VV RVG Abs. 1 Nr. 1 der Anm. zu Nr. 3104

Leitsatz

Dem Prozessbevollmächtigten entsteht in einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, die Terminsgebühr auch dann, wenn ein außergerichtlicher Vergleich geschlossen wird.

(Leitsatz der Schriftleitung)

OLG Köln, Beschl. v. 6.4.2016 – 17 W 67/16

Sachverhalt

In dem vor dem LG Köln geführten Rechtsstreit schlossen die Parteien nach schriftlicher Korrespondenz ihrer jeweiligen Prozessbevollmächtigten außergerichtlich einen Vergleich. Hieraufhin erklärte die Kl. den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt und stellte Kostenantrag. Die Bekl. hat sich dieser Erledigungserklärung angeschlossen. Das LG Köln erlegte in seinem Kostenbeschluss gem. § 91a ZPO der Bekl. die Kosten des Rechtsstreits auf. Eine mündliche Verhandlung hat in diesem Rechtsstreit nicht stattgefunden.

Im Kostenfestsetzungsverfahren hat die Kl. – soweit hier von Interesse – auch die Festsetzung einer 1,2 Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV RVG geltend gemacht. Die hierzu gehörte Bekl. hat die Auffassung vertreten, eine Terminsgebühr sei nicht entstanden, weil die Prozessbevollmächtigten ausschließlich schriftlich korrespondiert hätten. Die Rechtspflegerin des LG Köln hat die Terminsgebühr gleichwohl festgesetzt. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde hatte keinen Erfolg.

2 Aus den Gründen:

" … II. Die gem. §§ 104 Abs. 3 S. 1, 567 ff ZPO i.V.m. § 11 Abs. 1 RPflG statthafte und auch ansonsten unbedenklich zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache selbst keinerlei Erfolg. Zu Recht hat die Rechtspflegerin die beantragte Festsetzung vorgenommen."

1.Schließen die Parteien außergerichtlich einen Vergleich und erklären sie infolgedessen den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt, so dass das Gericht nur noch eine Kostenentscheidung gem. § 91a ZPO zu treffen hat, fällt eine Terminsgebühr nach Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1, 3. Alt. VV RVG an (Bischof/Jungbauer/Bräuer/Curkovic/Mathias/Uher, RVG, 4. Aufl., Nr. 3104 VV RVG Rn 54; Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt u.a., RVG, 22. Aufl., Nr. 3104 VV RVG Rn 69; Riedel/Sußbauer/Ahlmann, RVG, 10. Aufl., Nr. 3104 VV RVG Rn 15 a.E.; N. Schneider, AGS 2004, 476, 477; NJW-Spezial 2014, 283; Rehberg/Schons/Vogt/Feller/Hellstab/Jungbauer/Bestelmeyer/Frankenberg, RVG, 6. Aufl., S. 941; Wahlen/Onderka/N. Schneider, in: N. Schneider/Wolf, RVG, 7. Aufl., Nr. 3104 VV RVG Rn 77). Denn nach dem – sehr weit gefassten – Gesetzestext reicht es aus, dass die Parteien in einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, einen Vergleich schließen. Dass dessen Zustandekommen gem. § 278 Abs. 6 ZPO seitens des Gerichts festgestellt wird als Voraussetzung für die Erfüllung des Gebührentatbestandes, lässt sich der Gesetzesfassung nicht entnehmen und kann auch nicht in sie hineingelesen werden (Müller-Rabe, a.a.O.).

Vielmehr entspricht es dem anlässlich der Einführung des RVG ausdrücklich geäußerten Willen des Gesetzgebers, den Rechtsanwälten einen Anreiz in gebührenrechtlicher Hinsicht zu geben, eine Gebühr durch Besprechungen oder Vereinbarungen mit dem Prozessgegner ohne Beteiligung des Gerichts zu geben, die auf die Vermeidung oder Erledigung eines Rechtsstreites gerichtet sind. Dieser Gedanke kommt insb. in Vorb. 3 Abs. 3 Nr. 2 VV RVG zum Ausdruck, wonach der Rechtsanwalt bereits dann eine Terminsgebühr verdient, wenn er an Besprechungen mitwirkt, die auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtet sind, allerdings erfolglos bleiben. Kommt es jedoch aufgrund lediglich schriftlich geführter Korrespondenz zu einer Einigung, so ist kein Grund ersichtlich, diesen Rechtsanwalt schlechter zu stellen als denjenigen, der mit dem Bevollmächtigten der Gegenseite unmittelbar in Kontakt getreten ist.

Eine Terminsgebühr fällt jedoch dann nicht an, wenn die Parteien, ohne dass es zu einer Einigung gekommen ist, den Rechtsstreit lediglich in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklären und das Treffen einer Kostenentscheidung gem. § 91a ZPO dem Gericht überlassen und es auch dann zu keiner mündlicher Verhandlung kommt (BGH RVGreport 2007, 469 (Hansens) = AGS 2007, 610; OLG Karlsruhe AGS 2007, 346; OLG Rostock RVGreport 2008, 262 (ders.) = AGS 2008, 283; Senat, Beschl. v. 13.2.2007 – 17 W 9/07).“

3 Anmerkung:

Unter welchen Voraussetzungen die Terminsgebühr entsteht, ist in Vorbem. 3 Abs. 3 VV RVG geregelt, in der mehrere Fallgestaltungen aufgeführt sind. Hierzu gehören etwa die Wahrnehmung von Terminen oder Besprechungen zur Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens. Diese Regelung ist jedoch nicht abschließend. Abs. 1 und 2 der Anm. zu Nr. 3104 VV RVG führen nämlich für den ersten Rechtszug weitere Fallgestaltungen auf, bei denen die Terminsgebühr ebenfalls entstehen kann. Diese Regelungen gelten über Abs. 2 der Anm. zu Nr. 3202 VV RVG für den zweiten Rechtszug entsprechend. Somit kann eine Terminsgebühr auch ohne Wahrnehmung eines Termins oder ohne eine Besprechung anfallen.

I. Objektive Voraussetzungen für den Anfall der Terminsgebühr

In der hier einschlägigen Fallgestaltung erfordert das Gesetz in ...

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