StVG § 7 Abs. 1
Leitsatz
1. Ein Schaden ist dann gem. § 7 Abs. 1 StVG "bei dem Betrieb" eines Kfz entstanden, wenn sich in ihm die von dem Kfz ausgehenden Gefahren ausgewirkt haben, d.h. wenn bei der insoweit gebotenen wertenden Betrachtung das Schadensgeschehen durch das Kfz (mit)geprägt worden ist. Erforderlich ist stets, dass es sich bei dem Schaden, für den Ersatz verlangt wird, um eine Auswirkung derjenigen Gefahren handelt, hinsichtlich derer der Verkehr nach dem Sinn der Haftungsvorschrift schadlos gehalten werden soll, d.h. die Schadensfolge muss in den Bereich der Gefahren fallen, um derentwillen die Rechtsnorm erlassen worden ist.
2. Ein Schaden, der dadurch entsteht, dass ein Grashäcksler durch den Metallzinken, der von einem zuvor auf demselben Grundstück eingesetzten Kreiselschwader abgefallen war, beschädigt wird, ist nicht der Betriebsgefahr des Traktors zuzurechnen, der den Kreiselschwader gezogen und angetrieben hat.
BGH, Urt. v. 24.3.2015 – VI ZR 265/14
Sachverhalt
Der beklagte Landwirt bearbeitete seine Wiese mit einem Traktor, an den ein Kreiselschwader angehängt war, der über die Zapfwelle des ziehenden Traktors angetrieben wurde. Dabei wird ein Kreisel mit dem befestigten, senkrecht nach unten stehenden Metallzinken in Rotation versetzt und das dadurch geschnittene Gras zu Schwaden zusammengeschoben.
Am nächsten Tag fuhr der Kl. mit seinem Grashäcksler über die Wiese. Er begann mit dem Häcksler die Schwaden aufzunehmen und zu verarbeiten. Dabei wird das Gras von dem Vorsatzgerät aufgenommen und über die Einzugswalzen in das Häckselwerk der Maschine eingezogen. Kurz nach Beginn dieser Arbeiten kam es zu einer massiven Beschädigung der Häckseltrommel und des Häckselwerkes durch einen von der Maschine aufgenommenen Fremdkörper.
Hierzu hat der Kl. behauptet, bei dem den Schaden verursachenden Fremdkörper habe es sich um einen 35 Zentimeter langen Metallzinken gehandelt, der sich von dem Kreiselschwader gelöst habe. Der Kl. hat daraus abgeleitet, dass das Schadensereignis auf den Betrieb des Traktors des Bekl. zurück zu führen sei, woraus die Haftung des Bekl. folge.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Kl. blieb erfolglos.
Das BG hat die Revision zugelassen. Die Revision hatte keinen Erfolg.
2 Aus den Gründen:
[4] "… Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand. Das BG hat zu Recht Schadensersatzansprüche aus § 7 Abs. 1 StVG und § 823 Abs. 1 BGB verneint."
[5] 1. Voraussetzung des § 7 Abs. 1 StVG ist, dass eines der dort genannten Rechtsgüter “bei dem Betrieb eines Kfz’ verletzt bzw. beschädigt worden ist. Nach der st. Rspr. des erkennenden Senats ist dieses Haftungsmerkmal entsprechend dem umfassenden Schutzzweck der Norm weit auszulegen. Denn die Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG ist der Preis dafür, dass durch die Verwendung eines Kfz erlaubterweise eine Gefahrenquelle eröffnet wird; die Vorschrift will daher alle durch den Kraftfahrzeugverkehr beeinflussten Schadensabläufe erfassen. Ein Schaden ist demgemäß bereits dann “bei dem Betrieb’ eines Kfz entstanden, wenn sich in ihm die von dem Kfz ausgehenden Gefahren ausgewirkt haben, d.h. wenn bei der insoweit gebotenen wertenden Betrachtung das Schadensgeschehen durch das Kfz (mit)geprägt worden ist (vgl. Senatsurt. v. 5.7.1988 – VI ZR 346/87, BGHZ 105, 65, 66 f.; v. 19.4.1988 – VI ZR 96/87, VersR 1988, 641; v. 6.6.1989 – VI ZR 241/88, BGHZ 107, 359, 366; v. 3.7.1990 – VI ZR 33/90, VersR 1991, 111, 112; v. 27.11.2007 – VI ZR 210/06, VersR 2008, 656 Rn 7; v. 31.1.2012 – VI ZR 43/11, BGHZ 192, 261 Rn 17 und v. 26.2.2013 – VI ZR 116/12, VersR 2013, 599 Rn 15). Erforderlich ist aber stets, dass es sich bei dem Schaden, für den Ersatz verlangt wird, um eine Auswirkung derjenigen Gefahren handelt, hinsichtlich derer der Verkehr nach dem Sinn der Haftungsvorschrift schadlos gehalten werden soll, d.h. die Schadensfolge muss in den Bereich der Gefahren fallen, um derentwillen die Rechtsnorm erlassen worden ist (vgl. Senatsurt. v. 3.7.1962 – VI ZR 184/61, BGHZ 37, 311, 315 ff.; v. 27.1.1981 – VI ZR 204/79, BGHZ 79, 259, 262 f.; v. 6.6.1989 – VI ZR 241/88, BGHZ 107, 359, 367; v. 3.7.1990 – VI ZR 33/90, VersR 1991, 111, 112; v. 26.4.2005 – VI ZR 168/04, VersR 2005, 992, 993; v. 31.1.2012 – VI ZR 43/11, BGHZ 192, 261 Rn 17 und v. 26.2.2013 – VI ZR 116/12, VersR 2013, 599 Rn 15 und v. 21.1.2014 – VI ZR 253/13, BGHZ 199, 377 Rn 5). Für die Zurechnung der Betriebsgefahr kommt es damit maßgeblich darauf an, dass der Unfall in einem nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kfz steht (vgl. Senatsurt. v. 11.7.1972 – VI ZR 86/71, VersR 1972, 1074; v. 10.10.1972 – VI ZR 104/71, VersR 1973, 83; v. 10.2.2004 – VI ZR 218/03, VersR 2004, 529, 531; v. 27.11.2007 – VI ZR 210/06, VersR 2008, 656 Rn 9; v. 26.2.2013 – VI ZR 116/12, VersR 2013, 599 Rn 15 und v. 21.1.2014 – VI ZR 253/13, BGHZ 199, 377 Rn 5).
[6] Bei Kfz mit Arbeitsfunktionen ist es erforderlich, dass ein Zusammenhang mit der Bestimmung des Kfz...