" … Der Kl. hat gegen die Bekl. gem. § 823 BGB, §§ 18 i.V.m. 7 Abs. 1, 17 StVG einen Anspruch auf Schadensersatz i.H.v. 996,22 EUR"
Der Verkehrsunfall hat steh bei Betrieb des Pkws des Kl. und des durch die Bekl. gefahrenen Pkws ereignet Die tatsächlichen Voraussetzungen eines Ausschlusses der Haftung aufgrund höherer Gewalt (§ 7 Abs. 2 StVG) oder eines unabwendbaren Ereignisses (§ 17 Abs. 3 StVG) sind nicht erwiesen. Unabwendbar ist ein Ereignis, das durch äußerste mögliche Sorgfalt nicht abgewendet werden kann. Abzustellen ist insoweit auf das Verhalten des sog. “Idealfahrers’ (König, in: Hentschel/König/Dauer, 41. Aufl., § 17 StVG Rn 22). Es kann vorliegend nicht ausgeschlossen werden, dass ein solcher “Idealfahrer’ die Kollision verhindert hätte. Damit sind die beiderseitigen Verursachungsbeiträge gem. § 17 Abs. 1 und 2 StVG unter Berücksichtigung der Betriebsgefahren gegeneinander abzuwägen. Dieser Abwägung kann das Gericht ausschließlich unstreitige oder erwiesene Tatsachen zugrunde legen. Auf dieser Grundlage haftet die Bekl. mit einer Haftungsquote von 100 %. Dies beruht auf folgenden Erwägungen:
Im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung ist zulasten der Bekl. als Verursachungsbeitrag ein Verstoß gegen § 8 Abs. 1 StVO zu berücksichtigen.
Danach hat derjenige, der die Vorfahrt zu beachten hat, rechtzeitig durch sein Fahrverhalten zu erkennen zu geben, dass er warten wird. Er darf nur weiterfahren, wenn er übersehen kann, dass er denjenigen, der die Vorfahrt hat, weder gefährdet noch wesentlich behindert. Kann er das nicht übersehen, weil die Straßenstelle unübersichtlich ist, so darf er sich vorsichtig in die Kreuzung oder Einmündung hinein tasten, bis er die Übersicht hat. Kommt es in einem engen räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem Einbiegen zwischen einem vorfahrtsberechtigten und einem wartepflichtigen Fahrzeug zu einer Kollision, so hat der Wartepflichtige den Anscheinsbeweis einer schadhaften Unfallverursachung gegen sich (vgl. BGH NJW 1976, 1317; LG Hamburg, Urt. v. 1.10.2014 – 331 O 76/14 m.w.N). Dies gilt insb. auch dann, wenn – wie hier – der Wartepflichtige beim Einbiegen nach rechts mit einem sich von links nähernden Vorfahrtberechtigten zusammenstößt (BGH NJW 1982, 2668).
Es ist unstreitig, dass sich die Kollision im engen räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem Einbiegen der Bekl. aus einer untergeordneten Straße (Hallerstraße) in eine bevorrechtigte Straße (Grindelberg) ereignete.
Der Bekl. ist es auch nicht gelungen, einen atypischen Geschehensverlauf nachzuweisen, durch den der Anschein des schuldhaften Vorfahrtverstoßes erschüttert worden wäre. Es sind insb. keine Tatsachen vorgetragen und bewiesen, aus denen sich ergäbe, dass die Bekl. das bevorrechtigte Klägerfahrzeug bei der nach § 8 Abs. 2 S. 2 StVO gebotenen Sorgfalt nicht hätte rechtzeitig wahrnehmen können. Soweit sie behauptet die Drittwiderbeklagte habe vorkollisionär den Fahrstreifen gewechselt, so steht diese Behauptung – selbst wenn sie zur Überzeugung des Gerichts feststünde – dem Anscheinsbeweis gegen die Bekl. schon aus Rechtsgründen nicht entgegen (vgl. LG Hamburg, Urt. v. 1.10.2014 – 331 O 76/14). Das beklagtenseits als Beweis für den bestrittenen Fahrstreifenwechsel der Drittwiderbeklagten angebotene Sachverständigengutachten brauchte daher durch das Gericht nicht eingeholt zu werden. Ein zeitlich unmittelbar vor der Kollision erfolgter Fahrstreifenwechsel des Vorfahrtberechtigten vermag nicht die Typizität einer Vorfahrtsverletzung aufzuheben (vgl. LG Essen, Urt. v. 28.2.2013 – 10 S 358/12; LG Saarbrücken, Urt. v. 10.6.2011 – 13 S 40/11). Das Vorfahrtsrecht erstreckt sich nach ständiger höchstgerichtlicher Rspr. auf die Fahrbahn in ihrer gesamten Breite (vgl. BGH VersR 1997, 38; OLG Hamburg VersR 1976, 893 m.w.N.). Die Bekl. konnte zudem als auf die Vorfahrtstraße Einbiegende nicht grds. darauf vertrauen, dass die auf der vorfahrtsberechtigten Straße fahrende Drittwiderbeklagte den gewählten Fahrstreifen einhält und jedenfalls nicht ohne Ankündigung durch Blinkzeichen die Fahrspur wechselt. Vielmehr musste sie selbst mit Verkehrsverstößen des Vorfahrtberechtigten rechnen (LG Hamburg, a.a.O. m.w.N.).
Im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung ist hingegen zulasten des Kl. und der Drittwiderbeklagten kein Verursachungsbeitrag zu berücksichtigen.
Die Bekl. kann sich insb. nicht auf einen Verstoß der Drittwiderbeklagten gegen die Regelungen des § 7 Abs. 5 StVO berufen: Gegenuber der Bekl. ist der Schutzbereich des § 7 Abs. 5 StVO, der die Einhaltung eines gewählten Fahrstreifens gebietet und einen Fahrspurwechsel nur unter Einhaltung größtmöglicher Sorgfalt gegenüber dem übrigen Verkehr erlaubt, schon nicht eröffnet, denn diese Vorschrift dient dem Schutz des gleichgerichteten fließenden Verkehrs, nicht aber des Gegenverkehrs oder – wie hier – des kreuzenden bzw. einmündenden Verkehrs (vgl. LG Saarbrücken, a.a.O. m.w.N; LG Hamburg, a.a.O.).
Ein Verursachungsbeitrag der Drittwiderbeklagten könnte sich vorliegend allenf...