" … Die zulässige Berufung des Kl. ist unbegründet."
Dem Kl. steht kein Schadensersatzanspruch i.H.v. 25.000 EUR und materieller Schadensersatz von 20.000 EUR gem. §§ 280 Abs. 1, 249 ff., 253 Abs. 2 BGB nebst gesetzlicher Zinsen gem. §§ 291, 288 Abs. 1 BGB zu.
1. Die Bekl. trifft als Krankenversicherer mit einer Komponente zur Auslandskrankenrücktransportversicherung die Pflicht, bei einem behaupteten Versicherungsfall (Erkrankung und Notwendigkeit der Heilbehandlung bzw. des Krankenrücktransports) die Notwendigkeit eines Krankenrücktransports vor Durchführung zu prüfen und die Krankenrücktransportkosten (hier: 100.000 EUR für einen Spezialtransport mit einem Flugzeug) vorzuschießen oder ersatzweise die Organisation selbst zu übernehmen (Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl., § 192 Rn 78 ff., 82 … ).
Unter einem medizinisch notwendigen Krankenrücktransport ist eine erforderliche Behandlung im Zusammenhang mit dem Rücktransport zu verstehen, die nach den objektiven medizinischen Befunden und Erkenntnissen im Zeitpunkt der Vornahme der ärztlichen Behandlung vertretbar gewesen war (vgl. BGHZ 133, 208 ff. [Rn 16] … ).
a) Die von der Bekl. verwendeten AVB in Ziff. 4.1 und 4.4 des Tarifs VE (Anlage K 5) sind unwirksam, § 306 Abs. 1 BGB.
aa) Eine Klausel bei einer Auslandskrankenrücktransportversicherung, die den Versicherungsanspruch davon abhängig macht, dass der Transport oder dessen medizinische Notwendigkeit von einer ärztlichen Anordnung oder einem ärztlichen Attest vor Beginn des Rücktransports als ärztlichen Nachweis abhängig ist, verstößt gegen die Gebote von Treu und Glauben und benachteiligt einen VN unangemessen gem. §§ 307 Abs. 1 S. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 2 BGB.
Die Bekl. geht davon aus, dass es einem Arzt, in dessen Behandlung der VN im Ausland gelangt, am besten möglich sein wird zu beurteilen, ob eine Weiterbehandlung an Ort und Stelle im Ausland erfolgen kann oder ob es aus medizinischen Gründen nötig ist, den Patienten zur weiteren Behandlung in sein Heimatland zurückzutransportieren. Zum einen kann es jedoch nicht auf die subjektive Sicht eines Arztes im Ausland ankommen, insb. in Dritte-Welt-Ländern o.Ä., und zum anderen ist nach der von der Bekl. vorgenommenen Auslegung ihrer Klausel davon auszugehen, dass sie dieser selbst zugrunde legt, berechtigt zu sein, im Nachhinein überprüfen zu lassen, ob die Beurteilung des Arztes im Ausland vertretbar gewesen ist oder nicht.
Eine solche Klausel ist mit wesentlichen Rechten oder Pflichten einer Auslandskrankenrücktransportversicherung nicht vereinbar, weil sie gem. § 307 Abs. 1 S. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 2 BGB die Rechte eines VN so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszweckes gefährdet ist (Aushöhlung). Der Senat schließt sich insoweit hinsichtlich der Unwirksamkeit der Notwendigkeit einer schriftlichen ärztlichen Anordnung vor einem Krankenrücktransport der obergerichtlichen Rspr. an (OLG Saarbrücken VersR 2002, 837 f.). Die Bekl. als redlicher VR hätte ausreichend Anlass und Zeit gehabt, die seit 2002 für unwirksam erklärten Klauseln 7 Jahre später nicht mehr zu verwenden.
bb) Auch die Klausel in Ziff. 4.1 und 4.4 des Tarifs VE, wonach dem Kl. als VN auch für Fälle von schweren Erkrankungen und teuren Krankenrücktransportkosten lediglich ein Anspruch auf Kostenerstattung zusteht, ist unwirksam, § 306 Abs. 1 S. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 2 BGB.
Die Bekl. als VR verstößt mit dieser einschränkenden Klausel in erheblichem Maße gegen den Zweck einer Transportversicherung für den Fall der Erkrankung im Ausland, weil der Vertragszweck durch Einschränkung auf die bloße – nachträgliche – Kostenerstattungspflicht gefährdet ist.
Die Klausel, die nur eine Kostenerstattungspflicht für aufgewendete Krankenrücktransportkosten vorsieht, führt zu einem faktischen Ausschluss des Versicherungsschutzes, sobald ein VN im Ausland etwa einen schweren Verkehrsunfall erleidet und mangels Kenntnis von medizinischen Rückholdiensten nicht in der Lage ist, einen Krankenrücktransport selbst zu organisieren oder ein Krankenrücktransport aus einem weiteren Land zurück nach Deutschland erhebliche Kosten verursacht und diese von einem durchschnittlichen VN nicht im Voraus verauslagt werden können. Für einen ärztlich begleiteten Rücktransport in einem Spezialflugzeug entstehen ohne Weiteres Kosten bis 100.000 EUR oder mehr.
Bereits bei Kosten von 1.500 EUR ist es einem durchschnittlichen VN, der im Ausland einen Unfall oder sonst eine akute Krankheit erleidet, nicht möglich, einen solchen Geldbetrag innerhalb kürzester Zeit vor Ort im Ausland zur Verfügung zu haben. Selbst vermögende VN, die über einen Vermögensstamm – auch über Vermögen bis zu 100.000 EUR – verfügen, werden nicht innerhalb weniger Stunden oder innerhalb eines Tages über die Liquidität eines Betrages von bis zu 100.000 EUR verfügen oder innerhalb einer solch kurzen Zeit eine entsprechende Bankbürgschaft beibringen können, ungeachtet des Umstandes, ob ausländische Banken eine solche Bankbürgschaft einer für sie fremden Bank überhaupt entgege...