" … Die zulässige Berufung der Bekl. hat lediglich insoweit Erfolg, wie aufgrund der zwischenzeitlich größer gewordenen Fahrleistung der Kl. der von der Bekl. an die Kl. Zug um Zug eine Rückgabe des streitbefangenen Fahrzeugs zu erstattende Zahlbetrag um weitere von der Kl. gezogenen Nutzungsvorteile zu vermindern war."
Ungeachtet dessen hat das LG die Bekl. zu Recht unter dem Gesichtspunkt der Rückabwicklung des Neuwagenkaufvertrags zur Rückzahlung des gezahlten Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs verurteilt und insoweit auch den Annahmeverzug der Bekl. festgestellt. Allerdings folgt dieses Ergebnis nicht – wie es das LG angenommen hat – erst aus einer Anwendung des Bereicherungsrechts und der Anwendung der Regelungen über den versteckten Einigungsmangel (“Dissens’, § 155 BGB). Vielmehr geht der Senat vom Zustandekommen eines Kaufvertrags des Inhalts aus, dass die Bekl. sich seinerzeit gegenüber der Kl. zur Lieferung eines 5-türigen Golf (eine Heckklappe und vier Seitentüren) verpflichtet hatte. Der hieraus folgenden Sollbeschaffenheit i.S.d. § 434 Abs. 1 S. 1 BGB entspricht das gelieferte 3-türige Fahrzeug (eine Heckklappe und zwei Seitentüren) nicht, so dass die Kl. nach abgelehnter Nacherfüllung gem. §§ 437 Nr. 2, 440, 323 BGB zu Recht vom Kaufvertrag zurückgetreten ist.
1. Dem LG und auch der Bekl. ist zuzugeben, dass die vorliegende Konstellation jedenfalls auch durch einen Willensmangel gekennzeichnet ist.
So muss schon nach den bisherigen Feststellungen davon ausgegangen werden, dass aus Sicht der Kl. diese tatsächlich einen 5-türigen Golf bestellen wollte und auch bestellt hatte, während die schriftliche Bestellung v. 30.5.2013 – angenommen durch Auftragsbestätigung vom gleichen Tage – lediglich auf “5 G14GZ Golf Highline BlueMotion Technologie 1,4 TSI 90 kw (122 PS, 7-Gang Kupplungsgetriebe DSG … ’ lautet (es folgen Angaben über die Farbe und Sonderausstattungen für Navigationssystem, Sportsitz und Leichtmetallräder). Eine derartige Bezeichnung beschreibt aber nach den von der Bekl. als Vertragshändlerin verwendeten Vorgaben des Herstellers die Bestellung eines 3-türigen Fahrzeugs, welches nach der Verkaufsstrategie von Hersteller und Händler als Standardmodell angeboten wird, während die Bestellung eines 5-Türers aufpreispflichtig ist.
Für den gleichwohl auf die Lieferung eines 5-Türers gerichteten Bestellwillen der Kl. sprechen folgende Umstände: Die Kl. hatte bisher ebenfalls einen 5-Türer – wenn auch vom Hersteller BMW – gefahren. Auch bei der Probefahrt fuhr sie zur Kenntnis der Bekl. einen zwar anders ausgestatteten, aber ebenfalls 5-türigen Golf. Weiter beanstandete sie unmittelbar nach Abholung des Fahrzeugs im Werk in Wolfsburg die Auslieferung eines 3-Türers und wandte sich noch am Tag der Auslieferung an die Bekl. Schließlich muss nach Würdigung der bisherigen Feststellungen davon ausgegangen werden, dass die Problematik 3-Türer oder 5-Türer in den Kaufvertragsverhandlungen nicht mehr gesondert angesprochen worden war. Dies kann sowohl der Aussage des Zeugen S – des Ehemanns der Kl. – entnommen werden als auch der Aussage des Zeugen B, welcher spontan befragt ebenfalls einräumte, dass über die Zahl der Türen nicht weiter explizit gesprochen worden sei. Dass er im Verlauf der späteren Vernehmung davon doch ausging, über die Zahl der Türen gesprochen zu haben, steht dem nicht entgegen; insoweit schlussfolgerte er lediglich ein Geschehen aus seiner generellen Arbeitsweise, eine Konfiguration mit dem Kunden auch durchzugehen.
Muss bei dieser Sachlage davon ausgegangen werden, dass jedenfalls der Kl. die Bedeutung der von ihr unterzeichneten Bestellung und der dort verwendeten Chiffre verschlossen geblieben ist, liegt die Annahme eines “Scheinkonsenses’ als Unterfall des versteckten Einigungsmangels i.S.d. § 155 BGB nahe, weil und soweit die Bedeutung der in der vorliegenden Bestellung und Auftragsbestätigung verwendeten Chiffre nicht zwischen den Parteien zuvor geklärt worden war (vgl. hierzu Staudinger/Borg (2015), Rn 9 f. zu § 155 BGB). Allerdings kommt die Anwendung des § 155 BGB und die sich aus dieser Auslegungsregel zumeist ergebende Folge der Unwirksamkeit des scheinbar geschlossenen Vertrags nur dann in Betracht, wenn nicht aufgrund anderer Erwägungen gem. §§ 133, 157 BGB vom Zustandekommen eines Vertrags mit definiertem Inhalt ausgegangen werden kann. So aber liegt es hier.
2. Bei Anwendung einer gem. §§ 133, 157 BGB sowohl nach dem Empfängerhorizont als auch insb. interessengerechten Auslegung musste nämlich die durch den Zeugen B. handelnde Bekl. davon ausgehen, dass die Kl. nicht nur ein durch technische Chiffrierungen bestimmtes Fahrzeug, sondern konkret ein Fahrzeug mit 5 Türen bestellen wollte. Nahm die Bekl. eine derartige Bestellung mittels Auftragsbestätigung gleichwohl an, so mag letztlich sie sich – also nicht die Kl. – in einem zur Anfechtung berechtigenden Irrtum i.S.d. § 119 BGB befunden haben, dessen Anfechtung zwischenzeitlich gem. § 121 BGB ausgeschlossen ist.