RVG § 3a Abs. 1 § 4a Abs. 1 und 2 § 4b; BRAO § 49b
Leitsatz
Eine Vergütungsvereinbarung zwischen Rechtsanwalt und Mandant, die gegen die Formvorschriften des § 3a Abs. 1 S. 1 und 2 RVG oder die Voraussetzungen für den Abschluss einer Erfolgshonorarvereinbarung nach § 4a Abs. 1 und 2 RVG verstößt, ist wirksam; aus ihr kann die vereinbarte Vergütung bis zur Höhe der gesetzlichen Gebühr gefordert werden (Aufgabe der bisherigen Rspr.).
BGH, Urt. v. 5.6.2014 – IX ZR 137/12
Sachverhalt
Der Bekl. hatte zunächst vergeblich versucht, von einer Bank eine Finanzierung für den Erwerb eines Hotels in München zu erlangen. Er schaltete deshalb Rechtsanwalt L ein, um mit dessen Hilfe die Finanzierung doch noch zu erreichen. Aufgrund der auf Stundenhonorarbasis getroffenen Vergütungsvereinbarung v. 17.11.2009 erhielt Rechtsanwalt L von dem Bekl. für die Abfassung eines Aufforderungsschreibens 3.888 EUR. Nachdem die Bank Bereitschaft zu weiteren Verhandlungen erklärt hatte, schlossen der Bekl. und Rechtsanwalt L am 15.12.2009 eine weitere Vergütungsvereinbarung, nach der Anwalt anstelle der gesetzlichen Gebühren 20.000 EUR zzgl. USt. und im Falle des Abschlusses eines Finanzierungsvertrags weitere 10.000 EUR zzgl. USt. erhalten sollte. Der Bekl. zahlte 20.000 EUR zzgl. USt. an seinen Anwalt. Dessen Gespräch mit der Bank blieb erfolglos. Deshalb beauftragte der Beklage Rechtsanwalt L nunmehr damit, eine Klage gegen die Bank vorzubereiten. Dabei vereinbarte der Bekl. mit dem Rechtsanwalt, dass die Pauschalvergütung, die sich zunächst nur auf die außergerichtliche Tätigkeit bezogen hatte, nunmehr auch die erste Instanz eines Klageverfahrens abdecken sollte. Der von Rechtsanwalt L sodann erstellte Klageentwurf wurde nicht mehr eingereicht, weil sich der Bekl. mit der Bank in einem weiteren Gespräch ohne anwaltliche Beteiligung auf eine Finanzierung einigte.
Rechtsanwalt L stellte hieraufhin das Erfolgshonorar i.H.v. 10.000 EUR nebst USt. in Rechnung. Der Bekl. machte die Unwirksamkeit der Honorarvereinbarung geltend. Daraufhin rechnete der Rechtsanwalt nach den Regelungen des RVG ab. Für die außergerichtliche Tätigkeit errechnete der Anwalt ein Honorar von 64.274,28 EUR und für die Tätigkeit aufgrund des Klageauftrages einschließlich einer Einigungsgebühr weitere 49.817,92 EUR. Hiervon brachte er die Zahlung des Bekl. von 23.800 EUR in Abzug und verlangte die Differenz von 90.292,20 EUR.
Dieses Honorar hat eine anwaltliche Verrechnungsstelle aus abgetretenem Recht des Rechtsanwalts L vor dem LG München I eingeklagt. Das LG hat der Klage – soweit hier von Interesse – i.H.v. 10.000 EUR zzgl. USt. stattgegeben. Die hiergegen eingelegte Berufung der Kl. hatte in diesem Punkt vor dem OLG München (AGS 2012, 271 mit Anm. Schons = JurBüro 2012, 425 = NJW 2012, 3454) keinen Erfolg. Der BGH hat die Revision der Kl. zurückgewiesen.
2 Aus den Gründen:
[11] "… II. Die Kl. kann Honorarforderungen des Zedenten nur in restlicher Höhe von 10.000 EUR zzgl. Umsatzsteuer geltend machen."
[12] 1. Der Anwaltsvertrag zwischen dem Zedenten und dem Bekl. war rechtswirksam, selbst wenn die Honorarvereinbarung nichtig gewesen wäre. Dies war schon nach dem vor dem 1. Juli 2008 geltenden Recht in st. Rspr. anerkannt, nach dem Erfolgshonorarvereinbarungen nach § 49b Abs. 2 BRAO generell verboten waren, was gem. § 134 BGB zu ihrer Nichtigkeit führte (BGH NJW 2004, 1169, 1171; AnwBl. 2009, 653).
[13] Nach dem seit 1.7.2008 geltenden § 49b Abs. 2 S. 1 BRAO sind Erfolgshonorarvereinbarungen nur noch unzulässig, soweit das RVG nichts anderes bestimmt. An der fortdauernden Wirksamkeit des Anwaltsvertrags selbst hat sich dadurch nichts geändert. Die Einschränkung des Verbotes von Erfolgshonoraren sollte nicht zu einer weitergehenden Nichtigkeitsfolge bezüglich des Anwaltsvertrags führen. Dessen Rechtswirksamkeit sollte unberührt bleiben (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zur Neuregelung des Verbots der Vereinbarung von Erfolgshonoraren, BT-Drucks. 16/8384, S. 12 zu § 4b; Schneider/Wolf/Onderka, RVG, 7. Aufl., § 4b Rn 9; Gerold/Schmidt/Mayer, RVG, 21. Aufl., § 4b Rn 3, Foerster, JR 2012, 93). Demgemäß kann der Zedent Anwaltshonorar verlangen.
[14] 2. Entgegen der Auffassung des BG führt der unstreitige Verstoß gegen § 4a Abs. 1 und 2 RVG bei Vereinbarung des Erfolgshonorars jedoch nicht zur Nichtigkeit der Erfolgshonorarvereinbarung, sondern zur Deckelung der vereinbarten Vergütung auf die gesetzliche Vergütung.
[15] a) Ob ein Verstoß gegen § 4a Abs. 1 oder 2 RVG die Nichtigkeit der Erfolgshonorarvereinbarung zur Folge hat, ist allerdings umstritten. Nach einer Auffassung sind Erfolgshonorarvereinbarungen, die die Voraussetzungen des § 4a RVG nicht erfüllen, nichtig (Foerster, JR 2012, 93; Onderka in Schneider/Wolf, a.a.O. § 4b Rn 7). Nach anderer Auffassung sind sie rechtswirksam, begrenzen aber im Erfolgsfall die Vergütung des Rechtsanwalts auf die gesetzliche Vergütung (Göttlich/Mümmler, RVG, 4. Aufl., E 3 S. 323; Hartung/Schons, RVG, 2. Aufl., § 4b Rn 1, 9; Gerold/Schmidt/Mayer, a.a.O., § 4b ...