Kommt es zum Austausch der Schließanlage gilt nach schadensersatzrechtlichen Grundsätzen, dass der Geschädigte durch das schädigende Ereignis nicht schlechter, aber auch nicht besser gestellt werden darf. Auch wenn Schließanlagen eine lange Lebensdauer haben, muss sich daher der Eigentümer der Schließanlage unter dem Aspekt der Vorteilsausgleichung grundsätzlich einen Abzug "neu für alt" anrechnen lassen. Bei wiederzubeschaffenden Sachen ist der Wiederbeschaffungswert maßgebend. Einen Markt für gebrauchte Schließanlagen gibt es nicht, so dass als Ersatz nicht etwa eine gleichwertige gebrauchte Schließanlage beschafft und eingebaut werden kann. Fehlt bei gebrauchten Sachen mangels ausreichender Nachfrage ein Marktpreis, kann der Wert durch Abschreibung aus dem Neupreis entwickelt werden.
Ein entsprechender Abzug vom Schadensbetrag setzt voraus, dass durch den Austausch eine messbare Wertsteigerung eintritt, die sich für den Geschädigten wirtschaftlich günstig auswirkt und der Abzug für den Geschädigten zumutbar ist. Sofern es durch den Austausch zu einer wirtschaftlichen Besserstellung kommt, die sich tatsächlich wirtschaftlich auswirkt, wie z.B. durch eine längere Lebensdauer, muss sich der Geschädigte diesen Vorteil anrechnen lassen.
Bei Schließzylindern und Schlüsseln handelt es sich um Bauteile, die der täglichen mechanischen Beanspruchung und damit der Abnutzung unterliegen. In der Regel kann bei einer Schließanlage von einer Lebensdauer von 20–25 Jahren ausgegangen werden.
Damit tritt durch den Austausch einer Schließanlage grundsätzlich eine Bereicherung des Eigentümers ein, da die auszutauschenden Bauteile nach der notwendigen Erneuerung länger halten und erst in fernerer Zukunft erneut ausgetauscht werden müssen. Bei der Berechnung des für den Austausch der Schließanlage dargelegten Schadensersatzbetrages kann somit für jedes Jahr ein Wertverlust der Schließanlage von 4–5 % abgezogen werden.
Bei einwandfrei funktionierenden Schließanlagen ohne Verschleißerscheinungen, die weniger als drei Jahre zuvor ausgetauscht wurden, kann im Verhältnis zur langen Lebensdauer ein nennenswerter Wertverlust ausbleiben.
Im Einzelfall sollte jedoch nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Lebensdauer stark von der Nutzung abhängt. Jeder Schließzylinder und jeder Schlüssel ist ein mechanisches Produkt, das bei jeder Betätigung etwas abgenutzt wird. Das Nachlassen der Funktionsbereitschaft geschieht schleichend und wird kaum bemerkt. Auch wenn ein Zylinderschloss nach ca. 15 Jahren störungsfrei funktioniert, kann seine Sicherheit durch normale Abnutzung längst derart reduziert sein, dass es mit "fremden" Schlüsseln gewollt oder ungewollt geöffnet werden kann. So wird z.B. bei einer Eingangstür zu einem Hochhaus, welche beispielsweise 100 Mal oder öfter pro Tag benutzt wird, die Lebensdauer der Schließanlage erheblich geringer sein als bei einer wenig benutzten Eingangstür eines Zweifamilienhauses.
Des Weiteren erlangt der Eigentümer durch den Austausch der Schließanlage unter Umständen den Vorteil, dass die neue Anlage hinsichtlich etwaiger Erweiterungen noch lange nicht ausgereizt ist. Hinzu kann eine regelmäßig vom Hersteller gewährleistete Produktsicherheitsgarantie sowie ein bestehender Patentschutz des Schlüssel- bzw. Zylinderprofils kommen, nach deren Ablauf die Möglichkeit besteht, dass Schlüssel unbefugt nachgemacht werden können. Auch insoweit wirkt sich der Austausch für den Eigentümer wirtschaftlich günstig aus, weil dieser Sicherheitsaspekt nun wieder für einen längeren Zeitraum besteht.
Anspruchsmindernd kann letztlich noch ein Schrottpreis der Schließzylinder sein und unter dem Gesichtspunkt der Schadenminderungspflicht hat der Eigentümer der Schließanlage nach erfolgtem Austausch der Schließanlage ggf. von einem in der Rechnung gewährten Skontoabzug Gebrauch zu machen.
Autor: Sascha Bertkau , Leiter Abteilung Haftpflicht und Unfall Schaden, DEVK Versicherungen, Köln
zfs 9/2014, S. 484 - 490