Zusammenfassung
Ordnungswidrigkeiten an Fußgängerüberwegen, die nach Nr. 113 BKat nicht nur mit 80 EUR Regelgeldbuße geahndet werden, sind für die Fahrzeugführer vor allem deshalb schmerzlich, weil sie – derzeit – 4 Punkte im Verkehrszentralregister nach sich ziehen. Umso mehr ist es für die Verfahrensbeteiligten von Bedeutung, sich die Probleme der Norm und die wichtigsten Fragen zur Feststellung derartiger Verstöße vor Augen zu führen. Der Beitrag leitet anhand von zehn Fragen durch die zentralen Themengebiete, die im Bußgeldverfahren wegen "Verstößen an Zebrastreifen" bedeutsam sind.
1. Woraus ergibt sich der Vorrang des Fußgängers?
Die Vorrangssituation des Fußgängers auf dem Fußgängerüberweg ergibt sich allein aus der sichtbaren Markierung des Zebrastreifens – Zeichen 293 – auf der Fahrbahn. Der Vorrang für die Fußgänger betrifft nicht nur die reine Markierungsfläche, sondern geht darüber hinaus: Man wird hier von 4–5 Metern Ausdehnung des Schutzbereichs in jede Fahrtrichtung ausgehen müssen.
Notwendig ist hier eine "deutliche, durchgehende Kennzeichnung". Da sich die Farbmarkierungen des Zebrastreifens durch Witterungseinflüsse, Ausbesserungsarbeiten an der Fahrbahn und mechanische Einwirkungen im Laufe der Zeit verändern, kommt es naturgemäß mit zunehmender Nutzungsdauer des Fußgängerüberwegs zu einer herabgesetzten Erkennbarkeit. Ergeben sich Anhaltspunkte für eine herabgesetzte Erkennbarkeit des Zebrastreifens oder wird eine solche seitens des Betroffenen geltend gemacht, so ist natürlich unter der gebotenen Berücksichtigung des Grundsatzes "in dubio pro reo" zu erforschen, wie der Zustand des Zebrastreifens objektiv zur Tatzeit im zu beurteilenden Einzelfall beschaffen war. Unstreitig gilt sodann: die Vorrangssituation des § 26 StVO erfordert eine klare Erkennbarkeit des Überwegs – Unklarheiten sollen nicht zu einer herabgesetzten Vorwerfbarkeit führen, sondern zu einem Fehlen des Vorrangsrechts. Dies gilt selbst dann, wenn es sich bei dem Betroffenen um einen ortskundigen Fahrzeugführer handelt. Der Vorrang am Zebrastreifen ergibt sich dann auch etwa nicht aus der begleitend aufgestellten Beschilderung, so z.B. durch Zeichen 134 bzw. 350 – diese ersetzen nicht den Zebrastreifen, sondern können allenfalls eine höhere Sorgfalt des sich annähernden Fahrzeugführers nahe legen.
Richtigerweise wird jedenfalls bei herabgesetzter Erkennbarkeit für den ankommenden Fahrzeugführer eine Verfahrenseinstellung nach § 47 OWiG oder eine Herabsetzung der Geldbuße in den "nicht eintragungsfähigen Bereich" geboten sein.
Nach bislang h.M. wurde des Weiteren davon ausgegangen, dass ein Zebrastreifen, der zusätzlich mit einer Lichtzeichenanlage versehen ist, nicht mehr unter den Schutz des § 26 StVO falle, da in einem solchen Fall die Ampelregelung die Wirkung des Zebrastreifens wegen § 37 Abs. 1 StVO suspendiere und somit die mit dem Zeichen 293 bezeichneten Überwege während des Betriebs einer Lichtzeichenanlage demnach rechtlich als nicht vorhanden gelten. Hier hat der BGH aber möglicherweise eine Rechtsprechungsänderung eingeleitet, indem er in einem Strafverfahren wegen des Vorwurfs der Begehung eines § 315c Abs. 1 Nr. 2 c StGB erklärt hat, er habe trotz entgegenstehender h.M. keine Bedenken dagegen, auch einen mit Lichtzeichenanlage zusätzlich gesicherten Zebrastreifen als Fußgängerüberweg i.S.d. § 26 StVO (bzw. § 315c Abs. 1 Nr. 2 c StGB) anzusehen. M.E. spricht aber der klare Wortlaut des § 37 StVO gegen die geäußerte Ansicht des BGH. Allenfalls im Rahmen des § 315c StGB kann eine solche Diskussion geführt werden, da hier (zwar inhaltlich, doch) nicht ausdrücklich auf § 26 StVO Bezug genommen wird. Möglicherweise fallen nämlich die Begriffe des Fußgängerüberwegs in beiden genannten Vorschriften doch auseinander.