OWiG § 29a Abs. 4; StVZO § 34 Abs. 3 § 69a; StVG § 24
Leitsatz
1. Voraussetzung einer Ordnungswidrigkeit nach den § 24 StVG, §§ 49 Abs. 1 Nr. 22, 23 Abs. 1 S. 1 StVO, §§ 34 Abs. 3, 5 u. 6, 69a Abs. 3 Nr. 4 StVZO ist, dass das i.S.d. genannten Vorschriften überladene Fahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr überladen gefahren worden ist. Dies ist durch das AG festzustellen, ebenso Örtlichkeit und Dauer der Fahrt sowie die Art der bei Fahrten verwendeten Fahrzeuge.
2. Ein Geständnis, mit welchem pauschal die Richtigkeit mehrerer hundert differenzierter Einzeldaten bestätigt worden ist, muss nach der Natur der Sache, hier in Gestalt menschlicher Wahrnehmungs- und Merkfähigkeiten, i.d.R. Zweifeln begegnen.
3. Für die nach § 29a Abs. 2 OWiG gebotene Ermessensausübung sind insb. Feststellungen – nebst zugehöriger Beweiswürdigung – dazu erforderlich, ob im vorliegenden Fall von vorsätzlichen oder fahrlässigen Verstößen gegen die Beladungsvorschriften der StVZO auszugehen ist.
OLG Hamburg, Beschl. v. 2.7.2015 – 2 RB 102/14
Sachverhalt
Mit Verfallsanordnung v. 18.2.2014 hat die Freie und Hansestadt Hamburg, Behörde für Inneres und Sport, Einwohnerzentralamt wegen in der Zeit vom 2.9.2013 bis 21.10.2013 überladen durchgeführter 119 Fahrten nach § 29a Abs. 4 OWiG, §§ 34 Abs. 3, 69a StVZO, § 24 StVG den Verfall eines Geldbetrages i.H.v. 16.529,93 EUR angeordnet. Nach Einspruch hat das AG Hamburg gegen die Verfallsbetroffene den Verfall eines Geldbetrages von 9.000 EUR erkannt. Auf die Rechtsbeschwerde der Verfallsbetroffenen hin hat das OLG Hamburg das Urteil aufgehoben und die Sache zurückverwiesen.
2 Aus den Gründen:
"III. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und hat in der Sache – vorläufigen – Erfolg."
1. Die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde folgt aus den §§ 87 Abs. 3 S. 2, Abs. 5, Abs. 6, 79 Abs. 3 S. 1 OWiG, §§ 341, 344, 345 StPO). Das AG hat eine einheitliche Nebenfolge im Wert von mehr als 250 EUR festgesetzt.
[Im Folgenden äußert sich der Senat zur Zulässigkeitswertgrenze nach § 87 Abs. 5, Abs. 6 OWiG]
2. Das Urteil hält der rechtsbeschwerderechtlichen Überprüfung aufgrund der erhobenen Sachrüge nicht stand. Es ist in mehrfacher Hinsicht nicht frei von Rechtsfehlern. Bereits die vom AG zur Sache getroffenen Feststellungen weisen erhebliche Lücken auf. Die amtsgerichtlichen Beweiswürdigungserwägungen und der Rechtsfolgenausspruch sind ebenfalls nicht frei von tragenden Rechtsfehlern.
a) Die vom AG zur Sache getroffenen Feststellungen halten dem nach § 29a Abs. 4 OWiG auch für den selbstständigen Verfall geltenden Prüfungsmaßstab des § 29a Abs. 2 OWiG nicht stand.
Nach § 29a Abs. 2 OWiG muss aus einer mit Geldbuße bedrohten Handlung eines anderen Täters der Verfallsbetroffene etwas erlangt haben.
aa) Das AG hat in seinem Feststellungsabschnitt zu Ziff. II. der Urteilsgründe zunächst Folgendes ausgeführt:
“Mit Verfallsanordnung der Freien und Hansestadt Hamburg … v. 18.2.2014 ist gegen die Verfallsbetroffene … der Verfall eines Geldbetrages von EUR 16.529,93 angeordnet worden. Ausweislich der Feststellungen der Verfallsanordnung wurden durch Fahrer und mit Fahrzeugen der Verfallsbetroffenen zwischen dem 2.9.2013 und dem 21.10.2013 119 überladene Schüttguttransporte durchgeführt, Ordnungswidrigkeit der Fahrer nach §§ 34 Abs. 3, 69a Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO), § 24 Straßenverkehrsgesetz (StVG). Durch die Fahrten hat die Verfallsbetroffene EUR 16.529,93 erlangt.
Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen die Fahrer bzw. den Geschäftsführer der Verfallsbetroffenen wurden nicht eingeleitet bzw. eingestellt. Die 119 Transporte, die jeweilige Überladung und die von der Verfallsbetroffenen für die Transporte jeweils erlangten Entgelte ergeben sich aus der nachfolgenden Aufstellung:’.
Es folgt die (bereits genannte) Tabelle mit unter einem Überschriftenblock insgesamt 119 Zeilen, in denen in insgesamt elf Spalten nach den zugehörigen Überschriften jeweils “Datum’, “Uhrzeit’, “Wägescheinnummer’, “Fahrzeugkennzeichen’, “zGM’, “Tara’, “Netto’, “Brutto’, “Übertonnage -60kg’, “Preis pro Tonne’ und “Erlangtes aus überladener Fahrt ohne MwSt.’ angegeben sind.
bb) Damit fehlt es an tragfähiger Feststellung der mit Geldbuße bedrohten Handlungen.
Ob sich den Urteilsfeststellungen angesichts der Formulierung der amtsgerichtlichen Feststellungen im Sinne eines Verweises auf entsprechende “Feststellungen der Verfallsanordnung’ (“Ausweislich der Feststellungen der Verfallsanordnung wurden durch Fahrer und mit Fahrzeugen der Verfallsbetroffenen zwischen dem 2.9.2013 und dem 21.10.2013 119 überladene Schüttguttransporte durchgeführt, … ’) überhaupt als eigene Feststellung des AG jedenfalls noch entnehmen lässt, dass Fahrer mit Fahrzeugen der Verfallsbetroffenen die in der Tabelle im einzelnen aufgeführten 119 überladenen Schüttguttransporte durchgeführt haben, kann hier dahinstehen, da es an Feststellungen zu weiteren wesentlichen Einzelheiten fehlt.
Aus der sodann in dem Urteil enthaltenen Tabelle ergeben sich nämlich zu den einzelnen Fahrten und den dabei verwendeten Fahrzeugen jeweils ...