" … Die statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegte und begründete, somit zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg."
I. Das LG ging im Ergebnis zutreffend davon aus, dass die von der Kl. geklagten Beschwerden jedenfalls ab 16.1.2012 nicht mehr mit der erforderlichen, aber auch ausreichenden Wahrscheinlichkeit gem. § 287 ZPO dem Unfallereignis zuzuordnen sind. Die unfallbedingte Verletzung der Halswirbelsäule und die dadurch ausgelösten, dem Unfall zuzuordnenden Beschwerden für die Zeit vor dem 16.1.2012 sind durch das ausgeurteilte Schmerzensgeld ausreichend abgegolten. Da die Kl. in der Woche nach dem Unfall trotz der vorhandenen Beschwerden ihrer Tätigkeit als Kindergärtnerin nachging, wies das LG zutreffend darauf hin, dass es weiteren Vortrages bedurft hätte, inwieweit die Kl. in diesem Zeitraum in ihrer Fähigkeit zur Haushaltsführung beeinträchtigt war. Ein solcher erfolgte auch im Berufungsverfahren nicht. Da Zukunftsschäden unfallbedingter Art nicht zu befürchten sind, ist für die Feststellung der Ersatzpflicht für Zukunftsschäden kein Raum.
1. Mit dem Nachweis, dass der Unfall zu einer HWS-Distorsionsverletzung und damit zu einer Körperverletzung der Kl. geführt hat, steht der Haftungsgrund fest.
2. Ob über diese Primärverletzung hinaus der Unfall auch für weitere Beschwerden der Kl. ursächlich ist, ist eine Frage der haftungsausfüllenden Kausalität, die sich gem. § 287 ZPO beurteilt (BGH VersR 2003, 474 = NJW 2003, 1116 = DAR 2003, 217; NJW 2004, 777, 778; KG VersR 2004, 1193 = VRS 106 [2004] 260; Senat, Urt. v. 28.7.2006 – 10 U 1684/06 [juris]; OLG Schleswig NZV 2007, 203; Müller, VersR 2003, 137 [142 unter III 1, 2]). Bei der Ermittlung dieses Kausalzusammenhangs zwischen dem Haftungsgrund und dem eingetretenen Schaden unterliegt der Tatrichter also nicht den strengen Anforderungen des § 268 ZPO, vielmehr ist er nach Maßgabe des § 287 ZPO freier gestellt: Zwar kann der Tatrichter auch eine haftungsausfüllende Kausalität nur feststellen, wenn er von diesem Ursachenzusammenhang überzeugt ist; im Rahmen der Beweiswürdigung gem. § 287 ZPO werden aber geringere Anforderungen an seine Überzeugungsbildung gestellt – hier genügt, je nach Lage des Einzelfalls, eine höhere oder deutlich höhere Wahrscheinlichkeit für die Überzeugungsbildung (ausführlich BGH VersR 1970, 924, 928 f.; NJW 1984, 3295 ff.; 2003, 1116, 1117; 2004, 777, 778; VersR 2005, 945 = NJW-RR 2006, 897 = DAR 2005, 441 = SP 2006, 259 = NZV 2005, 461 = MDR 2005, 1108 = VRS 109 [2005] 98 = r+s 2006, 38 = BGHReport 2005, 1107; Senat, Urt. v. 27.1.2008 – 10 U 4904/05 = NZV 2006, 261, 262; v. 28.7.2006 – 10 U 1684/06 [juris] und v. 15.9.2008 – 10 U 3622/99 = r+s 2006, 474, 546 m. zust. Anm. von Lemcke = NJW-Spezial 2006, 546 m. zust. Anm. von Heß/Burmann [Nichtzulassungsbeschwerde vom BGH durch Beschl. v. 8.5.2007 – VI ZR 29/07 zurückgewiesen]; OLG Schleswig NZV 2007, 203, 204).
§ 287 ZPO entbindet aber nicht vollständig von der grundsätzlichen Beweislastverteilung und erlaubt es nicht, zugunsten des Beweispflichtigen einen bestimmten Schadensverlauf zu bejahen, wenn nach den festgestellten Einzeltatsachen “alles offen’ bleibt oder sich gar eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für das Gegenteil ergibt (BGH VersR 1970, 924, 927; Senat Urt. v. 28.7.2006 – 10 U 1684/06 [juris] und v. 15.9.2008 – 10 U 3822/99 = r+s 2006, 474, 546 m. zust. Anm. von Lemcke = NJW-Spezial 2006, 546 m. zust. Anm. von Heß/Burmann [Nichtzulassungsbeschwerde vom BGH durch Beschl. v. 8.5.2007 – VI ZR 29/07 zurückgewiesen]). Dies gilt insb. für neurologische Dauerfolgen, deren Eintritt oder Auslösung durch das Unfallgeschehen zunächst nicht zu erwarten war (BGH VersR 1870, 824, 927; Senat a.a.O.).
Die bloße zeitliche Nähe zwischen einem Unfallereignis und der Entstehung der Beschwerden und die daran anknüpfende “gefühlsmäßige’ Wertung, beide Ereignisse müssten irgendwie miteinander in Zusammenhang stehen, reicht nicht aus (BGH NJW 2004, 777, 778 = NZV 2004, 27 = SP 2004, 40 = VersR 2004, 118 = DAR 2004, 81 = VRS [2004] 177 = zfs 2004, 159). Als Mindestmaß für die Beweisführung ist zu fordern, dass die unfallbedingte Entstehung und Fortdauer der behaupteten Beschwerden wahrscheinlicher ist als ihre unfallunabhängige Entstehung und Fortdauer (OLG Karlsruhe NZV 2001, 511; OLG Brandenburg VRS 107 [2004] 85; Senat, Urt. v. 21.5.2010 – 10 U 2853/08 [juris, Rn 125]). Diese Beweisführung ist der Kl. für die Beschwerden ab dem 16.1.2012 nicht gelungen.
a) Die Kl. hat bei der Anhörung vor dem LG (Bl. 43 d.A. Schmerzen im Brust- und Nackenbereich) und bei der Anamnese gegenüber der Sachverständigen Dr. B ziehende Beschwerden an der Halswirbelsäule und im Nacken sowie Verspannungen bis in den Kopf) sowie gegenüber Dr. J (Bl. 215 d.A. Schmerzen im Bereich beider Schultern, am Nacken, nach oben gehend zum Schädel; beginnende Kopfschmerzen in der Woche nach dem Unfall) angegeben, dass die Beschwerden erstmals am nächsten Tag nach dem Aufstehen sowie im Lauf der Folgewoche auftraten,...