StVG § 25 Abs. 2a; OWiG § 79
Leitsatz
1. Eine Rechtsbeschwerde der StA gegen die Gewährung der Viermonatsfrist nach § 25 Abs. 2a StVG ist nicht nach § 79 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 OWiG zulässig, weil es sich dabei nicht um die Anordnung einer Nebenfolge nichtvermögensrechtlicher Art handelt.
2. Eine solche isolierte Rechtsbeschwerde ist auch jedenfalls dann nicht nach § 79 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 OWiG statthaft, wenn bereits im Bußgeldbescheid eine Viermonatsfrist zugebilligt wurde.
OLG Celle, Beschl. v. 20.10.2015 – 2 Ss (Owi) 308/15
Sachverhalt
Gegen den Betr. wurde ein Bußgeldbescheid über 130 EUR sowie ein Fahrverbot von einem Monat Dauer mit Schonfrist angeordnet. Das Fahrverbot beruhte auf § 4 Abs. 2 S. 2 BKatV. Mit dem angefochtenen Urt. hat das AG ebenfalls eine Geldbuße von 130 EUR festgesetzt und ein Fahrverbot von einem Monat Dauer mit Schonfrist verhängt. Aus den Feststellungen ergibt sich jedoch, dass gegen den Betr. bereits vorher mit rechtskräftigem Bußgeldbescheid ebenfalls ein Fahrverbot für die Dauer von einem Monat verhängt worden war. Nach den Feststellungen erfolgte die Geschwindigkeitsmessung mit einem Geschwindigkeitsmessgerät ES 3.0, das ordnungsgemäß aufgestellt, geeicht und bedient worden ist.
Die StA beanstandet mit ihrer Rechtsbeschwerde die Zubilligung der Viermonatsfrist gem. § 25 Abs. 2a StVG. Das OLG Celle hat die Rechtsbeschwerde des Betr. als unbegründet verworfen. Es hat des Weiteren das als Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde auszulegende Rechtsmittel der StA verworfen.
2 Aus den Gründen:
"Die Rechtsbeschwerde der StA erweist sich gem. § 79 Abs. 1, § 80 Abs. 1 OWiG als unzulässig, da kein Zulassungsgrund besteht. Denn die Rechtsbeschwerde bedarf gem. § 79 Abs. 1 S. 2 OWiG der Zulassung, da kein Fall von § 79 Abs. 1 S. 1 OWiG vorliegt."
Die Rechtsbeschwerde der StA ist nicht gem. § 79 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 OWiG zulässig. § 79 Abs. 1 Nr. 3 OWiG erfasst grds. die den Betr. begünstigenden Fälle einer Nichtverurteilung oder des Absehens von der Verhängung eines Fahrverbotes. Seinem Wortlaut nach ist diese Regelung hier nicht einschlägig, denn das AG hat gerade nicht von der Verhängung eines Fahrverbotes abgesehen. Nach den Gesetzesmaterialien zu dieser Vorschrift könnte jedoch zu erwägen sein, die Vorschrift auch auf den Betr. begünstigende Folgeentscheidungen im Zusammenhang mit der Verhängung eines Fahrverbotes zu beziehen, denn durch die Neufassung von § 79 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 OWiG sollte “sichergestellt werden, dass alle auf ein Fahrverbot bezogenen Entscheidungen der AG trotz der Anhebung des Beschwerdewertes weiterhin der Nachprüfung mit der Rechtsbeschwerde unterliegen’ (BT-Drucks 13/8655, S. 13). Allerdings verlangt § 79 Abs. 1 Nr. 3 OWiG als kumulative Voraussetzung für die Statthaftigkeit einer Rechtsbeschwerde der StA beim Absehen von der Verhängung eines Fahrverbotes, dass dieses entweder im Bußgeldbescheid festgesetzt oder von der StA beantragt worden war. Diese kumulative Voraussetzung müsste daher auch bei einer Erstreckung auf begünstigende Folgeentscheidungen vorliegen in dem Sinne, dass das Absehen von der Vergünstigung im Bußgeldbescheid oder in der Hauptverhandlung angeordnet oder beantragt worden ist. Beides ist hier hinsichtlich der Viermonatsfrist jedoch nicht der Fall. Insb. war bereits im Bußgeldbescheid dem Betr. die Viermonatsfrist zugebilligt worden.
Auch ein Fall von § 79 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 OWiG, wie von der GenStA angenommen, liegt hier nicht vor. Nach § 79 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 OWiG ist eine Rechtsbeschwerde zulässig, wenn eine – und allein darum geht es hier – Nebenfolge nichtvermögensrechtlicher Art angeordnet worden ist. Fraglich ist mithin, ob die Zubilligung der Viermonatsfrist gem. § 25 Abs. 2a StVG als solche Nebenfolge nichtvermögensrechtlicher Art angesehen werden kann. Dies ist zu verneinen: Zwar ist es anerkannt, dass die unterlassene Anordnung einer Viermonatsfrist gem. § 25 Abs. 2a StVG isoliert mit der Rechtsbeschwerde – vom Betr. – angefochten werden kann (vgl. dazu OLG Düsseldorf NStZ-RR 1999, 61; OLG Jena, VRS 111, 152; Göhler/Seitz, § 79 OWiG, Rn 9; Burmann/Hess/Hühnermann/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, § 25 StVG, Rn 44). Dies gilt jedoch nicht zwangsläufig für den umgekehrten Fall einer isolierten Anfechtung einer unrechtmäßigen Zubilligung dieser Frist durch die StA. Der von der GenStA herangezogene Grundsatz der Waffengleichheit gilt im Bereich der Zulassung der Rechtsbeschwerde nämlich gerade nicht uneingeschränkt. Aus der Systematik des § 79 Abs. 1 OWiG ergibt sich vielmehr, dass für die StA und den Betr. teilweise unterschiedliche Voraussetzungen gelten. Dies wird insb. deutlich bei den Nebenfolgen nichtvermögensrechtlicher Art. Diese sind nämlich gem. § 79 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 OWiG in dem Fall, in dem sie angeordnet werden, vom Betr. uneingeschränkt anfechtbar. Demgegenüber ist die unterbliebene Anordnung von Nebenfolgen nichtvermögensrechtlicher Art, wenn es sich dabei nicht um ein Fahrverbot handelt, gerade nicht von der StA anfechtbar, sondern nur dann, wenn dies nach der Höhe der Ge...