GG Art. 19 Abs. 4; VwGO § 44a S. 1 § 80 § 123; FeV § 46 Abs. 3 § 11 ff.
Leitsatz
Eine auf § 46 Abs. 3 i.V.m. §§ 11 bis 14 FeV gestützte Anordnung zur Beibringung eines ärztlichen Gutachtens stellt eine lediglich der Sachverhaltsaufklärung dienende vorbereitende Maßnahme dar, die erst im Rahmen eines Verfahrens über die Entziehung oder Erteilung einer Fahrerlaubnis überprüft werden kann und gegen die auch die Gewährleistung vorläufigen Rechtsschutzes in aller Regel unzulässig ist.
OVG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 11.4.2014 – 2 MB 11/14
1 Aus den Gründen:
"… Das VG hat zutreffend entschieden, dass die Anordnung, ein Fahreignungsgutachten beizubringen, nicht selbstständig angreifbar ist. Die Anordnung stellt lediglich eine Aufklärungsmaßnahme dar und ist damit kein selbstständig anfechtbarer Verwaltungsakt, sondern nur eine Vorbereitungshandlung i.S.d. § 44a S. 1 VwGO. Die Voraussetzungen für die Anordnung sind erst im Verwaltungsrechtsstreit über die Erteilung oder Entziehung der Fahrerlaubnis zu überprüfen. An dieser vom BVerwG in st. Rspr. zu § 15b StVZO a.F. vertretenen Rechtsauffassung (vgl. z.B. Urt. v. 27.9.1995 –11 C 34.94 – [zfs 1996, 77 =] juris Rn 10; Beschl. v. 28.6.1996 – 11 B 36.96 – juris Rn 2 jeweils m.w.N.) ist auch für die Anforderung von medizinisch-psychologischen Gutachten auf der Grundlage der §§ 11 ff. FeV v. 18.8.1998 (BGBl I, S. 2214) festzuhalten; durch die einschlägigen Vorschriften der FeV hat sich am Rechtscharakter der Gutachtensanordnung nichts geändert (vgl. mit ausführlicher Begründung OVG Münster, Beschl. v. 22.1.2001 – 19 B 1757/00 u.a. – juris Ls. 2 und Rn 18 ff.; siehe auch VGH Mannheim, Beschl. v. 24.6.2002 – 10 S 985/02 – [zfs 2002, 504 =] juris Rn 12; OVG Hamburg, Beschl. v. 22.5.2002 – 3 Bs 71/02 – [zfs 2003, 262,] juris, OVG Magdeburg, Beschl. v. 14.9.2007 – 1 O 190/07 – juris Rn 2; VGH München, Beschl. v. 6.8.2007 – 11 ZB 06.1818 – juris Rn 3: OVG Schleswig, Beschl. v. 2.6.2010 – 2 LA 25/10 – m.w.N. und v. 13.1.2011 – 2 O 56/10)."
Der Verweis des ASt. auf den Beschl. des VG München v. 4.6.2010 – M 1 E 10.2052 – juris – geht fehl. Das VG München führt ebenfalls ausdrücklich aus, dass die Anordnung, ein Gutachten beizubringen, nicht selbstständig anfechtbar ist ( a.a.O. Rn 15 m.w.N.).
Danach scheidet vorläufiger Rechtsschutz gem. § 80 Abs. 5 VwGO gegen die Anordnung zur Vorlage eines Gutachtens mangels Vorliegens eines Verwaltungsakts aus. Der Zulässigkeit vorläufigen Rechtsschutzes nach § 123 VwGO steht entgegen, dass die Gutachtensanordnung nicht als solche, sondern erst im Rahmen eines Verfahrens über die Entziehung oder Erteilung einer Fahrerlaubnis als Vorfrage überprüft werden kann (vgl. OVG Hamburg a.a.O. Rn 3). Zwar darf die Fahrerlaubnisbehörde nach § 11 Abs. 8 S. 1 FeV bei ihrer Entscheidung über die Erteilung oder Entziehung einer Fahrerlaubnis auf die Nichteignung des Betr. schließen, wenn sich der Betr. weigert, sich untersuchen zu lassen oder das von der Fahrerlaubnisbehörde geforderte Gutachten nicht fristgerecht beibringt. Der Schluss auf die Nichteignung ist aber nur dann zulässig, wenn die Anordnung der Untersuchung formell und materiell rechtmäßig, insb. anlassbezogen und verhältnismäßig ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 9.6.2005 – 3 C 21.04 – [NJW 2005, 3440 =] juris Rn 22 und 3 C 25.04 – juris Rn 19 jeweils m.w.N.).
Da im Verfahren um die Entziehung der Fahrerlaubnis vorläufiger Rechtsschutz gewährt werden kann, ist auch nicht ersichtlich, dass im Hinblick auf den durch Art. 19 Abs. 4 GG grundrechtlich gewährleisteten effektiven Rechtschutz ausnahmsweise vorläufiger Rechtsschutzes bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt zu gewähren wäre (vgl. hierzu ausführlich OVG Hamburg a.a.O. Rn 4 ff.).
Zu dieser Entscheidung war der Senat in seiner nach dem Geschäftsverteilungsplan des Gerichts bestimmten Zusammensetzung berufen, da der gegen alle vormals zur Entscheidung in Verfahren des ASt. berufenen Richter des 2. Senats gerichtete und allein mit ihren vormaligen Entscheidungen begründete Befangenheitsantrag offensichtlich unbegründet und daher unbeachtlich ist. Mit dem Verweis auf vormalige Entscheidungen hat der ASt. seinen Befangenheitsantrag nur mit Umständen begründet, die unter keinem denkbaren Gesichtspunkt die Besorgnis der Befangenheit rechtfertigen können. Er legt keine individuellen, auf die Person der einzelnen abgelehnten Senatsmitglieder bezogene Gründe für die Besorgnis einer Befangenheit dar. Vielmehr erhebt der ASt. ausschließlich Einwände gegen die nach seiner Ansicht fehlerhafte Verfahrens- und Sachbehandlung in vorangegangenen Entscheidungen (vgl. zum Ganzen auch BVerwG, Beschl. v. 8.10.2013 – 8 C 53.13 – juris Rn 5(vgl. BVerfG, Kammerbeschl. v. 11.3.2010 – 1 BvR 2853/11 – juris Rn 28, 30 jeweils m.w.N., stRspr.).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).“
Anmerkung
Hinweis: Der 52. Deutsche Verkehrsgerichtstag 2014 hat sich im Arbeitskreis V mit "Fahreignung und MPU" beschäftigt (zfs 2014, 122 ff.) und empfohlen, die zur Verkehrssicherheit beitragende MPU einer Reform zu unterzie...