt wurde (vgl. OL...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?