Dass die Bekl. im Vorprozess, in dem ihr der Streit verkündet worden war, nicht dem Rechtsstreit beigetreten war, war dann eine verfehlte Entscheidung, wenn sie Chancen zur Ausräumung der gegen sie erhobenen Vorwürfe (ungesicherte Lagerung der Bauzäune in der Nähe eines Kindergartens) sah. Zu einem Beitritt war ihr zu raten, wenn sie sowohl befürchten musste, dass sie bei einer Abweisung der Klage gegen den Generalunternehmer mit Erfolg in Anspruch genommen werden konnte, wie vor allem auch, dass sie jeden Anteil an der Schaffung der der Verkehrssicherungspflicht widersprechenden Gefahrenlage im Vorprozess nachwies. Das Eingreifen der Interventionswirkung (§ 74 Abs. 2 und 3 ZPO) hing davon ab, ob im Vorprozess mit Bindungswirkung für den Folgeprozess die Frage entschieden worden ist, dass nur die Bekl. des Folgeprozesses für die Herbeiführung der Gefahrenlage verantwortlich gewesen ist. Die Interventionswirkung besteht darin, dass die Streitverkündete im Folgeprozess nicht mit der Behauptung gehört wird, der Vorprozess sei unrichtig entschieden, wobei sich die Bindung auf alle tatsächlichen und rechtlichen Grundlage der Entscheidung bezieht (vgl. BGH VersR 1985, 568, 569; BGH NJW-RR 1989, 766, 767; BGH NJW 1983, 820, 821). Beruhte die Entscheidung im Ausgangsprozess u.a. auf der Feststellung, dass die Hauptpartei (die Kl.) aus Gründen der Beweislast im Vorprozess unterlegen war, stand für den Folgeprozess gegen den Streitverkündeten nicht die logische Alternative der nicht festgestellten Tatsache fest, dass die Streitverkündete die Bauzäune der Verkehrssicherungspflicht zuwider gelagert hatte (vgl. BGH NJW 1983, 820, 821). Da die Bekl. im Folgeprozess nicht beweisbelastet für den Umstand gewesen ist, die Bauzäune nicht gelagert zu haben, führte eine etwaige festgestellte Nichtbeweisbarkeit im Vorprozess nicht dazu, dass im Folgeprozess zugrunde zu legen war, dass nicht der Generalunternehmer, sondern die Bekl. des Folgeprozesses die Lagerung vorgenommen hatte. Ein non liquet im Ausgangsprozess belastete die Streitverkündete nur dann im Folgeprozess, wenn die Bekl. im Folgeprozess beweispflichtig war (vgl. BGH NJW 1983, 820, 821; OLG Düsseldorf NJW 1992, 1177). Nur die entscheidungserhebliche Tatsache der Unaufklärbarkeit nahm an der Interventionswirkung teil (BGH a.a.O.). Damit war es nicht ausgeschlossen, dass auch im Folgeprozess eine Beweislastentscheidung zum Nachteil der Kl. erging.
Da sich dem mitgeteilten Sachverhalt nicht entnehmen lässt, ob im Vorprozess eine Beweislastentscheidung ergangen ist, hängt die Beurteilung der Bindungswirkung davon ab, ob unausgesprochene tatsächliche Feststellungen anzuerkennen sind. Enthielt das Urteil im Vorprozess keine Feststellungen dazu, wer statt des Generalunternehmers die gefahrträchtige Lagerung der Bauzäune vorgenommen hatte, könnte die Annahme der Bindungswirkung daran scheitern, dass fehlende Feststellungen im Vorprozess, die das Gericht hätte treffen müssen, aber nicht getroffen hat, nicht an der Bindungswirkung teilnehmen (vgl. BGH NJW 1983, 820). Ob auch unausgesprochene tatsächliche Feststellungen im Vorprozess mit der Folge der Bindung des Richters an diese im Folgeprozess anzuerkennen sind, erscheint schon deshalb zweifelhaft, weil der Streitverkündete, sofern er nicht anwaltlich vertreten ist, die gefährliche Bindungswirkung bei dieser Konstellation nicht erkennen kann. Hinzu kommt, dass dem nicht beigetretenen Streitverkündeten Informationen über den weiteren Prozessverlauf, insb. Schriftsätze und die Entscheidung des Gerichts nicht mitgeteilt werden. Allerdings ist der Streitverkündete über die Nebeninterventionswirkung auch an die Prozessergebnisse gebunden (§ 74 Abs. 2 und 3 ZPO), falls die Streitverkündung wirksam erfolgt ist. Informationen über den weiteren Lauf des Rechtsstreits nach der Streitverkündung und dem unterlassenen Beitritt kann der Streitverkündete nur durch die Verfolgung eines Rechts auf Akteneinsicht erreichen. Dessen Gewährung bestimmt sich nach § 299 Abs. 2 ZPO.
RiOLG a.D. Heinz Diehl
zfs 9/2014, S. 509 - 511