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Für den gewöhnlichen Verkehrsrechtssachverhalt führt das Adhäsionsverfahren eher ein Schattendasein. Dies beruht auf verschiedenen Gründen. So soll sich etwa das Adhäsionsverfahren wegen der Komplexität der Anspruchslage für Straßenverkehrsunfälle eher weniger eignen. Ein gewichtiges und nicht von der Hand zu weisendes Argument ist aber sicherlich auch, dass das Gesetz die Miteinbeziehung anderer, also z.B. auch des Haftpflichtversicherers, nicht vorsieht. Und wenn die Sache im Strafbefehlsverfahren geführt wird, kann ein Adhäsionsantrag nur gestellt werden, wenn wegen des Einspruchs oder nach § 408 Abs. 2 S. 1 StPO eine Hauptverhandlung stattfindet. Gleichwohl – dieses Verfahren gehört zum Standard-Handwerkszeug des Verkehrsanwalts, wenn man einen Geschädigten beraten oder wenn man einen Schädiger verteidigen muss, und es birgt auch – trotz vieler anderslautender Stimmen – hohes verfahrensökonomisches Potenzial. Insofern möchte der Beitrag einen kurzen Überblick über das Adhäsionsverfahren samt aktueller rechtlicher Fragen anbieten, zu den Gebührenansprüchen informieren sowie ergänzend Muster für den praktischen Gebrauch vorschlagen.
A. Gesetzliche Regelung
Das Adhäsionsverfahren ist in den §§ 403–406c StPO geregelt. Die Kombination aus Nebenklage und Adhäsionsverfahren ist möglich, aber nicht zwingend, vgl. § 406f StPO. Denkbar ist aber auch der Verzicht auf ein Adhäsionsverfahren, wenn dem Geschädigten durch § 153a StPO oder durch eine Bewährungsauflage besser gedient wäre – hier ist dann das taktische Geschick des Verteidigers gefragt. Sowohl der Verletzte als auch der mittelbar Geschädigte sind antragsberechtigt, nicht aber der Versicherer oder der Sozialversicherungsträger. Eine Streitverkündung ist nicht möglich, so dass auch hierüber der Haftpflichtversicherer nicht einbezogen werden kann.
Der Adhäsionsantrag richtet sich gegen den Beschuldigten, sofern nicht das Alter (§ 81 JGG) oder die fehlende Verhandlungsfähigkeit entgegenstehen. Bei Heranwachsenden allerdings regelt § 109 Abs. 2 S. 4 JGG die Nichtanwendung des § 74 JGG auf die Auslagenentscheidung nach § 472a StPO.
Der Antrag des Verletzten muss den Vorgaben des § 253 ZPO entsprechen. Zudem sollte er einen Kostenantrag enthalten. Dem Erfordernis der bestimmten Bezeichnung von Gegenstand und Grund des Anspruchs in § 404 Abs. 1 S. 2 StPO genügt im Einzelfall die Bezugnahme auf die in der Anklage erhobenen Tatvorwürfe. Der Verletzte erhält bei erfolgreichem Antrag (nur!) durch das Urteil einen Titel, der dem in einem bürgerlichen Rechtsstreit ergangenen Urteil gleichsteht (§ 406 Abs. 3 S. 1 StPO) und nach den zivilprozessualen Vorschriften vollstreckt werden kann (§ 406b StPO).
Das Adhäsionsverfahren ermöglicht dem Verletzten einer Straftat durch Antrags-, Frage- und Akteneinsichtsrechte eine aktive Mitwirkung am Prozess, v.a. in der Form der Zeugenvernehmung, die zivilprozessual nur unter den engeren Voraussetzungen der §§ 445 ff. ZPO möglich wäre.
B. Strafrechtliche Problemfelder
I. Antragstellung
Gegenstand des Adhäsionsverfahrens sind Ansprüche, die aus Vermögenswerten abgeleitet werden oder auf vermögenswerte Leistungen gerichtet sind, v.a. Schmerzensgeld- und Schadensersatzansprüche. Es ist nicht erforderlich, dass der Anwalt den Geschädigten bereits als Nebenkläger in dem Verfahren vertritt. Auch ein isoliertes Adhäsionsverfahren ist anerkannt.
II. Vorgehen der Prozessbeteiligten
Der Geschädigtenvertreter muss darauf achten, dass der Strafrichter zum einen nicht vermeintliche zivilrechtliche Hindernisse behauptet, andererseits seinen durch die ZPO vorgegebenen Pflichten nachkommt. Insbesondere ist die Wertgrenze für die sachliche Zuständigkeit nach §§ 23, 71 GVG nicht relevant und es besteht folgerichtig auch kein Anwalts-zwang. Das Gericht hat gem. § 139 ZPO analog eine Hinweispflicht bei unklarem oder unvollständige...